Navigation überspringen
© Johnny Cohen / unsplash.com

02.09.2022 / Andacht / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Ellen Hörder-Knop

Beneidenswerter Hunger

Von Hunger, Durst und dem Verlangen nach Gerechtigkeit.

Was koche ich heute? Manchmal gehen mir die Ideen aus. Es fehlt die Zeit oder schlichtweg die Lust zum Kochen. Was allerdings nicht fehlt, ist der Hunger.

Meine innere Uhr meldet sich pünktlich, unabhängig von Lust und Laune. Die Laune kann mir allerdings vergehen, wenn der Hunger zu groß wird. Ob ein gut zubereitetes Essen oder die schnelle Aufbackpizza – mein Hunger will gestillt werden. Danach erst bin ich wieder einsatzfähig.

„…die da hungert und dürstet“

Hunger und Durst sind immer ein Zeichen von Leben. Jeder gesunde Mensch aber hat ein Verlangen nach Essen und Trinken. Sie sind natürliche Reaktionen zur Erhaltung des Lebens. Wo sie nicht mehr da sind, erstirbt das Leben. Da kann nur noch versucht werden, mit künstlicher Ernährung das Leben zu erhalten.

„…nach der Gerechtigkeit“

Jesus vergleicht die lebenswichtigen Grundbedürfnisse nach Essen und Trinken mit dem Bedürfnis des Menschen nach Gerechtigkeit. Was schon bei einem kleinen Kind ausgeprägt ist – weder anerzogen noch trainiert werden muss – bleibt lebenslang ein großes Thema: Wer hat Recht auf was, wieviel und warum? So unterschiedlich die Gedanken zu Recht und Gerechtigkeit sein mögen, eine Gemeinsamkeit haben alle: Sie berechnen. Sie messen. Sie zählen, sie wiegen ab.

„Keiner darf benachteiligt oder bevorzugt werden“, heißt es in Artikel 3 des Grundgesetzbuches. „Gleiche Rechte und Chancen für alle!“

Mehr als menschliches Gerechtigkeitsempfinden

Jesus kennt dieses tiefe Bedürfnis des Menschen nach Gerechtigkeit. Er toleriert es nicht nur, er gratuliert denen, die es verspüren.
„Zu beglückwünschen sind alle“, sagt Jesus, „die Hunger und Durst, nach Gerechtigkeit haben.“
Jesus erklärt sie zu beneidenswerten Menschen, die er nicht leer, nicht hungrig und durstig nach Hause gehen lassen möchte. (Matthäus 5,6)
Wenn Jesus von der Gerechtigkeit spricht, geht es ihm um mehr als um ein menschliches Gerechtigkeitsempfinden.

Die Frage nach Gerechtigkeit ist auch die Frage nach Gott

Die Frage nach der Gerechtigkeit ist in der Bibel immer auch die Frage nach Gott. Gerechtigkeit ist ein Name Gottes, teilt der Prophet Jeremia seinen Zeitgenossen mit (Jeremia 23,6). Für den Apostel Paulus ist Gerechtigkeit Jahrhunderte später ein Name für Christus (1.Korinther 1,30).

Deshalb geht das Bedürfnis nach Gerechtigkeit in die richtige Richtung, wenn in einem Menschen die Sehnsucht nach Gott aufbricht und er den Psalm mitbeten kann: „Meine Seele dürstet nach Gott!“ (Psalm 42,2.3)

Gleichzeitig bedeutet das Wort Gerechtigkeit aber auch: Ein Handeln, das dem Wesen und Willen Gottes entspricht. „Er ist gerecht.“ (5. Mose 10,17) und: „Er hat das Recht lieb!“ (Psalm 37,28), sagt die Bibel von ihm.

Weil Gott das Recht liebt, kann er im wahrsten Sinne des Wortes einen heiligen Zorn entwickeln auf alle Ungerechtigkeit und auf die, die sie zu verantworten haben.

Die Propheten des Alten Testamentes können ein Lied davon singen.

„…sie sollen satt werden“

Aber hat nicht so manchen der Hunger und der Durst nach Gerechtigkeit rücksichtslos gemacht?  Schon die ersten Seiten der Bibel erzählen davon. Kain ist ein Zu-kurz-gekommener im Leben. Das ist zumindest seine Selbsteinschätzung. Sein Bruder Abel hat mehr. Er hat das größere Stück Torte im Leben abbekommen.

Ein besseres Leben, erfolgreichere Arbeit, höheres Einkommen…und zudem mehr Segen von Gott. Einfach ungerecht! In seiner unbeherrschten Gier nach Gerechtigkeit ermordet Kain seinen Bruder Abel (1. Mose 4). Ähnlich geht es Mose. Ihm geht es nicht um sein eigenes Recht, sondern um das Recht seines unterdrückten Volkes. So tötet er einen Ägypter, der einen seiner hebräischen Brüder schlägt. (2. Mose 2

Bei dem Griff nach dem Recht ist schon mancher ins Unrecht geraten.

Nur Gott sättigt das Verlangen nach Gerechtigkeit

Betrachte ich ihr Schicksal, frage ich mich, ob es nicht besser wäre zu sagen: Zu bedauern sind die Gerechtigkeitsstreber. Sie werden noch ihr blaues Wunder erleben! Kain wird heimatlos und Mose tauscht sein Wohlstandsleben am Königshof gegen vierzig Jahre Wüstenleben ein. Das klingt alles andere als verheißungsvoll. Ganz und gar nicht nach „Sättigung“.

Jesus stellt in seiner Rede an seine Jünger klar: Nicht der Mensch, Gott sättigt das Verlangen nach Gerechtigkeit. Er ist der Aktive - der Mensch der Empfangende. Er wartet darauf, dass Gott das Recht in seine Hand nimmt, dass er den Menschen und seine Welt zu-Recht-bringt!

Diese Gerechtigkeit kann nicht durch Definitionen und Formeln beschrieben, gemessen und bewertet werden. Sie verkörpert sich in der Person Jesu Christi. In ihm bekommt die Gerechtigkeit Gottes Blut und Leben.

In seinen Gleichnissen hat Jesus den Menschen diese Gerechtigkeit vor Augen gemalt. Seine Taten haben sie sichtbar gemacht. Am Kreuz hat er sie dokumentiert. Dort starb er als der Gerechte für die Ungerechten. Durch seine Auferstehung gibt er mir Teil an seiner Gerechtigkeit. Danach zu hungern und zu dürsten heißt, Jesus als das nötigste und wichtigste anzusehen für mein Leben. Mir seine Gerechtigkeit schenken zu lassen und mit ihr zu leben. Unterwegs zu sein.

Da bewegt sich was

Hunger und Durst bringen mich in Bewegung. Ich mache Einkaufslisten, schleppe Getränkekisten, koche, decke den Tisch, esse und trinke. So wie ich lebenslang Hunger und Durst habe, um mein Wohl besorgt bin, will ich nicht aufhören, mich um Gerechtigkeit zu sorgen. Sie begehren.

An Ungerechtigkeiten dieser Zeit und Welt leiden. Hinsehen. Aufstehen und einstehen und wenn es sein muss, widerstehen. Zeigen, was mich bewegt: Dass Christus zu seinem Recht kommt – in meinem Leben, im Leben anderer und in dieser Welt. Danach strecke ich mich aus, bis in Erfüllung geht, was für die zukünftige Welt Gottes gilt: „Keinen wird mehr hungern und dürsten“ (Offenbarung 7,16-17). Dort „wohnt“ Gerechtigkeit (2. Petrus 3,13). Kompromisslos. Ausnahmslos. Für alle!

Um auf dem Weg dorthin, „einsatzfähig“ zu bleiben, bin ich eingeladen, mich immer wieder von Jesus sättigen zu lassen. Wer das tut, ist ein beneidenswerter Mensch. Da bleibt nur zu sagen: Herzlichen Glückwunsch!

 Ellen Hörder-Knop

Ellen Hörder-Knop

  |  Redakteurin

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren