Navigation überspringen
© Priscilla du Preez / unsplash.com

04.12.2021 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Hanna Willhelm

Die einhundert entscheidenden Bibeltexte

Wie liest man die Bibel? Welche Texte sind wichtig? Ein Buch bietet Hilfe.

Die Bibel ist ein dickes Buch, ein richtiger Schmöker, auch inhaltlich. Es geht um Liebe, um Moral, um Intrigen, Mord, Sex (ja, auch darum). Nicht zuletzt geht es um die großen Fragen der Menschheit: Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo finde ich Liebe? Gibt es ein Happy End?

Hürden beim Bibellesen

Anders als bei einem Roman muss sich ein Bibelleser diese großartige Story allerdings streckenweise zusammensuchen zwischen seitenlangen Geschlechtsregistern, religiösen Vorschriften und verwirrenden Zukunftsvisionen. Das ist ermüdend und dämpft die Lust am Lesen.

Kein Wunder, dass es dann zu Reaktionen wie diesen kommt: „Ich habe Teile der Bibel gelesen, aber nie verstanden, wie sie eigentlich zusammenpassen.“ oder „Ich habe versucht, die Bibel am Stück zu lesen, es aber nie geschafft, bis zum Ende durchzuhalten.“ So mancher, der sich grundsätzlich dafür interessieren würde, was in der Bibel steht, scheitern an ihrem Umfang.

Whitney T. Kuniholm ist Leiter des US–amerikanischen Bibellesebundes, einer internationalen Organisation, die Menschen helfen will, die Bibel besser zu verstehen. Ihm sind die Probleme bekannt, über die man beim Lesen der Bibel stolpern kann. Mit seinem Buch E100 – Die Entdeckungsreise durch die Bibel will er Abhilfe schaffen.

E100 klingt sehr technisch, steht aber schlicht für die entscheidenden einhundert Bibeltexte. Wer diese liest, entdeckt den roten Faden, der durch die Bibel führt und lernt Gottes große Geschichte mit der Menschheit kennen.

Gut verdauliche Portionen Bibelwissen

Kuniholm hat dafür jeweils 50 Textabschnitte aus dem Alten und aus dem Neuen Testament ausgewählt. Jeder Abschnitt umfasst ein bis zwei Kapitel aus der Bibel – eine gut überschaubare Portion Lesestoff. Jeweils fünf dieser Häppchen ergeben zusammen einen Einblick in eine größere biblische Epoche. Sie bilden ein Oberthema. Auf diese Art und Weise lernt der Leser die wichtigsten Geschichten und biblische Aussagen kennen, ohne dass er sich mit Details oder Nebenschauplätzen herumschlagen muss.

Trotzdem wird nichts Wesentliches ausgelassen. Denn Kuniholm beginnt bei der Urgeschichte mit Adam und Eva und den Patriarchen, macht mit der Geschichte Israels samt Psalmen und Propheten weiter, geht ausführlich auf Jesus ein und spannt den Bogen schließlich bis zu den neutestamentlichen Briefen und der Offenbarung des Johannes. Ein Rundumschlag also, in kleine, gut verdauliche Portionen aufgeteilt.

Die Geschichte Israels ist beispielweise in drei Oberthemen eingeteilt: die Zeit der Richter, Israels Aufstieg und Israels Niedergang. Jede dieser Zeitspannen zoomt der Autor dann näher heran, indem er fünf dazu passende Kapitel auswählt. Im Fall von Israels Niedergang sind das Davids Ehebruch, Salomos Götzendienst, der Tempelbau, Elijas Auseinandersetzung mit den Baalspropheten und schließlich die Zerstörung des Tempels durch die Babylonier. Vorweg folgt jeweils eine kurze Erklärung, die eine Einordnung der jeweiligen Epoche bietet.

Ein kleines Manko dieser Einordnung: Der Leser erfährt nicht, in welchem Abschnitt der Weltgeschichte er sich gerade befindet. Ein paar Jahreszahlen und geschichtliche Hintergrundinformationen, zum Beispiel zur Zerstörung Jerusalems, wären für historisch Interessierte hilfreich und wünschenswert.

Vom Kopf ins Herz

Wem diese Einteilung zu theoretisch klingt, der kann aufatmen. Es geht dem Autor an keiner Stelle nur um das nackte Vermitteln von Zusammenhängen. Zu jedem der 100 ausgewählten Bibeltexte gibt es Anregungen, wie man das Gelesene im Blick auf den eigenen Glauben anwenden kann.

In der Einführung zum gerade erwähnten Oberthema Israels Niedergang schreibt Kuniholm: „So nah ein Mensch an Gott dran ist, es bewahrt ihn nicht automatisch vor dem Moment, in dem er alles aufs Spiel setzt. … Wenn wir denken: ‚Das kann mit nie passieren!‘, sind wir schon dabei, uns selbst zu überschätzen.“

An diesem Beispiel wird auch klar, dass Kuniholms Sprache nicht abgehoben oder belehrend ist. Im Gegenteil – es ist fast, als ob er einem am Küchentisch gegenüber sitzt und den Zuhörer an seinen persönlichen Gedanken und Erfahrungen teilhaben lässt. Die Gebete am Anfang und am Ende jeder Einheit bieten dann die Möglichkeit, mit Gott über das zu reden, was einem beim Lesen durch den Kopf gegangen ist.

Passenderweise ist am Ende jedes Oberthemas sogar ein bisschen Raum für eigenen Notizen. So kann das Gelesene vom Kopf ins Herz rutschen und seinen Weg in den Alltag finden.

Fazit

Die Kombination aus verständlicher Wissensvermittlung und Praxisbezug ist die große Stärke von Whitney T. Kuniholms „Entdeckungsreise durch die Bibel“. In der englischen Originalausgabe heißt das Buch „Your way into the heart of the bible“, also „Dein Weg hinein in das Herz der Bibel“. Ich glaube, das trifft es gut.

E100 gibt tatsächlich hilfreiche, persönliche Impulse, damit der Funke beim Bibellesen überspringt. Damit die großen Linien und Zusammenhänge klar werden und man sich beim Lesen auf einmal selbst in den alten Texten entdeckt. Dann wird die Bibel tatsächlich zu einem Buch, das Antworten auf die ganz großen Fragen des Lebens bietet.
 

Hier finden Sie eine Leseprobe aus „E100 – Die Entdeckungsreise durch die Bibel". Weitere Hilfen, wie Sie die Bibel entdecken und lesen können, finden Sie beim deutschen Zweig des Bibellesebundes.  

ERF Plus bietet Ihnen mit den beiden Radioformaten Wort zum Tag und Bibel heute ebenfalls die Möglichkeit, in einen Abschnitt aus der Bibel einzutauchen und das Buch der Bücher besser kennenzulernen.

 Hanna Willhelm

Hanna Willhelm

  |  Redakteurin

Hanna Willhelm ist Theologin und Redakteurin im Bereich Radio und Online. Sie ist fasziniert von der Tiefe biblischer Texte und ihrer Relevanz für den Alltag. Zusammen mit ihrer Familie lebt die gebürtige Badenerin heute in Wetzlar und hat dabei entdeckt, dass auch Mittelhessen ein schönes Fleckchen Erde ist.

Ihr Kommentar

Die E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Alle Kommentare werden redaktionell geprüft. Wir behalten uns das Kürzen von Kommentaren vor. Ein Recht auf Veröffentlichung besteht nicht.

Das könnte Sie auch interessieren