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© Annie Spratt / unsplash.com

30.10.2020 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Hanna Willhelm

Kleiner Herr Nimmersatt

Was ich von meinem Sohn über (Un-)Zufriedenheit gelernt habe. Eine Andacht.

Was ist mit meinem Großen los? Aus einem kleinen Jungen, dessen Augen bei der geringsten Aufmerksamkeit vor Freude strahlten, ist ein kleiner Herr Nimmersatt geworden. Wenn wir gemeinsam einkaufen, zieht es ihn im Supermarkt unweigerlich zu den Matchboxautos oder den Kinderzeitschriften mit den Gimmicks hin. Jedes Mal entdeckt er dabei etwas, das er unbedingt haben muss. Auf meinen Hinweis, dass er doch erst kürzlich etwas bekommen habe, kommt standardmäßig die Antwort: „Das ist schon sooo lange her!“

Aus der Sicht eines Kindes ist diese Aussage wahrscheinlich sogar wahr: Die Halbwertszeit von Kindergeschenken scheint überdurchschnittlich kurz zu sein, denn das ersehnte Auto oder Kuscheltier, liegt nach zwei Tagen unbeachtet bei allen anderen Spielsachen.

Herz im Kaufrausch

Während ich mich wieder einmal über das ständige Habenwollen meines Sohnes ärgere, dämmert mir die unangenehme Erkenntnis, dass ich als Erwachsene gar nicht viel anders bin: Das eine Renovierungsprojekt am Haus ist gerade erfolgreich abgeschlossen, da blicke ich schon wieder unzufrieden auf die unfertigen Ecken, die wir angehen müssten.

Das wöchentliche Bombardement an Werbezeitschriften stürzt mich gefühlt in einen Kaufrausch, weil es so viele schöne Dinge zum günstigen Preis gibt. Hand aufs Herz: Das meiste davon brauche ich nicht wirklich und auch bei mir steht es entweder dekorativ in einer Ecke und verstaubt oder landet in einem schon gut gefüllten Schrank.

Aber nicht nur unser Haus füllt sich auf diese Weise mit unnötigen Gegenständen. Meine Gedanken werden von Einkaufsplänen und Hausverschönerungswünschen auf Trab gehalten und mein Kalender richtet sich nach den Öffnungszeiten von Supermarkt- und Bauhausketten. Ist es das wert? Eigentlich nicht.

Damit Raum für Wesentliches bleibt

Eigentlich möchte ich einen Lebensstil pflegen, bei dem ich das genieße, was ich habe. Ich möchte die Menschen und Dinge in meinem Leben wertschätzen und dankbar für sie sein, ohne ständig nach etwas Neuem, Besserem, Aufregenderem Ausschau zu halten. Ich will nicht, dass mein Herz so von materiellen Dingen in Beschlag genommen wird, dass darin kein Raum mehr bleibt für Wesentliches: meinen Mann, meine Kinder, Freundschaften, meine Beziehung mit Gott, Stille, um auf ihn zu hören.

Ich möchte, dass mein Sohn Zufriedenheit lernt, aber genauso muss ich mich selbst immer wieder dafür entscheiden. Das ist nicht nur eine Prinzipienfrage oder eine des Umweltschutzes, sondern auch eine des Lebensglücks. Denn wenn ich mich von äußeren Dingen abhängig mache, werde ich nie das erfüllte Leben ergreifen, das Gott mir bereits im Hier und Heute geschenkt hat. Mein Blick wird dann immer auf einen Punkt in der Zukunft gerichtet sein, an dem ich endlich alles habe, was ich gerne hätte.

Zufriedenheit als Schlüssel zum Glück

Jesus hinterfragt diese Lebenshaltung sehr kritisch, wenn er sagt: „Was hat ein Mensch denn davon, wenn ihm die ganze Welt zufällt, er selbst dabei aber seine Seele verliert? Er kann sie ja nicht wieder zurückkaufen!“ (Matthäus 16,26). Materieller Wohlstand wird uns nicht das geben, wonach wir uns tief im Herzen sehnen und ich fürchte, wir erweisen unseren Kindern einen Bärendienst, wenn wir sie bewusst oder unbewusst mit dieser Einstellung aufwachsen lassen.

Das bedeutet im Umkehrschluss nicht, dass wir ausgemergelte Asketen werden müssen. Wir sollen unser Leben genießen und unseren Kindern und uns Gutes gönnen. Gott selbst ist der erste, der uns mit unerwarteten (und unnötigen) Kleinigkeiten gerne eine Freude macht. Aber vielleicht darf es ab und zu einfach ein bisschen weniger sein, mit dem wir uns zufriedengeben.
 

Gebet:

Vater im Himmel, wir leben in einem Land der tausend Möglichkeiten, in dem so vieles nach unserer Aufmerksamkeit schreit und uns glücklich machen will. Ich möchte mich nicht in der Jagd nach unzähligen Dingen aufreiben. Hilf mir, den Blick für das wirklich Wichtige in meinem Leben nicht zu verlieren und zufrieden zu sein mit dem, was ich bereits habe.

Amen.


Dieser Text ist ein Ausschnitt aus dem Buch „Mach mal Pause, Mama! Glaubensoasen für junge Mütter“. Wir danken dem Verlag Gerth Medien für die freundliche Genehmigung zur Veröffentlichung.
 

 

 Hanna Willhelm

Hanna Willhelm

  |  Redakteurin

Hanna Willhelm ist Redakteurin, Autorin und begeisterte Theologin. Ihre Faszination für die Weisheit und Bedeutung biblischer Texte möchte sie gerne anderen zugänglich machen.  In der Sendereihe "Das Gespräch" spricht sie am liebsten mit Gästen über theologische und gesellschaftlich relevante Themen. Sie liebt Bücher und lebt mit ihrer Familie in Mittelhessen.

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Kommentare (2)

Nela /

Wie witzig - in genau demselben Gedanken-Hamsterrad stecke ich auch gerade! Ständig am überlegen und schauen, was ich noch für unser Haus kaufen will/„muss“, damit es fertig bzw. schöner wird. Ich mehr

Christine T. /

In unserer schnelllebigen Zeit wird es immer wichtiger, sich solche Dinge bewusst zu machen. Danke für die gute "Erinnerung", sie hat mich wieder auf die Beine gebracht...

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