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© Rayul / unsplash.com

14.09.2022 / Bericht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Oliver Jeske

Kinder brauchen Vertrauen

Eine aktuelle Studie zeigt: Ein viertel aller Jugendlichen fehlt es an vertrauenswürdigen Bezugspersonen.

 

Vertrauen ist so etwas wie eine Wette auf die Zukunft. Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten und in andere Menschen ist wichtig. Denn nur so gewinne ich Energie, um Herausforderungen hoffnungsfroh anzupacken. Eine aktuelle Studie hat sich mit der Frage beschäftigt: Wie steht es um das Vertrauen bei Kindern und jungen Menschen? Antworten dazu – auch aus Sicht des „Arche“-Gründers Bernd Siggelkow – von Oliver Jeske.


„Ich war mit einer größeren Kindergruppe im Ferienlager und wir Fußball gespielt. Ein sechsjähriger Junge versuchte den Ball zu treffen, trifft ihn nicht und schmeißt sich auf den Boden. Er strampelt mit allen Vieren und schreit unter Tränen: ‚Ich kann nichts, ich bin nichts, ich werde nie etwas werden!‘ Ich stand vor diesem Jungen und dachte: Wer hat diesem Kind das gesagt?“

Pastor Bernd Siggelkow leitet die Arbeit des Kinderprojekts Arche. Seine Beobachtung: Wenn Kinder und Jugendliche im Elternhaus kein Vertrauen in sich selbst und in andere lernen, dann haben sie auch kein Vertrauen in die Zukunft. Gestützt wird diese Sicht durch eine aktuelle Studie. Professor Holger Ziegler von der Universität Bielefeld hat herausgefunden: 3 von 4 Jugendlichen in Deutschland haben ein gesundes Selbstvertrauen.

Misstrauen zieht Kreise

„Allerdings hat ein Viertel der jungen Menschen insgesamt nur wenig Selbstvertrauen. Und genau diese jungen Menschen vertrauen auch anderen erheblich weniger als Jugendliche mit solidem Netz.“

Das Misstrauen anderen gegenüber zieht Kreise. Nur ein Viertel der Jugendlichen zwischen 12 und 16 Jahren vertraut dem, was in der Zeitung zu lesen ist. Damit verbindet sich nicht selten ein Hang zu Verschwörungstheorien.

„Dabei sind soziale Medien per se gar nicht so sehr das Problem, sondern die Frage von Exklusivität. Ich beziehe meine Informationen nur aus sozialen Medien und nicht aus Quellen, die man im weitesten Sinne als öffentlich-rechtlich bezeichnen kann oder aus Zeitungen, die in dieser Generation sowieso nicht sonderlich viel gelesen werden.“

Hinweise auf Vertrauenskrise

Muss man also von einer Vertrauenskrise in der jungen Generation sprechen? Und verstärkt diese den Hang zu Verschwörungstheorien? Der Erziehungswissenschaftler Ziegler ist da zurückhaltend: „Unsere Studie ist keine Langzeitstudie, aus der man Entwicklung ableiten kann. Dennoch: Man findet bei etwas älteren Untersuchungen, dass junge Menschen in der Regel mehr vertrauen und insbesondere mehr den Institutionen vertrauen, als wir das festgestellt haben.“

Was ist zu tun? Wie wird die junge Generation in Deutschland zu einer, die mit mehr Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft geht? Pastor Bernd Siggelkow findet die Antwort darauf in seinen Begegnungen mit den Kindern in den Archen.

Kinder fragen: Wie lange bleibst du?

„Jedes Kind fragt jeden neuen Mitarbeiter in unserer Einrichtung und oder jede Mitarbeiterin die gleiche Frage, ohne dass sie sich abgesprochen haben. Sie fragen immer: Wie lange bleibst du? Kann ich mich auf dich verlassen? Kann ich meine Sorgen hier weitergeben? Ich glaube, der Ruf nach diesen Vertrauenspersonen zeigt: Es braucht mehr Menschen, zu denen man vertrauen haben kann.“

Und deshalb müsse Kinder- und Jugendpolitik ganz neu gedacht werden. Pädagogen und Sozialarbeiter würden oft nur auf Projektbasis angestellt. Sie sind viel zu kurz mit Kindern in Kontakt. Ganz anders der Ansatz der Archen in Deutschland: „Wir begleiten diese Kinder über viele Jahre in einem Prozess. Und gerade Kinder, die wenig vertrauen haben, die wenig Chancen haben, blühen in unserer Arbeit auf. Wir merken, das liegt einfach daran, dass wir über Jahre mit den gleichen Mitarbeitern am gleichen Kind arbeiten. Die Kinder kommen mit sechs Jahren in unserer Einrichtung. Sie verlassen die Einrichtung erst, wenn wir ihnen erfolgreich eine Berufsausbildung vermittelt haben.“

 Oliver Jeske

Oliver Jeske

  |  Redakteur

Sprachlich Hannoveraner, seit einem Vierteljahrhundert in Berlin zu Hause, liebt er Jesus, Tanzen mit seiner Frau, Nordsee-Spaziergänge mit seinen Söhnen und leckeren Fisch. Von Gott ist er fasziniert, weil der ihn immer wieder überrascht und im wahrsten Sinne des Wortes beGEISTert.

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