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© Carsten Meier / ERF

04.05.2023 / Zum Schwerpunktthema / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Tobias Schier

Kehrt um!

Tobias Schier über die Neuentdeckung eines zu lange vergessenen Weges zum Leben.

Zerstörung der Natur, Energiekrise, soziale Ungerechtigkeit: Vielen Menschen ist längst klar, dass es so in einigen Bereichen nicht weitergehen kann. Nur wie wird es wieder besser? Tobias Schier über die Neuentdeckung eines zu lange vergessenen Weges zum Leben.

Seit der Weltfinanzkrise 2007 und 2008 haben wir so einiges erlebt: eine Pandemie, Kriege und Migrationskrisen, Naturkatastrophen, zuletzt ein Krieg in Europa. Aufgrund all dieser Herausforderungen macht sich in manchen Bereichen unserer Gesellschaft Pessimismus breit. Wann wird das wieder besser? Kommen wir wieder heraus aus dieser Multi-Krise?

Einige Menschen und Bibelkenner fragen sich, ob das alles der Anbruch der biblisch angekündigten Endzeit ist. Das ist nicht unbegründet. Jesus spricht von Unruhen, Kriegen, von Erbeben, Hungersnöten und Seuchen, dann kommt er wieder. (Lukas 21,7-11)

Jesus wird wiederkommen, davon bin ich überzeugt. Aber wann, das weiß ich nicht und kann auch sonst niemand sagen. Doch bevor ich in einer negativen Haltung das Ende der Welt abwarte, ist die viel entscheidendere Frage: Was kann ich heute ändern? Wo ist ein Richtungswechsel für mich angesagt, eine Umkehr? Ich denke: Selbst wenn morgen das Ende der Welt wäre, kann ich heute umkehren und etwas zum Guten verändern.

Die Veränderung beginnt

Die Umkehr hat es nicht leicht mit uns Menschen. Denn umzukehren bedeutet: Ich war bisher auf einem falschen Weg. Zumindest teilweise. Diese Erkenntnis ist mitunter bitter, ein Eingeständnis. Die Folge daraus ist, dass ich etwas verändere, anders mache als bisher.

Es ist umso bemerkenswerter, dass sich die Kernaussage von Jesu Leben und Sterben auf dieser Erde in zwei Worten auf den Punkt bringen lässt: „Kehrt um!“ Mit diesen Worten eröffnet er sein öffentliches Wirken und Reden (Matthäus 4, 17). Im Altgriechischen steht an dieser Stelle in der Bibel der Begriff „Metanoia“. Er beschreibt eine grundlegende Veränderung des Denkens – oder Neudeutsch einen „Mindshift“.

In einer Metanoia verändere ich meine Art zu denken und zu handeln. Ich verändere meinen Blick auf die Welt und die Art und Weise, wie ich mein Leben gestalte. Ich vollziehe eine innere Umkehr hin zu Gott.

Jesus lädt dazu ein, dass jeder Mensch genau diese Art der Umkehr erlebt. Dabei ist es zweitrangig, welches Bild der Einzelne von sich selbst hat. Manche denken über sich selbst: Ich habe keine Umkehr nötig. Ich bin ein guter Mensch und begegne jedem Menschen mit Respekt. Warum sollte ich umkehren? Andere haben schon viel Lehrgeld gezahlt. Sie haben jede Menge Fehler gemacht und stecken mittlerweile viel zu tief im Sumpf, als dass sie da wieder rauskommen. Sie fragen sich eher: Wie kann ich überhaupt noch umkehren?

Umkehr ist immer möglich

Beide Gedankengänge kommen mir bekannt vor. Aus meinem Leben, aber auch aus der Bibel. Jesus ist mit seiner „Kehrt um – Botschaft“ den unterschiedlichsten Menschen begegnet.

Da ist zum Beispiel dieser junge reiche Mann, von dem ich im Markusevangelium, Kapitel 10 lese. Er steht noch am Anfang seines Lebens und hat offensichtlich schon vieles richtig gemacht. Dann fordert Jesus ihn auf, Gott den ersten Platz in seinem Leben zu überlassen, seinen Besitz zu verkaufen, den Erlös an die Armen zu geben und ihm nachzufolgen.

Der Mann ist entsetzt und geht traurig weg. Jesus hat ihm ganz praktisch vor Augen geführt, dass er umkehren – und sein Geld und seinen Besitz auf die Plätze verweisen müsste. Dazu war er nicht bereit.

Dann ist da ein anderer Mann, von dem Lukas in seinem 23. Kapitel berichtet. Als Jesus gekreuzigt wird, sollen zwei Männer rechts und links von ihm auf die gleiche Weise sterben. Der eine der Beiden verspottet Jesus so wie alle anderen Schaulustigen. Der andere Verbrecher aber erkennt in Jesus den schuldlosen Sohn Gottes.

Bei diesem Anblick wird dem Mann kurz vor seinem Tod die Schuld seines Lebens bewusst und er bittet Jesus, an ihn zu denken nach seinem Tod. Jesus erkennt die innere Umkehr des Mannes und verspricht ihm das ewige Himmelreich.

Die beiden Geschichten zeigen mir: Egal, ob ich mitten im Leben stehe oder am Ende des Lebens angekommen bin, für eine Umkehr ist es nie zu spät. Egal, ob ich den Eindruck habe, alles richtig zu machen. Oder wenn ich offenkundig alles falsch gemacht habe. Umkehr ist immer nötig und immer möglich.

Wie die Umkehr anfängt

Die Umkehr ist sogar in der Mathematik verankert! In meinem Mathematikunterricht habe ich die Umkehrfunktion kennengelernt und eigentlich war sie gar nicht schwer zu verstehen. Im wahren Leben gestaltet sich die Sache mit der Umkehr oft nicht so leicht. Das Leben ist keine simple Gleichung. Hier gibt es viele Variablen und Ungereimtheiten. Umkehr ist keine mathematische Formel, sondern eine persönliche Begegnung mit dem lebendigen Gott.

Lesen Sie sich beiden erwähnten Bibelstellen noch einmal durch. Sie werden sehen: Beide Fälle sind einzigartig. Sie zeugen von einem sehr zugewandten Jesus. In beiden Umkehr-Geschichten reagiert er direkt und ganz konkret auf den jeweiligen Menschen. Er sieht sie an, er gewinnt sie lieb. Hier entsteht in kürzester Zeit eine Beziehung, die geprägt ist von Liebe und Wahrheit, von Gnade und Barmherzigkeit. Das ist die beste Basis für jede Umkehr. So kann sich ein Herz für die Veränderung öffnen.
 

Wie Umkehr weitergeht

Umkehren ist dann eine Vielzahl von Willensentscheidungen, die ich treffe. Oft sind es persönliche Krisen, die uns zum Umdenken, zum „Neu-Denken“ zwingen. Der Tod eines geliebten Menschen, Krankheit, Scheitern etc. Manchmal braucht es auch einen Menschen, der mich darauf hinweist: So kann es nicht weitergehen. Auch Gott selbst kann mich auf die Notwendigkeit der Umkehr in bestimmten Bereichen meines Lebens hinweisen. Das tut er zum Beispiel durch die Bibel oder durch andere Menschen.

Das ist der Moment, in dem ich mich entscheiden muss, kurz innezuhalten. Denn ich bin überzeugt: Kein Umkehren ohne Anhalten. Erst im Anhalten, im Nachdenken und einem Moment der Ruhe, habe ich die Möglichkeit, mir mein Leben oder einen Teil davon anzuschauen.

Und schon wartet das nächste „will ich“ auf mich: Will ich jetzt umkehren, will ich etwas ändern? Wer umkehrt, muss in der Regel ein Stück des Wegs zurückgehen, den er gekommen ist. Das kann heißen, dass ich mich bei Menschen entschuldige, Taten von Herzen bereue, Dinge wieder gut mache. Dieser Weg zurück ist oft der schwerste Teil, weil er mich mit meinen Fehlentscheidungen und meinem Fehlverhalten konfrontiert. Und doch ist er zwingend nötig. Ich muss alte Pfade verlassen, damit ich neue Wege gehen kann.

Bessere dich!

Nun ist es an der Zeit, die Veränderung konkret umzusetzen. Auch hier stellt sich für mich die Frage: Will ich sie wirklich angehen?

Kennen Sie diese scherzhafte Bemerkung „Bessere dich!“, wenn es einem schlecht geht? Das ist in der Regel unmöglich. Ich kann mich nicht so einfach bessern und den Schnupfen wegmachen.

Das gilt auch für den Prozess der Umkehr. Um mein Denken zu ändern und vielleicht Dinge loszulassen, die mir bisher Sicherheit gegeben haben, braucht es mehr Kraft und Ausdauer, als ich allein aufbringen kann. Das Gute ist: Die biblische Einladung zur Umkehr rechnet auch nicht mit mir allein. Diesen Weg zurück muss ich nicht allein gehen. Jesus, der Wahrheit und Liebe, Gnade und Barmherzigkeit in sich vereint, geht mit mir diesen Weg und vor mir her.

Den reichen Mann forderte Jesus auf: „Folge mir nach.“ Auch dem Verbrecher am Kreuz sagte er zu: „Heute wirst du mit mir im Paradies sein“. Jesus geht voraus, ich folge ihm. Dafür stellt er mir seine Kraft und seine Ausdauer zur Verfügung. Jesus wusste nicht nur beim reichen Mann, was zu tun ist, er weiß es auch bei mir. Er wird mich auf diesem steinigen Weg der Umkehr von der Einsicht bis zur Aussicht immer wieder ermutigen, so dass ich am Ziel ankomme. So gesehen ist der Umgang mit Krisen auch immer der Umgang mit Chancen. Jesus wusste, dass Krisen nichts anderes sind als Möglichkeiten, umzukehren und das Leben so nachhaltig zum Besseren zu verändern.

Wie sieht es in Ihrem Leben aus? Wo sehnen Sie sich nach Veränderung? Ich möchte Ihnen Mut machen: Halten Sie kurz inne, schauen Sie sich ihr Leben an. Sind Sie auf einem guten Weg unterwegs? Es muss nicht nur um die großen Dinge des Lebens gehen. Auch kleine Gewohnheiten und einzelne Bereiche bedürfen manchmal der Umkehr. Gehen Sie den ersten Schritt. Kehren Sie um. Und folgen Sie Jesus nach. So kann aus einer Krise eine Chance werden.

Schreiben Sie dem Autor Ihre Gedanken zum Thema unter [email protected].

 

 Tobias Schier

Tobias Schier

  |  Developer Redaktion

Tobias ist Developer Redaktion beim ERF. Er hat Germanistik und Medienwissenschaften studiert. In seiner freien Zeit schreibt er gerne und produziert Hörspiele. Tobias ist glücklich verheiratet und hat drei Kinder.

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