
21.08.2017 / Kommentar / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Regina KönigSeifenblasen als Souvenir
Was bleibt zurück vom „Reformationssommer“? Regina König zieht Bilanz.
500 Jahre Reformation – bald sind die Jubiläumsfeierlichkeiten Geschichte: am 10. September schließt die „Weltausstellung Reformation“ in Wittenberg ihre Tore. Und was bleibt zurück?
Der Reformationssommer hat also seinen Zenit überschritten – und ich halte Ausschau nach einem Souvenir. Im Reformationsshop am Wittenberger Bahnhof finde ich das passende: ein kleines Fläschchen Seifenblasen. Die Qualität stimmt: einmal pusten und schon steigen regenbogenfarbene Seifenblasen gen Himmel. Sie zu beobachten, kommt einer kontemplativen Übung gleich. Was die Frage aufwirft: warum gibt es im Programm der Weltausstellung eigentlich keinen Workshop zum Thema: „Meditatives Beobachten des Seifenblasenfluges“?
Warum fehlen die Gäste?
Aber die Verantwortlichen des Reformationsjubiläums haben ja genug anderes im Angebot. Allein die Weltausstellung lädt ein zu 2000 Veranstaltungen: Vorträge stehen im Programm, Konzerte, Ausstellungen. Nur - die Besucher kommen nicht wie erhofft. Die Pressestelle gibt zur Zeit keine Zahlen raus. Zur Halbzeit waren 75 000 Tickets verkauft, 500 000 sollen es eigentlich noch werden. Woran liegt es, dass der Weltausstellung die Gäste fehlen?
Altbackene Kirchentagsschlager und kosmetische Weltverbesserung
Wer Wittenberg besucht, will zuallererst die Lutherstätten sehen. Da bleibt kaum Zeit für Diskussionen zum Thema „Intersexualität in theologischer und politischer Perspektive“ oder „Was können wir tun für den Frieden“.
Außerdem: die meisten Themen sind altbackene Kirchentagsschlager. Workshops laden ein zum „Upcycling mit Kaffeetüten“ oder zum „geschlechtergerechten Rudelsingen“. Vieles klingt akademisch und nach kosmetischer Weltverbesserung.
Mehr Wirkkraft durch Rückbesinnung auf Glaubensgrundlagen
Mehr Wirkkraft hätte die konsequente Rückbesinnung auf die Grundlagen unseres lutherischen Glaubens entfaltet: „Allein aus Glauben“, „allein aus Gnade“, „allein Jesus Christus“, „allein die Bibel“.
Freilich: auch zum Dauer-Bibellesen lädt die Weltausstellung ein und zum Erklimmen des 27 Meter hohen Bibelturms. In der Fußgängerzone und in angrenzen-den Parks finden mehrmals am Tag Andachten statt, es gibt den Segensparcour und die europäischen Bibeldialoge. Und vor allen Dingen: zahllose ehrenamtliche Helferinnen und Helfer bevölkern Wittenberg und prägen das Städtchen mit Herzlichkeit und echtem Engagement.
Noch knapp drei Wochen bleiben bis zum Ende der Weltausstellung – und ich nehme noch einmal mein Wittenberg-Souvenir zur Hand: die Seifenblasen aus dem Reformationsshop. Ich puste und beobachte und sehe sie gen Himmel schweben – immerhin: es dauert eine ganze Weile, bis sie zerplatzen.
Hier finden Sie den Radiobeitrag zum Thema!
Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Ich war auch auf der Weltausstellung in Wittenberg, und ich finde, es hat sich gelohnt! Zu der Frage, warum so wenige Leute dort waren: ich denke, das ist eine Frage der Werbung. Ich kann mich z.B. … mehrnicht erinnern, in den christlichen Zeitschriften, die ich lese, Werbung für Wittenberg gesehen zu haben. Ich habe auch keine Werbeplakate in der Öffentlichkeit gesehen. Und im Radio (abgesehen vom ERF) habe ich auch keine Werbung für die Weltausstellung gehört. Woher sollen die Leute denn kommen, wenn nicht ausreichend Werbung gemacht wird?