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01.04.2017 / Interview / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Jessica Bleyl

Jugendliche aufsuchen, wo sie sind

Der neue CVJM Generalsekretär Hansjörg Kopp spricht über seine Ziele und Pläne.

Geistlich motivieren, lebensrelevant sein, Jugendlichen zuhören, sie dort aufsuchen, wo sie sind, und den Glauben in der Begegnung mit dem Einzelnen vorleben, das will der neue Generalsekretär des CVJM, Pfarrer Hansjörg Kopp, der am 15.03.2017, sein Amt in Kassel angetreten hat. Jessica Bleyl hat mit ihm gesprochen.

„Ich will geistlich motivieren“

ERF: Was sind Ihre Ziele als neuer Generalsekretär des CVJM?

Hansjörg Kopp: Meine persönlichen Ziele zu Beginn sind zunächst einmal zu hören, wahrzunehmen und zu schauen, was da in dieser wunderbaren großen CVJM-Bewegung in Deutschland ist. Und ausgehend von dem, was ich höre und wahrnehme, will ich meinen Teil dazu beitragen, dass diese CVJM-Bewegung ihre Dynamik, die sie hat, wieder neu belebt und sich nach vorne entwickelt. Ich will geistlich motivieren in den 13 Mitgliedsverbänden, die über die Republik verteilt sind.

Junge Menschen dort aufsuchen, wo sie sind

ERF: Der Glaube an Gott ist ja heutzutage für viele junge Menschen bedeutungslos. Da gibt es jetzt zudem noch ein riesiges Angebot an Freizeitaktivitäten und eine fortwährende mediale Beschallung. Wie können Sie die Jugendlichen unter diesen Umständen noch erreichen und sie für den Glauben interessieren?

Hansjörg Kopp: Also unter „Sie“ nehme ich gerne die deutschlandweite CVJM-Bewegung und viele andere, die in der christlichen Jugendarbeit unterwegs sind und nicht mich allein persönlich. Ich glaube, das wäre, wenn der Einzelne zu sehr auf sich schaut, auch sehr schwierig. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit dem, was wir haben, mit unserem christlichen Glauben etwas beitragen können, was für Jugendliche von unschätzbarem Wert ist. Wir müssen nur mutig sein, dazu zu stehen, was uns ausmacht und „echt“ sein. Und ich glaube, dass wir lernen müssen, eine Art Paradigmenwechsel vorzunehmen. Sehr lange haben wir jugendliche Menschen zugepredigt mit dem, von dem wir überzeugt sind, dass es richtig ist. Wir müssen zu einem neuen Zuhören kommen und zum anderen ins Aufsuchen. Also fragen: Wo sind junge Menschen? Wo sind die Orte, wo sie sich treffen? Und was braucht es, damit Kommunikation mit ihnen über das Evangelium möglich ist? Und dazu müssen wir zuerst in Beziehungen kommen, so dass junge Menschen auch spüren und erfahren dürfen, was bei uns anders und besonders ist.

Glauben in der Begegnung mit dem Einzelnen vorleben

ERF: Kirche muss ja heutzutage einerseits attraktiv sein, also auch ansprechend für junge Menschen, aber andererseits auch lebensrelevant im Sinne der guten Botschaft. Wie gehen Sie mit diesem Spannungsfeld um?

Hansjörg Kopp: Also das muss sich ja gar nicht ausschließen, attraktiv zu sein und lebensrelevant. Es gibt Jugendformate, da wird es beeindruckend deutlich. Die Frage ist ja die der Lebensrelevanz. Da muss ich ja bei meinem Gegenüber zunächst mal die Erkenntnis wecken, dass christlicher Glaube lebensrelevant ist. Und das kann ich, indem ich höre und indem ich vorlebe. Das ist, glaube ich, die Herausforderung, vor der wir stehen, dass die Kommunikation des Evangeliums eher noch mehr im Face to Face, also in der Begegnung mit dem Einzelnen erfolgen muss als in der großen Veranstaltung, und wir gleichzeitig natürlich attraktive Formate brauchen für Jugendliche. Wobei es da eben nicht das eine attraktive Format gibt, das wissen wir aus der Milieu- und Lebensweltenforschungen. Deren Erkenntnisse machen wir uns ja schon seit vielen Jahren in der Kirche und auch in der Jugendarbeit nutzbar. Das heißt, wir sagen: Es gibt da nicht die eine attraktive Veranstaltung für alle Jugendlichen, sondern wir fragen, wer welches Format es braucht, um angesprochen und eingeladen werden zu können.

Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich einzubringen und Verantwortung zu übernehmen

ERF: In Ihrer Predigt zur Amtseinführung haben Sie gesagt, dass Sie „junge Menschen in den Blick nehmen, ihnen Räume schaffen, auf sie hören und sie fördern“ wollen. Was bedeutet das denn konkret?

Hansjörg Kopp: In der Jugendarbeit steckt ein ganz großes Potential, Jugendliche zu fördern. Das passiert in der Jugendarbeit in der Regel einfach dadurch, dass wir Jugendlichen die Möglichkeit geben, sich selbstverantwortlich einzubringen, Verantwortung zu übernehmen, also Partizipation ermöglichen. Ich glaube, dass die gesellschaftlichen Veränderungen in den letzten Jahren das eher hindern als fördern. Und unsere Aufgabe als CVJM ist, darauf wieder einen deutlichen Focus zu legen, also dass Jugendlichen genau diese Partizipation und Verantwortungsübernahme möglich ist. Und das ist das, was ich mit fördern meine: Junge Menschen in Verantwortung nehmen, dass sie selbstverantwortlich in der Jugendarbeit und später in der Gesellschaft auch handeln und agieren können. Und dabei müssen wir die Frage in den Blick nehmen: Was bräuchte der einzelne Jugendliche, damit er gut in diese Verantwortungsübernahme, wenn er sie denn auch selbst übernehmen möchte, hineinwachsen kann?

Engagiert zu dem stehen, was unsere Identität ist: der christliche Glaube

ERF: Wo sehen Sie denn die Jugendarbeit des CVJM in zehn Jahren?

Hansjörg Kopp: Da habe ich, glaube ich, gerade schon ein paar Problemstellen angedeutet. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wo ich die Jugendarbeit des CVJM in zehn Jahren sehe, ist auch schwierig. Es gibt 2.200 Ortsvereine, die sehr unterschiedlich Jugendarbeit gestalten. Der CVJM Deutschland kann maximal Impulsgeber sein für diese 2.200 Ortsvereine, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten. Ich sehe zum einen weiterhin, dass Jugendgruppenarbeit eins der besonderen Merkmale christlicher Jugendarbeit ist und bleiben wird. Das ist auch eine große Stärke von uns. Und gleichzeitig, dass wir in einer sich verändernden Gesellschaft, in der ja die Anzahl der christlichen Kinder und Jugendlichen schon aufgrund der demographischen Entwicklung weniger werden wird, auch neu fragen müssen: Was heißt das, Kinder und Jugendliche aus anderen Kulturen und Religionen auch in CVJM Arbeit zu integrieren? Und dann hoffe ich, dass der CVJM in Deutschland in zehn Jahren weiterhin ein christlicher Verein ist, der engagiert zu dem steht, was seine Identität ist: der christliche Glaube. Und dass er sich weiterhin jungen Menschen zuwendet, auch wenn das immer mit viel Engagement und Aufwand verbunden ist.

ERF: Vielen Dank für das Gespräch.

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