
26.05.2015 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 3 min
Autor/-in: Christine KellerEinmal Himmel und zurück
Warum „Ich kam zurück“ mehr als eine spannende Nahtoderfahrung enthält.
Christliche Berichte und Bücher, die eine Nahtoderfahrung beschreiben, gibt es mittlerweile fast wie Sand am Meer. War ein weiteres Exemplar unbedingt notwendig? „Ich kam zurück. Eine junge Muslimin erlebt den Himmel“ musste meiner Meinung nach trotzdem geschrieben werden. Anders als der Titel vermuten lässt, kann man Samaa Habibs* Lebensgeschichte keineswegs auf diese Erfahrung reduzieren. Denn die Christin mit muslimischem Hintergrund lebt ihren Glauben radikal und erlebt eine ganze Bandbreite an Konsequenzen: Inneren Frieden im Bürgerkrieg, übernatürliche Kräfte bei äußeren Angriffen, aber genauso Verfolgung.
Samaa darf entscheiden: Himmel oder Erde
Samaa Habib lebt als jüngste Tochter einer islamischen Familie im Nahen Osten. Als ein Bürgerkrieg über ihr Land hereinbricht, regieren Armut und Gewalt in den Städten. Um sich als Mädchen Angriffen auf der Straße entgegensetzen zu können, besucht sie einen Taekwondo-Kurs. Beim Sporttraining erzählt der Kursleiter frei von seinem christlichen Glauben – trotz muslimischen Umfelds.
Samaa ist fasziniert. Und lässt sich kurzerhand zu einem Gottesdienst einladen. Es herrscht eine liebevolle Atmosphäre in der Kirche. Die warmen Worte des Predigers und die Ruhe, die sie in sich spürt, bewirken, dass sie ihr Leben mit Jesus leben will. Diese Entscheidung hat große Auswirkungen: Sooft sie kann, liest sie in ihrer geschenkten Bibel und besucht Gottesdienste. Außerdem erlebt sie immer wieder ganz praktisch Gottes Eingreifen. Mehrmals wird Samaa von Männern auf der Straße angegriffen. Die junge Christin hat Angst, vergewaltigt zu werden und schreit darum zu Gott. In all diesen Situationen bekommt Samaa übernatürliche Kräfte – sie vergleicht es mit Simson aus der Bibel – und kann sich ihren Angreifern zur Wehr setzen.
Bei einer Explosion in ihrer Kirchengemeinde stirbt Samaa dann. Ihre Seele steigt in den Himmel auf, wo sie Jesus begegnet. Jesus überlässt Samaa die Wahl: Möchte sie bei ihm bleiben oder zurück auf die Erde gehen, um ihrer Familie mehr von ihm zu erzählen? Schließlich glaubt noch nicht ihre gesamte Familie an Jesus. Samaa entschließt sich, zurückzukehren.
Nah und authentisch
Samaas Lebensgeschichte ist fesselnd. Die Ereignisse sind nämlich aus ihrer Perspektive erzählt und bieten Einblick in ihre Gefühls- und Gedankenwelt. Als Samaa ihren Taekwondo-Trainer zum ersten Mal in den Gottesdienst begleitet, beschreibt sie zum Beispiel, wie die Christen auf sie wirken: „Was für eine Freude sie ausstrahlten – wenn ich doch auch so eine Freude hätte! Die Brutalität des Krieges hatte mich in ein Loch von Hoffnungslosigkeit gedrückt – und hier, um mich herum, waren ganz normale Menschen, die genauso viel, ja vielleicht sogar mehr mitgemacht hatten als ich und die sich trotzdem freuen konnten. Ich war fasziniert.“ (Seite 80) Der Leser kann sich darum gut in Samaa hineinversetzen und ihre Eindrücke nachempfinden.
Auf der anderen Seite ist man beeindruckt, wie konsequent Samaa ihre Entscheidungen in die Tat umsetzt. Obwohl sie weiß, dass sie in ihrem Land für ihren Glauben an Jesus verfolgt wird, erzählt sie jedem davon. Ihre Gesprächspartner reagieren selten nachdenklich, sondern meist aggressiv. Dennoch kommt Samaa zu dem Fazit: „Wir hörten nicht auf, den Menschen Jesus zu bringen. Dies hatte seinen Preis, der Verfolgung hieß, aber tief drinnen hatten wir eine Freude und einen Frieden, die nichts erschüttern konnte.“ (S.115) Samaa tritt deswegen als authentisches Vorbild auf, ohne den Leser von „ihren großen Taten“ beeindrucken zu wollen.
Nur ein Höhepunkt?
Leider geben Titel und Erzählstruktur einen klaren Höhepunkt vor: Samaas Nahtoderfahrung. Mit ihrem Sterben beginnt die Geschichte, dann erfolgt eine Rückblende, die chronologisch zu der Explosion führt. Insgesamt macht ihre direkte Begegnung mit Jesus nur einen minimalen Teil der gesamten Schilderung aus. Zum Zeitpunkt dieser Erfahrung lebt Samaa bereits ein kompromissloses Leben als Nachfolgerin Jesu, weshalb der Untertitel „Eine junge Muslimin erlebt den Himmel“ (erste Auflage 2015) Verwirrung stiftet. Ein „Marketingfehler“?
Fazit: Das Buch lässt sich mit seinen 266 Seiten aufgrund der nahezu anhaltenden Spannung in wenigen Tagen komplett durchlesen. Doch das, was das Buch vermittelt, hält länger an: Samaas Geschichte zeigt einen kompromiss- und selbstlosen Lebensstil – und fordert den Leser ebenfalls dazu heraus. Absolut lesenswert!
*Samaa Habib ist ein Pseudonym.
Ihr Kommentar
Kommentare (7)
@ Sabine,
Dass Muslime an Jesus als Propheten glauben, mag sein. Aber sie werden keinen Muslim finden, der anerkennt, dass Jesus Gott ist. Und da trennt sich die Spreu vom Weizen. Jesus war mehr als … mehr"nur" ein Prophet. Und wer das nicht anerkennt, der kann auch keine Gemeinschaft mit Gott haben und wird nicht zu einem Kind Gottes.
Muslim zu sein, bedeutet u.a. sowieso, an alle gesandten Propheten, einschließlich Jesus, zu glauben. Nochmal: Muslime glauben ohnehin schon an Jesus, und das in jedem muslimischen Land der Erde, … mehrdenn es ist grundlegend im Islam an die herabgesandten Bücher und die Propheten, die die Botschaft Gottes brachten, zu glauben. Sie werden keinen Muslim finden, der Jesus als Propheten und Gesandten Gottes leugnet, soweit er seine Religion kennt. Es ist also gar nicht von Nöten, bei einer muslimischen Familie Überzeugungsarbeit zu leisten. Liebe Grüße!
Liebe Brigitte R., aus Sicherheitsgründen wurde hierzu keine Angabe gemacht.
Mich würde interessieren in welchem muslimischen Land Samaa Habib aufgewachsen ist.
Nicht ihre Erfahrung im Himmel, sondern ihr Lebensstil und ihre direkte Beziehung zu Jesus haben dazu geführt, dass ihre Familie sich mit dem Glauben auseinandersetzt. Helfen Ihnen diese Gedanken weiter?
Liebe Sandra, danke für Ihre spannende Frage! Ich sehe zwischen dem Erfahrungsbericht und dem Gleichnis auch ein Spannungsverhältnis, denke aber auch, dass man die Aussagen in Einklang bringen kann. … mehrDas Gleichnis von Lazarus und dem reichen Mann sagt hauptsächlich aus, dass man nach seinem Tod sein Leben nicht mehr verändern und auch Entscheidungen nicht mehr rückgängig machen kann. Deswegen richtet sich das Gleichnis an Menschen, die noch Zeit haben, ihr Leben zu verändern. Über den Fall von Samaa Habib würden Experten sicherlich streiten und auch infrage stellen, ob sie wirklich tot war und das Erlebnis mit Jesus real oder eher eine Prophetie war. Das Buch erzählt die Erlebnisse ausschließlich aus Samaas Perspektive und beschreibt, wie sie die Begegnung mit Jesus empfunden hat.
Ein großer Unterschied zwischen dem reichen Mann und Samaa ist allerdings, dass der reiche Mann keine Beziehung zu Jesus hatte. Samaa erlebte den Himmel und wird irgendwann wieder dorthin zurückkehren - und auch dort bleiben. Ihr Wunsch ist es aber, dass ihre Familie auch in Beziehung zu Jesus tritt. Die Folge aus der Beziehung ist, dass sie dann auch in den Himmel kommen; beim reichen Mann geht es ausschließlich darum, vor der Hölle zu warnen. Und dazu sagt Gott: Selbst wenn ein Toter auf die Erde zurückkehrt, wird das andere Menschen nicht überzeugen. Im Fall von Samaa war das übrigens nicht anders.
es ist sicherlich schön und spannend diese und ähnliche Erfahrungen zu lesen - aber es verwirrt mich sehr. wie ist dann die Geschichte in Lukas 16, 19-31 zu verstehen. da wird ganz deutlich gesagt, … mehrdass kein lebender sich bekehrt, wenn ein Toter ihnen das Evangelium bringt.......ist das Wort Gottes nicht mehr WAHR? ich möchte vieles auf Erden aus der Sicht GOTTES verstehen -es gelingt aber nicht immer, darum möchte ich nüchtern und wachsam bleiben