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20.03.2015 / Porträt / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Christine Keller

Ein ungewöhnliches Bekenntnis

Wieso Joshua Oktay für Jesus einen Burger aß.

„Möchtest du mir beweisen, dass du mir folgen willst?“ Dass eine innere Stimme mit ihm redet, kommt Oktay mittlerweile fast nicht mehr komisch vor. Als er und seine Freundin vor einiger Zeit über eine grüne Ampel gegangen sind, fragte eine gewaltige Stimme Oktay plötzlich, warum er über eine grüne Ampel läuft und nicht rechts und links guckt. Ohne zu überlegen blieb er sofort stehen und hielt seine Freundin zurück. Fast wäre sie von einem Auto erfasst worden. Später fragte ihn dieselbe Stimme: „Wie kann ich dir beweisen, dass ich Jesus bin?“ „Befrei mich von meiner Sucht“, gab Oktay zurück. In den nächsten Tagen hat er kein Verlangen mehr nach Zigaretten und ist frei von seinen Depressionen. Dann stellt Jesus ihm im Gegenzug die Frage, ob Oktay ihm folgen will. Ein ehrliches „ja“ ist seine Antwort.

„Geh zu McDonald’s und iss einen McRib.“ Oktays Augen weiten sich. Er kann nicht glauben, was er da hört. Ernsthaft, Jesus? Kannst du dir nicht irgendetwas anderes einfallen lassen? Sonst würde ich doch alles tun. Oktay fühlt sich innerlich zerrissen. Jesus hat getan, worum Oktay ihn gebeten hat. Sollte er jetzt nicht das tun, worum Jesus ihn bittet? Aber sein ganzes muslimisches Leben lang hat Oktay auf Schweinefleisch verzichtet. Nur schwache Menschen – Menschen zweiter Klasse – essen dieses Fleisch. Soll er, Joshua Oktay – stolzer Kurde, Sohn einer muslimischen Familie – einer von ihnen werden?

Sehnsucht nach einem nahbaren Gott

Oktay erinnert sich, wie er als Kind schon immer mit Gott gesprochen hat. Wie er sich immer wieder mit alltäglichen Kleinigkeiten an ihn gewandt hat. Aber auch, wie er diese Beziehung vor anderen versteckt hat. Im Islam ist es völlig undenkbar, einfach mit Gott zu sprechen. Was glaube ich denn, wer ich bin?! Diese Frage pocht in Oktays Kopf immer wieder, als er älter wird. Warum sollte Gott mir – ausgerechnet mir – antworten? Außerdem ist er doch viel zu weit weg und völlig unnahbar. 

Seine Eltern haben Oktay muslimisch erzogen. Er hat nicht viel von dem Glauben seiner Familie verstanden, aber er ist schon immer da gewesen und gehört einfach dazu. Außerdem ist Oktay Respekt vor seinen Eltern und Familienehre wichtig. Schon früh haben ihm seine Eltern beigebracht: Wer Ehre oder Respekt verliert, verliert gleichzeitig seinen Wert in der Gesellschaft.

Und für den kämpft Oktay hart: Um von anderen respektiert zu werden, verstrickt sich Oktay mit 21 Jahren in Gewalt und Betrug. Als er innerhalb kurzer Zeit fast eine halbe Million Mark verdient, zeigt sich sein Umfeld beeindruckt. Auch sein Vater zollt ihm endlich Respekt. Wie gut sich das anfühlt –  mit 21 Jahren dort anzukommen, wo andere noch nicht einmal mit 40 sind. Doch Oktay lässt eine Frage nicht los: Was denkt Gott darüber? Diese permanente Konfrontation lähmt ihn innerlich.

Sehnsucht nach Vergebung

Quälende Fragen drücken Oktay nieder. Was für einen Sinn hat mein Leben überhaupt? Wozu soll ich noch leben? Er findet keine Antworten, nicht einmal Perspektiven. Den einzigen Ausweg aus diesem unerträglichem Kampf sieht Oktay im Tod. Er will seinem Leben selbst ein Ende setzen. Er möchte nur noch einen letzten Blick auf sein Zimmer – sein Leben – werfen.

Da fällt ihm plötzlich eine kleine Broschüre auf seinem Schreibtisch ins Auge. Irgendjemand in der Fußgängerzone hatte sie ihm vor zwei oder drei Monaten mal in die Hand gedrückt. Oktay weiß nicht mehr, wer und wann es gewesen war. Er weiß nur, dass er sie noch nie aufgeschlagen hat. Jetzt greift er nach ihr und liest sie in Windeseile durch. Er versteht kaum etwas von dem, was er liest. Die Bilder, die Verse – alles kommt ihm fremd vor. Wie aus einer anderen Welt. Auf der letzten Seite befindet sich ein vorformuliertes Gebet, das Jesus direkt anspricht. Das um Vergebung bittet und Jesus in das Herz des Sprechendens einlädt. Oktay hält inne.

Er weiß, dass er Vergebung braucht. Aber Oktay ist Moslem. Oder war Moslem? Jedenfalls ist es für ihn unvorstellbar, Christ zu werden. Auf der anderen Seite hat er schon so viel ausprobiert. Warum es also nicht auch mal mit Jesus versuchen? Obwohl es ihm sehr schwer fällt, betet Oktay das vorformulierte Gebet aus der Broschüre nach. Nach diesem Gebet wird ihm bewusst, dass es Jesus‘ Stimme war, die ihn vor vielen Gefahren bewahrt hat. Später schlendert Oktay durch das Einkaufszentrum in Oberhausen und wird von Jesus aufgefordert, einen McRib zu essen.

Ein öffentliches Bekenntnis

Im Einkaufszentrum setzt Oktay einen Fuß vor den anderen, jeder Schritt bringt ihn ein Stück näher zu seinem Bekenntnis. Er hat sich aber immer noch nicht endgültig entschieden. Als Oktay das goldene M sieht, weiß er, dass Gott ihn prüfen will. Jesus hat Oktay von seiner Schuld befreit, wird Oktay sich trotzdem weiter an die muslimischen Speisevorschriften halten? Er atmet tief durch, möchte einen klaren Gedanken fassen können. Es geht nämlich um weit mehr als Schweinefleisch. Es geht um sein Leben.

Oktay betritt das Restaurant und stellt sich in die Schlange. Er wartet kurz, bis er bestellen kann. „Einen McRib“, sagt Oktay, als er an der Reihe ist und legt einen Zehn-Euro-Schein auf die Theke. Die Kassiererin lächelt freundlich, gibt ihm den Burger und sein Wechselgeld. An seinem Tisch packt Oktay den McRib aus und betrachtet ihn länger. Wartet. Wägt ab. Nach minutenlangen Sekunden beißt er dann in den Burger. Und atmet innerlich auf.


 

Joshua Oktay zu Gast bei "Mensch, Gott!" Teil 1

 
 
Joshua Oktay zu Gast bei "Mensch, Gott!" Teil 2

 

 Christine Keller

Christine Keller

  |  Redakteurin

Hat in der Redaktion von ERF Jess gearbeitet. Ist ansonsten als freie Journalistin auch online und hinter der Kamera unterwegs. Sie hat Hummeln im Hintern, was aber nicht weh tut. Sie liebt es, To-Do-Listen zu schreiben und abzuhaken. Wenn‘s doch mal entspannt sein soll, nimmt sie gern ein gutes Buch zur Hand.

Ihr Kommentar

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Kommentare (2)

Kommentarchen /

Lieber Joshua Oktay,
vielen vielen Dank für Dein mutiges und ehrliches Zeugnis! Es ist wirklich eine Freude zuzuhören wie der HERR Jesus Christus in Deinem Leben gewirkt hat. Und es ist sehr mehr

Elena /

Wow, herzergreifend. Gottes Segen!

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