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17.07.2012 / Kommentar / Lesezeit: ~ 6 min

Autor/-in: Anika Lepski

Wenn der Strom weg ist

Gedanken über unseren Glauben an die Stabilität der Energieversorgung und was uns deswegen aus dem Blick gerät.

Stellen Sie sich einmal vor: Sie stehen auf, taumeln schlaftrunken zur Kaffeemaschine – und dieses blöde Ding will schon wieder nicht gehen! Doch halt – der Knopf leuchtet nicht! Der Stecker ist jedoch drin. Schnell stellen Sie fest, dass auch das Küchenlicht nicht mehr funktioniert. Langsam dämmert es Ihnen: Stromausfall. Kein Kaffee, kein morgendlicher Blick in das Fernsehen oder das Internet, kein Radio. Aber bestimmt betrifft es nur Ihre Straße. Also schnell zur Arbeit, da steht auch eine Kaffeemaschine! Dort angekommen, treffen Sie auf verwirrte Gesichter. Der Strom ist hier ebenfalls weg, womöglich in der ganzen Stadt.

Sie mögen sich in dieser Situation über die Unannehmlichkeiten ärgern oder über die außergewöhnliche Situation ein bisschen freuen. Aber würden Sie glauben, dass der Strom für immer weg ist? Das ist schlicht und einfach unvorstellbar. Aber was wäre, wenn doch…?

Ein unangenehmes Szenario

In unserer westlichen Welt sind wir in einem unglaublich starken Maß auf Energieversorgung angewiesen, ohne uns bewusst zu machen, wie hilflos wir ohne sie sind. Dabei schwebt das Damoklesschwert immer über uns: Atomunfälle wie in Fukushima letztes Jahr, die Energieengpässe im Winter dieses Jahres und die Stromausfälle in den USA Anfang Juli zeigen deutlich, dass der Strom ganz plötzlich weg sein kann. Wir erwarten mit einer unbegründeten Selbstverständlichkeit, dass uns Energie immer zur Verfügung steht – wir glauben an eine Stabilität, die nicht existiert.

Kleiner Tipp: Machen Sie sich doch einmal wieder mit Bäumen und Blumen vertraut! Sammeln Sie zum Beispiel Holunderblüten und setzen Sie einen Sirup an. Oder fahren Sie, wenn Sie Kinder haben, mit diesen auf einen Bauernhof. Ihre Kinder werden Ihnen vermutlich später auch danken, wenn sie nähen und stricken lernen. So können sie ihre beschädigte Kleidung ausbessern, anstatt, wie es manchmal schon gang und gäbe ist, sie durch neue zu ersetzen.

Autoren thematisieren immer wieder die möglichen Folgen eines plötzlichen Lebens ohne Strom. Zwei ältere, bemerkenswert unaufgeregte Romane zu diesem Thema lenken den Blick darauf, wie eine Welt ohne Elektrizität aussehen könnte. Detailliert zeigen sowohl „Malevil“ von Robert Merle als auch „Die Lichtung“ von Jean Hegland auf, wie unser Alltag zum Erliegen kommt, wenn der Strom auf einmal weg bleibt. Erschreckender ist aber zu lesen, was wir aufgrund unserer Lebensweise nicht mehr können und was wertvoll ist: Herstellung von Werkzeugen, Wissen über Heilkräuter und essbare Pflanzen, erste Hilfe mit einfachen Mitteln, Anbau von Nahrung. Diese Aufzählung führt vor Augen, dass es sich dabei keineswegs um Nebensächlichkeiten handelt.

Sollte eines Tages unser übliches Versorgungsnetz zusammenbrechen, steht uns sehr viel Wissen nicht mehr zur Verfügung. Da nützt es nichts, wenn unsere Technologien unglaublich ausgereift sind. Wir könnten keine Werkzeuge mehr herstellen, vermutlich nicht einmal mehr Kleidung, weil unsere Produktion zu sehr in Einzelprozesse zerfallen ist. Wir müssten vieles wieder von Grund auf neu lernen und erfinden.

Die Bücher führen vor allem eines vor: Solche Szenarien tauchen immer aus dem Nichts auf. In den Romanen treffen sie den Menschen unvorbereitet an seiner Schwachstelle, dem völligen Vertrauen auf eine immerwährende Stabilität der Energieversorgung.

Auch andere Aspekte eines stromlosen Lebens sind ernüchternd: Der Rechtsstaat ist im Ausnahmezustand, die Menschen müssen plötzlich um ihr Überleben kämpfen. Zudem ist es erschreckend, wie schnell der Ottonormalbürger zu Gewalt neigt, sobald er annehmen kann, nicht sofort zur Rechenschaft gezogen zu werden, oder er in einer Notlage ist. Denkbar sind solche Beschreibungen durchaus: Als 1977 in New York der Strom ausfiel, kam es zu massiven Plünderungen.1

Aber wie ist die Situation in Deutschland? Bisher waren hauptsächlich Unwetter und in einigen Fällen auch menschliches Versagen Ursachen von Stromausfällen, die in der Regel nie lang andauerten. Da Deutschland inzwischen von Atomenergie und fossiler Energie auf alternative Stromversorgung umstellt, werden wir damit rechnen müssen, dass der Strom öfter einmal ausfällt.2 Zudem rechnen Experten mit der Zunahme der klimabedingten Extremwetterereignisse sowie der Terrorgefahr, was wiederum die Wahrscheinlichkeit von Stromausfällen erhöht.3 Zwar handelt es sich hier nur um Wahrscheinlichkeiten und wir werden in Deutschland auch weiterhin eine stabile Energieversorgung haben, aber vielleicht lässt es uns bewusster werden, wie verletzlich unsere Lebensweise ist. Daher lohnt es sich, darüber nachzudenken, in welcher Abhängigkeit wir uns befinden und wie man dieser entgegenwirken kann.

Folgen unserer Abhängigkeit

Auf eine der Folgen unserer Abhängigkeit möchte ich einen besonderen Blick werfen: Unsere Lebensweise führt dazu, dass wir Gottes Schöpfung nicht mehr kennen.

Die Energieversorgung hat es im großen Stil möglich gemacht, dass alles zu jeder Zeit in jedem Umfang zur Verfügung steht. Zum Beispiel können wir fast das ganze Jahr über Früchte kaufen, unabhängig von den hiesigen Erntezeiten. Verbraucher, die nicht mehr zugleich auch Produzenten sind, wissen kaum noch, wie lang ein Birnbaum oder eine Tomatenstaude brauchen, um Früchte zu tragen. Wenn wir guterhaltenes Holzmöbel gedankenlos in den Sperrmüll geben, denken wir selten daran, wie viel Zeit der Baum benötigt hat, um so groß zu werden, dass er verarbeitet werden konnte.

Auch die Kenntnis von der Vielfalt in der Schöpfung ist uns zumeist verloren gegangen. Oft wissen wir nicht einmal mehr, welchen Baum oder welche Blume wir vor uns haben. Und noch weniger, welche davon man nutzen kann. Auf diese Weise haben wir völlig den Bezug zu unserer Umwelt verloren. Wir kaufen Produkte im Supermarkt, ohne uns dabei bewusst zu machen, woher sie kommen und wie die einzelnen Bestandteile aussehen. Was uns nicht wichtig ist, geben wir auch nicht weiter: Immer weniger Kinder wissen vermutlich, wie z.B. Kamille aussieht, auch wenn sie oft Kamillentee trinken.

Welche schwerwiegenden Folgen unser Unwissen haben kann, sieht man an dem Beispiel der Bienen, deren zahlreiches Sterben für Beunruhigung sorgt. Die fleißigen Honigsammler übernehmen einen Großteil der Bestäubung der Pflanzen. Und wenn ihre Lebensräume bedroht sind, wie es bei der Wildbiene der Fall ist, wirkt sich das auch unmittelbar auf Ernteergebnisse aus.4 Da die meisten Menschen sich nicht mehr selbst versorgen müssen, ist die Bedeutung der Bienen für unsere Nahrungsproduktion aber kaum noch bekannt. Blumen werden durch Rasen ersetzt, Bäume gefällt, weil man das Obst sowieso und viel einfacher im Supermarkt bekommt – und den Bienen geht die Nahrung aus. Uns fehlt das Verständnis für das Ganze.

Gottes Schöpfung neu kennenlernen

Auch wenn die Selbstversorger von der Gesellschaft gern mit einem lächelnden Blick bedacht werden, machen sie es im Grunde richtig. Sie lernen, selbstständig zu sein. Und vor allem haben sie wieder einen Blick für die reichhaltige Natur.

Macht viel Arbeit, ist aber sehr lecker: Apfelkuchen mit Äpfeln aus den heimischen Gärten. (Bild: 13dede / sxc.hu)

Ich glaube nicht, dass es Gottes Wunsch ist, dass wir nun alle Wähler der Grünen oder Ökobauern werden. Doch ein gesundes Wissen über die Welt, in der wir leben und in die uns Gott gesetzt hat, würde uns gut tun. Dann würden wir auch ein Gespür für Gottes Kreativität bekommen. Uns würde aufgehen, dass wir nicht von der Nahrungsmittelindustrie, sondern von Gott abhängig sind, und wie reichhaltig er uns beschenkt hat.

Wir müssen wieder neu lernen, wo das, was wir essen, herkommt und wie lange es braucht, um zu wachsen. Oder dass unsere Bequemlichkeit nicht immer das Beste für unsere Umwelt ist. Wir müssen auch überdenken, an welchen Stellen wir von Strom so abhängig geworden sind, dass ein Stromausfall fatale Folgen hätte. Auch wenn es vermutlich nicht möglich ist, ein ganzes Land zum Umdenken zu bringen: es fängt stets im Kleinen an.

 

Internet und Strom sind auch ein Segen, wenn man schnell und kostenlos an Informationen kommen möchte, daher an dieser Stelle eine kleine Linksammlung:

Wie man eine Wiese bienenfreundlich anlegt.

Eine Seite, auf der man Pflanzen bestimmen kann.

Eine Baumbestimmungsseite.

Was man tun kann, um die Natur zu schonen. [pdf]

 

Ihr Kommentar

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Kommentare (6)

Jaques L. /

Ich kann mich dem Kommentar von Friedrich nur anschließen. Nahezu alle Grünen der ersten Generation - Trittin, Künast, Roth, Kretschmann etc. - waren Mitglieder im Kommunistischen Bund mehr

jens /

Vielen Dank für diesen Artikel. Ja, leider ist es so, dass wir heute immer mehr abhängig von vielen techn. Dingen sind. z.B. kein Strom keine Scannerkasse im Discounter = kein Einkauf !!
Setzen wir mehr

Anika Lepski /

@Friedrich - bitte schieben Sie mich nicht in die Ecke der Grünen. ;)
Der Hauptgedanke des Textes ist das Bewusstmachen unseres Unwissens von dem, was uns umgibt. Den Anstoß für diese Gedanken gab mehr

Friedrich /

danke für Ihren sehr guten Kommentar.
Noch besser wäre, wenn Sie Pateipolitk weglassen. Die "Grünen" sind nicht ausschließlich umweltbewußt. Unter dem Deckmantel "Grün" werden gewaltsame Eingriffe mehr

marlene l. /

Liebe Geschwister vom ERF,
herzlichen Dank für diesen Beitrag, es begeistert mich, wie umfassend hier wertvolle Bildungsarbeit mit Hinweis auf den Schöpfer aller Dinge geleistet wird.
Der Beitrag mehr

Roesger /

Für das Essen sich ZEIT nehmen. Ruhig mal nachdenken beim Kauen was ist in dem Lebensmittel enthalten: Wasser, Sonne, Erde, Mond, Wind, Arbeit etc. Man bekonnt eine andere Einstellung. In der Tat: mehr

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