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Werte: Wegweiser des Lebens

Glaubens-FAQ / Lesezeit: ~ 10 min

Autor/-in: Markus Dörr

Werte: Wegweiser des Lebens

Jeder lebt nach bestimmten Grundsätzen. Welche sind wirklich gut? Christliche Werte helfen, auf Gottes Weg zu bleiben. Auch bei schweren Entscheidungen.


„Der Triple-Test war bedenklich ausgefallen. Der Frauenarzt riet zu einer Fruchtwasseruntersuchung: Sie müssen natürlich nicht - wenn Sie es darauf ankommen lassen wollen…“1 Es ging um die Möglichkeit, ein behindertes Kind gezeugt zu haben. Der Widerstand gegen die vorher aus moralischen Gründen abgelehnte Pränataldiagnostik war kurz. Doch die Frage blieb: „Habe ich als Vater nicht schon beim ersten schweren Test versagt?“

Dieses Beispiel aus dem Buch „Hauptsache gesund?“ von Hille Haker zeigt, dass uns knifflige, ethische Fragen ganz persönlich betreffen können. Abtreibung, Gentechnik oder Präimplantationsdiagnostik sind keine abstrakten Themen für Ethikkommissionen aus Politikern, Theologen und Wissenschaftlern. Sie können ganz plötzlich in unserem Leben aktuell werden. Wie agieren wir dann? Welche Maßstäbe legen wir an?

In solchen Situationen ist es wichtig, sich über sein eigenes Wertesystem im Klaren zu sein. Welche Werte unsere Gedanken bestimmen, beeinflusst maßgeblich unsere Entscheidungen. Doch haben diese Werte wirklich Bestand und sind sie tragfähig? Oft genug sind wir überfordert, werden von Gefühlen beherrscht oder können nicht klar denken - beispielsweise bei einer ungeplanten und ungewollten Schwangerschaft. Deshalb lohnt es sich, über ethische Fragen nachzudenken, auch wenn sie momentan nicht relevant erscheinen.
 

Ethik – Was ist das?

Ethik fragt nach den moralischen, philosophischen oder theologischen Grundsätzen, die unser Leben bestimmen. Letztlich geht es darum, wie man in den Prüfungen und Herausforderungen des Lebens zu guten Entscheidungen kommt. Ethik will einerseits den Menschen in seiner jeweiligen Situation verstehen und ihm andererseits hilfreiche Handlungsanweisungen geben.

Grundlage ethischen Denkens und Handelns sind unsere Werte. Als Werte bezeichnen wir innere Maßstäbe und Überzeugungen, die uns eine Orientierung geben und das Ziel vorgeben. Werte sind wichtige Wegweiser. Wenn wir wissen, was uns etwas „wert“ ist, haben wir auch mehr Verständnis für andere und deren Einstellungen. Werte schenken uns notwendige Selbstsicherheit, Glaubwürdigkeit und Verantwortungsbewusstsein.

Jeder hat solche Werte. Häufig sind sie Produkt unserer Erziehung oder Herkunft. So übernehmen wir das Streben nach Anstand, Selbstständigkeit oder Gerechtigkeit oft von unseren Eltern. Auch Vorbilder haben Einfluss – das können ganz unterschiedliche Personen ein, zum Beispiel der Dalai Lama, Franz Beckenbauer, für manche sogar Dieter Bohlen.
 

Was sind christliche Werte?

Für Christen ist Jesus das große Vorbild, er steht an erster Stelle. Also fragen sie auch, welche Werte Jesus gepredigt und vorgelebt hat, und bemühen sich, danach zu leben.

Die Fundgrube dieser christlichen Werte ist die Bibel. Darin entdecken wir Gottes Richtlinien für uns. Das sind keine abstrakten Gesetze, sondern Hilfen, die Leben ermöglichen. Gott als unser Schöpfer des Lebens weiß, was gut für uns ist.

Klar wird das beim Lügen. Das hat bekanntlich sprichwörtlich kurze Beine. Über kurz oder lang kommt die Wahrheit meistens ans Licht. Dann aber habe ich oft Vertrauen verletzt, Beziehungen aufs Spiel gesetzt und mich in Widersprüche und Schuld verstrickt. Davor will Gott mich schützen und formuliert neben dem Gebot, nicht zu lügen (2. Mose 20,16), neun weitere gute Vorgaben: die zehn Gebote.

Sie begründen die bekanntesten christlichen Werte. Darin enthalten sind einerseits Regeln für die Beziehung zu Gott, etwa das erste Gebot: „Du sollst keine anderen Götter haben neben mir“ (2. Mose 20,3). Andererseits zielen die Gebote auch auf zwischenmenschliche Beziehungen ab, wenn es beispielsweise heißt: „Du sollst nicht ehebrechen“ (2. Mose 20,14).

Gott liebt uns. Deshalb will er, dass es uns gut geht und wir gerade auch in unseren Beziehungen glücklich werden. Er hat sich daher unter anderem die Ehe als Schutzraum für die Verbindung zwischen Mann und Frau ausgedacht. Darin können wir Gottes Geschenk der Sexualität ausleben.

Doch was passiert, wenn wir das nicht tun? Ein Grundpfeiler jeder Beziehung ist Vertrauen. Wenn dieses Vertrauen durch einen Ehebruch untergraben wird, dann steht auch die Beziehung auf wackligen Beinen. Das Resultat ist oft genug: Scheidung, Streit und ein großer Scherbenhaufen.

Gott weiß das und rät uns daher, nicht ehezubrechen. Denn es geht ihm eben nicht um Regeln für eine idealisierte Scheinwelt. Stattdessen handelt es sich um „Ausführungsbestimmungen der Liebe.“2  Die Gebote sind also vom Grundgedanken her keine Verbotsschilder, sondern Leitplanken für unser Leben. Wenn wir sie beachten, schützen wir wichtige Güter, wie die Ehe, das Leben anderer oder das Eigentum.

Doch nicht nur die zehn Gebote formulieren christliche Werte. Jesus selbst bestätigt in der Bergpredigt (Matthäus 5 - 7) die grundlegende Gültigkeit der Gebote und erklärt: „Ich bin nicht gekommen [sie] aufzulösen, sondern zu erfüllen“ (Matthäus 5,17).

So fordert er uns auf, zum Salz der Erde und zum Licht der Welt zu werden (Matthäus 5,13-17). In der Welt sollen Christen mittendrin sein statt nur dabei. An ihrem Verhalten nach Gottes Geboten soll deutlich werden, dass sie Christen sind und zum Teil nach anderen Wertmaßstäben leben. Ein Beispiel dafür ist der besondere Blick für die Schwachen und Ausgebeuteten unserer Gesellschaft. Genau wie Jesus es getan hat, sollten sich gerade Christen um Obdachlose, Prostituierte oder Kranke kümmern.

Jesus geht aber noch einen Schritt weiter. Er spitzt die christlichen Werte so zu, dass letztlich einzig die Liebe entscheidend ist. Denn sie ist es, die alle Gebote bündelt: „Das höchste Gebot ist das: »Höre, Israel, der Herr, unser Gott, ist der Herr allein, und du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele, von ganzem Gemüt und von allen deinen Kräften«. Das andere ist dies: »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst« Es ist kein anderes Gebot größer als diese“ (Markus 12,29-31).

In diesen Bibelversen formuliert Jesus das Doppelgebot der Liebe. Die Liebe zu Gott und den Menschen ist der Schlüssel und die Basis christlicher Werte. Sie erklärt das Ziel christlicher Ethik: Alle Menschen sollen in Liebe zu Gott und zu den Mitmenschen leben. Wer das tut, der wird auch alle anderen Gebote leichter erfüllen.
 

Wie handle ich ethisch richtig?

So schön das alles klingt, so schwierig ist allerdings oft die Umsetzung im Alltag. Jeden Tag erleben wir Situationen, in denen wir Entscheidungen treffen müssen. Schon der tägliche Einkauf kann zu einer ethischen Herausforderung werden, etwa bei der Frage, welchen Kaffee ich kaufe - den günstigen aus dem Discounter oder doch den ein wenig teureren, fair gehandelten? Steht dazu etwas in der Bibel? Wie verhalte ich mich richtig? Vier entscheidende Tipps, es herauszufinden.
 

Die Bibel als Grundlage christlicher Werte

Die Bibel ist die Grundlage christlicher Werte. Gott gibt darin Hinweise für richtiges Handeln - mal mahnend, mal werbend, mal durch Gleichnisse. So fordert der Prophet Amos etwa unter Strafandrohung im Namen Gottes die Israeliten dazu auf, die Armen nicht auszubeuten, sondern sie wert zu schätzen (Amos 5,11).

Darüber hinaus spricht sie sehr direkt Konfliktsituationen an, in die wir gerade bei ethischen Fragen kommen. So wird klar, dass Handeln nach Werten nicht einfach ist. Das zeigt besonders die Geschichte von Rahab (Josua 2,1-22). Sie spielt direkt nach der Wüstenwanderung der Israeliten.

Rahab belügt den König von Jericho. Sie erzählt ihm, dass Israels Kundschafter schon fort sind. Sie lügt, um diese vor dem sicheren Tod zu beschützen. Im Neuen Testament wird Rahab für ihr Verhalten gelobt (Jakobus 2,25), obwohl sie gegen Gottes Gebot verstoßen hat.

Die Bibel beschreibt damit einen klassischen ethischen Konflikt: Hätte Rahab nicht gelogen, wäre sie schuldig geworden am Tod der Kundschafter. Es ging um die Frage von Leben und Tod. Sie hat abgewogen und in ihrem Fall dem Leben der Kundschafter den Vorrang gegeben. Das Leben der Kundschafter wog für sie schwerer als ihre weiße Weste. Damit hat sie eine Möglichkeit vorgemacht, wie man in einem ethischen Konflikt handeln kann.

Doch nicht immer ist der ethische Konflikt so leicht zu lösen. Er erfordert immer wieder neues Abwägen der betreffenden Gebote, der beteiligten Personen und den jeweiligen Umständen. So kann auch gerade das Gegenteil von Rahabs Lösung richtig sein, wie eine Begebenheit aus dem Leben von Corrie ten Boom deutlich macht. Ihre Familie versteckte während der deutschen Besatzung ab 1940 Juden und Widerstandskämpfer in ihrem Haus. Bei einer überraschenden Razzia hatten zwei Gesuchte nur noch Zeit, in ein Versteck unter dem Esstisch zu kriechen. Als die Soldaten fragten, wo sich die Personen versteckten, antworteten die Anwesenden wahrheitsgemäß: „Unter dem Tisch.“ Die Soldaten fühlten sich verschaukelt und schauten erst gar nicht gründlich unter dem Tisch nach.

So wird deutlich, dass Gott nicht nach Schema F handelt und auch nicht möchte, dass Christen schablonenhaft vorgehen, sondern ihn in die Entscheidung miteinbeziehen.
 

Lerne Vertrauen

Deshalb ist gerade in der Ethik das Vertrauen in Gott und das Wirken seines Heiligen Geistes von Bedeutung. Zum Beispiel bei Anweisungen, die ich nicht verstehe oder bei denen es schwer fällt, sie zu befolgen. Das beste Beispiel ist das vierte Gebot: „Du sollst Vater und Mutter ehren“ (2. Mose 20,12). Was ist, wenn ich gerade in der Beziehung zu meinem Vater schwere Verletzungen erlebt habe? Wie kann ich dieses Gebot dann halten?

Das geht nur, wenn ich verstehe, dass es Gottes Wille ist und er als allmächtiger Gott die Dinge besser überschauen kann. Wenn ich gegen seine Gebote verstoße, trennt mich das von ihm. Er will nicht, dass wir unter Verletzungen, Schuld und ungesunden Beziehungen leiden. Deswegen ermutigt er uns, seine Ratschläge zu beherzigen. So können wir frei werden von Schuld und so ist auch der Weg zur Versöhnung möglich. Selbst beim eigenen Vater.
 

Vernunft und Gewissen

ie Bibel liefert nicht alle Antworten auf alle Fragen, die uns bewegen. Zum Beispiel steht in der Heiligen Schrift kein Wort über das Rauchen: Es wird nicht verboten, es wird nicht erlaubt, die Bibel erwähnt es mit keiner Silbe.

Klar: Rauchen schadet uns und unseren Mitmenschen. Weil ich nicht unsozial und ungesund leben will, lehne ich es logischerweise auch ab. Aber aus der Bibel allein, werden wir nicht schlauer. Ich muss meine Vernunft, Erfahrungswerte, Tradition und mein Gewissen einschalten.

Die Bibel ist voll von Geschichten und Erzählungen, in denen Menschen ihren Verstand gebraucht haben - etwa, wenn Jesus davon erzählt, dass jeder sein Schaf auch am Sabbat aus der Grube ziehen würde und deshalb auch Menschen am Sabbat geholfen werden darf. (Matthäus 12,11–12) Gott hat uns bewusst mit unserem Verstand erschaffen (Sprüche 20,27). Er will, dass wir ihn nutzen. Und ihn von Gott selbst prägen lassen.

Genauso verhält es sich mit unserem Gewissen. Es kann eine wichtige Warnlampe für uns sein. Wir sollten es nicht ignorieren, sondern bewusst in unsere Entscheidungen einbinden. Natürlich sind Verstand und Gewissen letztlich Teil unserer menschlichen Natur und damit unbeständig und manchmal irreführend. Sie brauchen die Korrektur. Sie werden durch unsere Schuld sowie Verletzungen beeinflusst.

Deshalb sind sie immer persönlich geprägt. Also dürfen wir nicht vergessen, unser Handeln vor allem an Gottes Gesetz auszurichten, das unabhängig von unseren Erfahrungen ewigen Bestand hat.
 

Lass dich verändern

Der dritte wichtige Punkt, ethisch richtig zu handeln, ist die Veränderung durch den Heiligen Geist. Denn oft erkennt man, was richtig ist. Die Umsetzung ist aber trotzdem schwierig.

Beispiel Pornos: Die Bibel verurteilt es eindeutig, eine Frau anzusehen, um sie zu begehren (Matthäus 5,28). Trotzdem gaben auf einem christlichen Männertreffen in den USA 71 Prozent der Teilnehmer an, Probleme mit ihrer Sexualität zu haben, indem sie regelmäßig im Internet und im Fernsehen Sex konsumieren.3 Gibt es einen Ausweg aus dieser Zwickmühle – zu wissen, dass etwas schlecht ist, es aber trotzdem immer wieder zu tun?

Hierzu ist es wichtig, Paulus richtig zu verstehen. Er erklärt im Römerbrief, dass Gottes Gebote für sich allein nicht die Kraft haben, uns zu verändern. Christen brauchen die Hilfe des Heiligen Geists. Nur er hat die Macht, uns zu Menschen zu machen, die die Gebote halten können: „So kann sich nun in unserem Leben die Gerechtigkeit verwirklichen, die das Gesetz fordert, und zwar dadurch, dass wir uns vom Geist Gottes bestimmen lassen und nicht mehr von unserer eigenen Natur“ (Römer 8,4).

Um die verändernde Kraft des Heiligen Geistes kann ich bitten. Wenn ich dann noch offen für Veränderung bin, wird er in mir wirken. Durch ihn kann ich es schaffen, die Werte, die ich als richtig erkannt habe, auch wirklich zu leben.
 

Werte lohnen sich

Dietrich Bonhoeffer hat in seiner „Ethik“ geschrieben: „In der ethischen Entscheidung werden wir in die tiefste Einsamkeit geführt.“ Er hatte begriffen, wie schwierig, problematisch und folgenreich bewusstes Eintreten für Werte oft ist. Trotzdem hat auch Roy Edward Disney Recht, der Neffe des berühmten Walt Disney. Er sagte: „Es ist nicht schwierig, Entscheidungen zu treffen, wenn man seine Werte kennt.“ Er macht damit deutlich: Das Ringen um Werte, die in schwierigen Entscheidungen tragen, lohnt sich.

1 Vgl. Buchrezension Haker, Hille: Hauptsache gesund? in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 27.06.2011, Nr. 146, S. 30.
2 Schirrmacher, Thomas: Ethik. Band 2. Das Gesetz der Liebe. Der Bund zwischen Gott und Mensch, 3. Auflage, Hamburg / Nürnberg: Hänssler-Verlag 2002, S. 160.
3 Vgl. Umgang mit Pornographie - ein Tabu? in: http://www.glaube.de/artikel/thema/7842a4a701//umgang_mit_pornographie_ein_tabu.html (Zugriff: 17.06.2015)