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/ Wort zum Tag

„Vor Gott wie ein Lamm, vor den Menschen ein Löwe!“

Hartmut Bärend über Jakobus 4,10.

Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.

Jakobus 4,10

„Vor Gott wie ein Lamm, vor den Menschen ein Löwe“, sagte mir vor Jahren eine ältere Frau. Sie wollte damit offensichtlich ihr Lebensmotto beschreiben. Ich kannte sie zwar erst seit kurzem, aber ich konnte schnell verstehen, warum sie auf so ein Wort gekommen war. Sie hatte viel durchgemacht.  Mitten im 2. Weltkrieg hatte sie in noch ganz jungen Jahren ihren Mann verloren. Seitdem musste sie sich weithin allein durchs Leben kämpfen. Das war ihr offensichtlich gelungen, aber sie strahlte eine große Härte aus.

Diese Frau teilt das Leid und Los vieler Frauen, die bedingt durch die Kriegswirren schon in jungen Jahren ihren Mann verloren haben. Meine Mutter hat Ähnliches erlebt und meine Geschwister und mich allein großziehen müssen. Trotzdem hatte und habe ich Mühe mit diesem Wort. Meine Mutter hätte es wohl auch nie gebraucht. „Vor Gott wie ein Lamm, vor den Menschen ein Löwe“, das klingt irgendwie extrem. Das würde ja bedeuten, dass das Leben dann nur noch ein einziger bitterer Existenzkampf wäre, in dem - Stichwort Löwe – es auch auf Kosten anderer gehen kann. Und vor Gott wie ein Lamm? Damit würde ja entfallen, was sich eben auch durch die Bibel zieht: Dass Menschen auch mit Gott ringen und oft die Warum-Frage stellen. Das tut ein Lamm nicht.

Aber trotzdem, ich stehe mit Achtung vor der Lebensleistung dieser Frau und finde es eindrucksvoll, dass sie eine Art Lebensmotto für sich gefunden hat. Und nicht nur das: Sie hat für sich klargestellt, dass es nicht nur darum gehen kann, irgendwie durchs Leben zu kommen. Nein, ihr ist bewusst, dass es im Leben immer auch  um die Beziehung zu dem lebendigen Gott geht.

Nun macht mich ein Bibelwort nachdenklich. Ob die Frau mit dem „Vor Gott wie ein Lamm“ doch irgendwie recht hat? An einer Stelle im Neuen Testament lese ich, und es ist offensichtlich als Aufforderung gemeint: „Demütigt euch vor dem Herrn, so wird er euch erhöhen.“ Also doch, sich vor Gott ganz klein machen und damit etwas tun, was ihm gefällt, ja, was sich dann einmal auszahlen wird?

Aber dann habe ich mich gefragt, was denn hier wohl mit Demut gemeint ist. Hat Demut mit Unterwürfigkeit zu tun? Das habe ich lange geglaubt, aber das tue ich heute nicht mehr. Denn das deutsche Grundwort für „Demut“ stammt aus der Wurzel „diu-mut“, und das heißt „Mut zum Dienen“. Es hat nichts mit Kriecherei zu tun, mit schweigender Duldsamkeit, sondern mit aktiver und mündiger Dienstbereitschaft. „Demütigt euch vor dem Herrn“ heißt so viel wie „Dient dem Herrn“ und ihm allein. Jochen Klepper hat in einem seiner Lieder wunderbar zum Ausdruck gebracht, was hier gemeint ist. In „Er weckt mich alle Morgen“ heißt es in Vers 4: „Er – gemeint ist Gott - ist mir täglich nahe und spricht mich selbst gerecht. Was ich von ihm empfahe, gibt sonst kein Herr dem Knecht. Wie wohl hat´s hier der Sklave, der Herr hält sich bereit, dass er ihn aus dem Schlafe zu seinem Dienst geleit.“

„Vor Gott wie ein Lamm“, - ja, wenn ich zuerst auf den Hirten schaue, wie Klepper das tut. Gott selbst ist es, der mich ruft. Er gibt die nötige Kraft. Er vergibt, wo ich gefehlt habe. Er lässt mir Zeit, mich auszuschlafen. Er begleitet mich in seinen Dienst. Dann, ja dann wird mein Dienst eine rechte Freude! Damit kann ich Demut ganz neu verstehen.

Natürlich stimmt auch das andere. Viele Menschen sind heute nicht mehr bereit zu dienen. Sie wollen das schnelle Geld, Wohlstand, Unabhängigkeit. Auf Dauer bringt das aber keine Befriedigung, weil es ein Leben ohne Gott und letztlich total egoistisch ist. Damit bin ich wieder bei der tapferen Frau vom Anfang. Lamm hin oder her, jedenfalls ist sie Gott treu geblieben und steht in seinem Dienst. Das bleibt ihr Ehrenzeichen.

 

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Kommentare (1)

Imre A. /

Danke, Herr Bärend