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Krippe und Kreuz

Peter W. Henning über Apostelgeschichte 7,59-60.

Stephanus rief den Herrn an und sprach: Herr Jesus, nimm meinen Geist auf! Er fiel auf die Knie und schrie laut: Herr, rechne ihnen diese Sünde nicht an!

Apostelgeschichte 7,59–60

Heute ist Stephanstag, und das Tageswort [Apg7,59-60] erinnert uns daran:

«Stephanus rief den HERRN an und sprach: HERR Jesus, nimm meinen Geist auf! Und er fiel auf die Knie und schrie laut: HERR, rechne ihnen diese Sünde nicht an!»

Am zweiten Weihnachtstag an die Steinigung von Stephanus erinnert zu werden, ist ziemlich krass und ungewöhnlich: Karfreitagsstimmung unter dem Christbaum?

Faktum ist: Heute des ersten Märtyrers der Kirche zu gedenken, gehört in vielen Gegenden jedoch immer noch zum traditionellen Brauchtum.

Denn der Stephanstag wird in der Kirche bereits seit dem 4. Jahrhundert begangen. Anfangs war er sogar bedeutsamer als die weihnachtliche Feier der Christgeburt.

Das macht neugierig, warum das so war und sich bis heute erhalten hat.

Stephanus war von der jungen christlichen Gemeinde in Jerusalem zum Diakon berufen worden. Schon kurz danach wird er angeklagt. Seine Verteidigungsrede wird abrupt gestoppt und er wird gesteinigt. Wie sein Meister und Herr Jesus vor Monaten legt er sein Leben in Gottes Hand.

Da stirbt unter dem offenen Himmel ein hoffnungsvoller junger Mann:

Stephanus war in der jüdischen Diaspora aufgewachsen. In der ägyptischen Hafenstadt und Kulturmetropole Alexandria hatte er eine hervorragende Bildung genossen. In seiner Rede beweist er sein breites Allgemeinwissen, er weist auf historische und theologische Zusammenhänge hin.

Aber genau diese hellenistisch-jüdische Gelehrsamkeit reizt viele Juden zum Widerspruch. Noch während Stephanus redet und aufzeigt, warum Jesus gekreuzigt wurde, steigern sie sich in Rage und schreien wie Monate zuvor schon einmal im Gerichtshof des Pilatus: «Weg, weg mit ihm!»

Es kommt zur spontanen Steinigung – ohne Verurteilung und Zustimmung der römischen Justiz.

300 Jahre später hat die alte Kirche diesen Lynchmord mit der Feier der Christgeburt verbunden? Warum tat sie das?

Noch war die Erinnerung an die Rechtsunsicherheit im Römischen Reich lebendig, in der sie bis 313 leben musste. Es gab viele staatliche Verfolgungen, regionale Pogrome, Diskriminierungen, Verbannungen und Nachteile. Der Blutzoll war zweitweise sehr hoch. In diesen Zeiten war der Zusammenhang von Krippe und Kreuz, von messianischer Glaubensfreude und irdischer Anfechtung Alltag.

Denn mit der Geburt Jesu kommt Gott in unsere Welt und bleibt in ihr durch seine Kirche. Sie ist inzwischen eine weltweite Gemeinschaft der Nachfolger Christi geworden.

So wunderbar das für unzählige Menschen war und ist, so traurig sind die Verfolgungen bis heute. Gottes Gegenwart stört die kleinen und grossen Machthaber, Diktatoren, Autokraten und Egoisten. Deswegen werden Christen weltweit – wie Stephanus – denunziert, verhaftet, geplagt und hingerichtet.

Krippe und Kreuz – seit Jesu Kommen leben Christen in dieser Realität. Genau das hat die alte Kirche im liturgischen Kalender regelmässig thematisieren wollen.

Aber warum ausgerechnet am «schönsten Fest des Jahres»?

Weil Christus uns den Himmel, also die ewige Welt Gottes geöffnet hat. Das erfahren die Märtyrer aller Zeiten ähnlich wie Stephanus: Im Schmerz der Anfechtung plötzlich dieser Blick über den Horizont hinaus, diese überirdische Hoffnung auf ungetrübte Gemeinschaft mit dem dreifaltigen Gott! Da enthüllt sich das wahre und wirkliche Weihnachtsgeschenk: GOTT SELBST!

Ich meine: Dieser Ausblick stört mitnichten unsere Weihnachtsfreude, sondern weitet sie aus zur Ewigkeit. Denn GOTT spricht:

«Ich bin das A und O, der Anfang und das Ende, der da ist und der da war und der da kommt, der Allmächtige! Fürchte dich deshalb nicht!» [Offbg1,8.17].

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