/ Bibel heute
Die Wegführung von König und Volk
Der Bibeltext Hesekiel 12,1-16 – ausgelegt von Christiane Stock.
Und des HERRN Wort geschah zu mir: Du Menschenkind, du wohnst in einem Haus des Widerspruchs; sie haben Augen zu sehen und sehen nicht, und Ohren zu hören und hören nicht; denn sie sind ein Haus des Widerspruchs. Du aber, Menschenkind, pack dir Sachen wie für die Verbannung und zieh am hellen Tage fort vor ihren Augen. Von deinem Ort sollst du ziehen an einen andern Ort vor ihren Augen; vielleicht sehen sie es. Denn sie sind ein Haus des Widerspruchs.[...]
Wer ist Hesekiel eigentlich? Er ist der Sohn eines Priesters. Sein Name ist Busi. Hesekiel bedeutet: Gott stärkt. Charakteristisch für Hesekiel ist, dass er Gottes Worte vor allem in Visionen empfängt. Diese gibt er in Gleichnissen und Sinnbildern weiter. Diese Bilder sind für uns heute oft schwer zu verstehen und doch sind Hesekiels Lehren klar und haben einen großen Wert.
Der Text ist eine Ankündigung von Gottes Gericht an seinem Volk Israel. Das kann zutiefst erschrecken, weil wir es mit einem Blick in eine schreckliche Zukunft zu tun haben. Doch wichtig ist es hier den Gesamtzusammenhang der Bibel in den Blick zu nehmen. Dann merke ich, dass Gottes Gericht nicht die Zerstörung will, sondern letztendlich auf einen Neuanfang mit Israel zielt. So tief das Volk Gottes auf seinen sündigen Wegen gefallen ist, so unzerstörbar ist Gottes Liebe zu seinem Volk. Die Verheißungen, die im Buch Hesekiel offenbart werden, finden ihre letzte Erfüllung erst im neuen Bund.
Ich lese im neuen Testament wie Gott seinen Sohn Jesus in diese von Sünde gequälte Welt sendet, um uns für ein Leben mit ihm zu befreien. Mit der Sendung des Heiligen Geistes ist er in jedem Gläubigen gegenwärtig. Ich staune immer wieder über dieses Geschenk und diese mögliche Verbundenheit mit Gott. So sind wir heute in der Zeitgeschichte sehr viel weiter als Hesekiel damals. Christen glauben und erwarten Jesu Wiederkunft. Diese steht noch aus, aber er hat es gesagt. Er hält seine Worte. Angefangen von den Prophetien damals bis heute in unsere Zeit. Auf ihn ist Verlass.
Es geht im Leben darum, Gott zu erkennen und anzuerkennen, dass er der Herr ist. Das lese ich in Vers 16 „Sie sollen erkennen, dass ich der Herr bin!“ Nun stellt sich die Frage, wie ich mich verhalten kann, um zu einer Gotteserkenntnis zu gelangen. Eine Antwort finde ich im ersten Vers. Gott spricht Hesekiel nicht mit seinem Namen an, sondern sagt: „Du Menschenkind.“ In der Übertragung „Hoffnung für alle“ heißt es: „Sterblicher Mensch!“ Unser Leben ist begrenzt und endlich. Es ist egal, wie ich das finde. Als Mensch habe ich einen Anfang und ein Ende. In der Zwischenzeit wollen viele Menschen etwas Wesentliches und Sinnvolles tun und erleben. Gottes Anliegen ist es, unseren Horizont zu weiten. Er möchte uns mit seinem göttlichen Blick auf unser Leben beschenken. Sein Ziel ist es, das Leben nach dem Tod mit seinen Menschenkindern zu verbringen. Er will die ewige, vollkommene Gemeinschaft mit uns. Das kann schon hier beginnen, weil er sich für seine Menschen interessiert und sie gerne schon in diesem Leben begleiten möchte.
Hesekiel lebt in einem widerspenstigen Volk, dass sich nicht verändern will. Sie sehen und hören nichts Wesentliches. Gegen Gott lehnen sie sich auf. Warum eigentlich? Hesekiel schmerzt das und Gott auch. Hesekiel und Gott teilen ein Herzensanliegen. Gott sucht einen Weg, sein Volk zu gewinnen und beauftragt Hesekiel, sich ein Bündel wie ein Flüchtling zu packen, und sich am helllichten Tag auf den Weg zu machen. Gottes große Hoffnung ist, dass seinem Volk die Augen aufgehen und sie verstehen, was er ihnen sagen will. Alle sollen zuschauen. Hesekiel soll in seine Hauswand einbrechen und sich hindurchzwängen. Sinnbildlich steht die Mauer seines Hauses für die Zerstörung der Stadtmauer. Am Abend soll er dann sein Gesicht verhüllen und in der Dunkelheit verschwinden. Das verhüllte Gesicht zeigt die Schande und das Leid der Besiegten. Diese Zeichen sollen dem Volk Israel vor Augen führen, was sie in der Zukunft erwartet. Gottes Hoffnung ist, dass sie sich ihm wieder zuwenden.
Hesekiel nimmt den Auftrag an. Er handelt so, wie Gott es ihm aufträgt. Manchmal sind Gottes Aufträge sonderbar, schwer und kaum zu verstehen. Ich frage mich manchmal, was schwerer ist: Einen aus menschlicher Sicht unmöglichen Auftrag von Gott anzunehmen, ihn so gut es geht auszuführen, oder ihn abzulehnen und nie zu wissen, was Gott bewirken will. Ich kenne in meinem Leben Situationen, in denen ich einen hohen Preis gezahlt habe, um Gottes Weg zu gehen. Bereut habe ich es nie.
Ich bin so froh, dass wir in der Zeitgeschichte wesentlich weiter sind und ich mit Jesus verbunden sein kann. Oft erlebe ich, wie mich der Heilige Geist leitet. Er überrascht mich mit Ideen, die ich umsetzen kann, um meinen Mitmenschen etwas Gutes zu tun. Er schafft Möglichkeiten, die ich nicht in Betracht gezogen hätte, um mich weiterzuentwickeln. In Gesprächen habe ich manchmal Worte und Gedanken, bei denen ich ganz stark merke, dass das nicht aus mir heraus kommt, sondern ein so wertvolles Geschenk Gottes an mein Gegenüber ist. Das freut mich dann. Ein anderes Mal erfahre ich Trost und weiß, dass ich verstanden werde, so wie ich gerade bin. Es passiert auch, dass ich an Menschen erinnert werde und bei einer Nachfrage auf eine große Dankbarkeit stoße. Ich staune immer wieder, wenn ich entdecke, welche Dinge Jesus fügt und wie er den nächsten Schritt für mich vorbereitet.
Ich glaube, dass Gott Wege vorbereitet, die ich gut gehen kann. Das erfahre ich auch bei Hesekiel. Hesekiel hört den Auftrag Gottes und führt ihn aus.
Gott gebraucht ihn nun auch, um dem Volk die Bedeutung des Ganzen zu offenbaren. Das Volk Israel soll über seine Zukunft nicht im Unklaren bleiben. Hesekiel kündigt harte Wahrheiten an. Die Israeliten werden in ihrer Widerspenstigkeit Verfolgung und Gefangenschaft erleiden. Man wird sie in fremde Länder verschleppen und andere Völker werden sie unterdrücken.
Doch am Ende steht Gottes Wunsch nach Erkenntnis. Erinnern Sie sich an
Vers 16? „Sie sollen erkennen, dass ich der Herr bin!“, sagt Gott Hesekiel.
Irgendwie scheint dieser Wunsch überhaupt nicht zu passen. Bei dieser Ankündigung des Gerichts erwarte ich vom Volk eher Wut und eine weitere Abkehr von Gott. Wie oft höre ich den Satz: „Wie kann Gott denn bei all dem Schrecklichen noch gut sein?“ Gerade angesichts der aktuellen Weltlage wirkt dieser Satz erstmal mehr als verständlich. Doch ich glaube, wir sollten uns Gottes Liebe in den verschiedenen Facetten immer wieder vor Augen führen. Seine Liebe und Fürsorge sind oft erst auf den zweiten Blick zu entdecken. Meine Erfahrung ist, dass Gott oft Menschen gebraucht, die mir helfen, Neues zu denken, so dass ich meinen Weg gut weitergehen kann. Vielleicht sagt Gott aber auch: „Egal wie tief du auf deinen sündigen Wegen gefallen bist, meine Liebe zu dir ist unzerstörbar.“ Oder: „Ich lasse dich nicht allein.“ Oder: „Friede sei mit dir auf deinem Weg!“ Vielleicht ist es auch eine Aufforderung: „Sag mir, was du brauchst! Ich will es dir geben.“
Ganz leise wird Gottes Reden hörbar und ich beginne ihn im Alltag zu entdecken. Für alle, die sich danach sehnen und ihn suchen, ist das möglich. Es ist wohl die Gotteserkenntnis, von der hier die Rede ist. Sie bewirkt Frieden in meiner Seele, selbst wenn die Zeiten stürmisch sind. Oft sind es nur kleine Schritte die sichtbar werden, aber sie werden den Lebensweg prägen.
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