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Bileam soll Israel verfluchen, aber er muss es segnen (5)
Der Bibeltext 4. Mose 24,1-25 – ausgelegt von Hans-Günter Mohn.
Als nun Bileam sah, dass es dem HERRN gefiel, Israel zu segnen, ging er nicht wie bisher auf Zeichen aus, sondern richtete sein Angesicht zur Wüste, hob seine Augen auf und sah Israel, wie sie lagerten nach ihren Stämmen. Und der Geist Gottes kam auf ihn, und er hob an mit seinem Spruch und sprach: Es sagt Bileam, der Sohn Beors, es sagt der Mann, dem die Augen geöffnet sind;[...]
Das Drama Bileams wird im 4. Mose-Buch in den Kapiteln 22-24 erzählt. Die Israeliten sind auf dem Weg in das ihnen verheißene Land Kanaan. Auf der beschwerlichen Reise wechseln sich mehr als einmal hoffnungsvolle Vorfreude und Verzweiflung ab. Sie haben Gottes Wirken und Wunder erlebt… Schlachten geschlagen… Siege errungen… und auch viele Opfer betrauert.
Das Drama Bileams ereignet sich, als die Israeliten ins Land der Moabiter kommen. Im Land der Moabiter hat man schon vieles über die Israeliten gehört. Und was sie hören, macht ihnen Angst. „… den Moabitern graute vor den Israeliten“ (4. Mose 22, 3b).
Doch nicht nur ihnen graute es vor den Israeliten… auch den Midianitern. Balak, der König der Moabiter beschreibt seine Angst mit einem Bild und sagt den Midianitern:
„Nun wird dieser Haufe auffressen, was um uns herum ist, wie ein Rind das Gras auf dem Felde abfrisst“ (4. Mose 22, 4b). Balak hat eine regelrechte Horrorvision von der Zukunft seines Landes.
Doch das ist nicht alles. Offenbar fällt ihm auch keine militärische Strategie ein, um sich vor den Israeliten zu schützen. Alle erdenklichen Strategien scheinen keinen Sinn zu machen. Daher will Balak die Notlage durch eine übernatürliche Aktion wenden.
In der Angst um sein Volk und das eigene Leben fasst er einen Entschluss. Er erinnert sich an einen heidnischen Wahrsager, der unter den Ammonitern in der Nähe des Euphrat lebt – Bileam.
Dieser Bileam ist kein Israelit (22, 5), doch er scheint den Herrn, den Gott der Israeliten zu kennen (22, 8). Und Gott hat später auch durch ihn gesprochen.
Bileam scheint die Lösung für Balaks Problem zu sein. Und so schickt er Boten zu Bileam. Die Boten, keine geringeren als Älteste der Moabiter und der Midianiter, sollen Bileam als „Auftrags-Verflucher“ gewinnen. Sie haben den Lohn für den „Auftrags-Fluch“ schon mitgebracht und geben alles, um Bileam für diese gottesverachtende Aufgabe zu gewinnen.
Für Geld also soll Bileam die Israeliten verfluchen. Das Ziel: sie sollen für die Moabiter ungefährlich gemacht werden. Am Ende hat Bileam die Israeliten nicht verflucht, stattdessen hat er sie dreimal gesegnet. Doch was Bileam anzulasten ist, wird auch klar: Er lässt sich überreden, Israel zu verfluchen… er ist bereit, es zu tun.
Doch daraus wird nichts! Nach zwei Anläufen die Israeliten zu verfluchen, muss er auf Gottes Geheiß hin die Israeliten segnen. Bileam erkennt, „dass es dem Herrn gefiel, Israel zu segnen“ (4. Mose 24, 1a)… „der Geist Gottes kam auf ihn…“ (4. Mose 24, 2b)… und er bezeichnet sich viermal in diesem Kapitel als den Mann, „dem die Augen geöffnet sind“ (4. Mose 24, 3,4,15,16). Gott gibt ihm den Durchblick und er muss sich eingestehen: „Gesegnet sei, wer dich segnet, und verflucht, wer dich verflucht! (4. Mose 24,9b).
Aus dem „Auftrags-Verflucher“ wird einer, dem die Augen geöffnet werden und der segnen muss!
Faszinierend finde ich die Tatsache, dass Gott Bileam auch die Augen für noch Größeres öffnet. So spricht Bileam zu Balak: „Es wird ein Stern aus Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen und wird zerschmettern die Schläfen der Moabiter und den Scheitel aller Söhne Sets“ (4. Mose 24, 17b).
Ausleger sehen in dieser Aussage ein prophetisches Wort im Hinblick auf Christus. Der Stern ist sowohl im Judentum als auch im Neuen Testament ein Kennzeichen des Messias. Es sind heidnische Gelehrte, die einem Stern bis nach Bethlehem folgen, wo Jesus geboren wird. Und der auferstandene Jesus sagt in der Offenbarung von sich selbst: „ich bin der helle Morgenstern“ (Offenbarung 22,16).
Am Ende der Bibel wird der Name Bileam jedoch nur noch mit bösen Taten in Zusammenhang gebracht. Z.B. im 2. Petrusbrief, wo Petrus schreibt: „Sie verlassen den richtigen Weg und gehen in die Irre und folgen dem Weg Bileams, des Sohnes Beors, der den Lohn der Ungerechtigkeit liebte“ (2. Petrus 2,15). Oder im Buch der Offenbarung, wo der auferstandene Jesus durch Johannes der Gemeinde in Pergamon schreiben ließ: „Aber einiges habe ich gegen dich: du hast Leute dort, die sich an die Lehre Bileams halten, der den Balak lehrte, die Israeliten zu verführen, vom Götzenopfer zu essen und Hurerei zu treiben“ (Offenbarung 2,14).
Davon lese ich auch schon im 31. Kapitel des 4. Mosebuches. William S. Deal beschreibt in seinem Buch Ihr sollt mein Volk sein die Situation folgendermaßen:
„… der verärgerte Prophet ging dann soweit, den moabitischen Frauen zu raten, israelitische Männer zum Ehebruch und Götzendienst zu verführen. Daraufhin fielen vierundzwanzigtausend Israeliten dem Strafgericht Gottes zum Opfer“ (William S. Deal, Ihr sollt mein Volk sein, S. 75).
Das 24. Kapitel des 4. Mosebuches schließt mit der Feststellung, dass Bileam wieder zurückkehrt in sein Land. Eine Achterbahnfahrt der Gefühle und Eindrücke liegen hinter ihm. Es war ihm Geld und Ehre angeboten worden, wenn er die Bedrohung der Moabiter auf Leben und Tod mit einem Fluch beendet. Doch am Ende des biblischen Berichts wird der „Auftrags-Verflucher“ zu einem dreifachen Segen-Spender.
Doch damit ist die Geschichte Bileams noch nicht abgeschlossen. Schlussendlich wird er beim Sieg der Israeliten über die Midianiter mit dem Schwert umgebracht (4. Mose 31, 8b). Und so endet das Drama Bileams… die Geschichte eines Mannes, der sich für Geld und Ehre benutzen lassen wollte, Gottes Volk zu verfluchen… doch Gott ließ es nicht zu!
Diese etwas schwer verständliche Geschichte wurde zu einem wichtigen Teil in der Erzählung des Volkes Israel. Josua erwähnt sie beim Landtag zu Sichem in seiner Rede an das Volk und fasst das Drama Bileams noch einmal zusammen:
„Da machte sich auf Balak, der Sohn Zippors, der König der Moabiter, und kämpfte mit Israel und sandte hin und ließ rufen Bileam, den Sohn Beors, um euch zu verfluchen. Aber ich wollte ihn nicht hören, sondern er musste euch segnen, und ich errettete euch aus seinen Händen“ (Josua 24,9-10).
Gott hat sein Volk nie im Stich gelassen. Und Gott kann Fluch in Segen umwandeln. Was für ein Gott!
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Ihr Kommentar
Kommentare (1)
Das war für mich die beste Auslegung zur gar nicht so leicht verständlichen Bileam Geschichte mit Ausblick auf den folgenden Kontext und Querverweisen zum Neuen Testament, herzlichen Dank!