/ Bibel heute
Bileam soll Israel verfluchen, aber er muss es segnen (4)
Der Bibeltext 4. Mose 23,13-30 – ausgelegt von Christine Löwe.
Balak sprach zu ihm: Komm doch mit mir an einen andern Ort, von wo aus du gerade sein äußerstes Ende siehst, aber nicht ganz Israel, und verfluche es mir von dort. Und er führte ihn zum Späherfeld auf dem Gipfel des Pisga und baute sieben Altäre und opferte auf jedem Altar einen jungen Stier und einen Widder. Und Bileam sprach zu Balak: Tritt zu deinem Brandopfer, ich aber will dort dem Herrn begegnen.[...]
Fluch und Segen haben die Menschen schon immer eine besondere Bedeutung beigemessen, nicht nur zur Zeit des Alten Testaments. Auch heute noch wünschen wir uns Gottes Segen füreinander, zu besonderen Anlässen wie zu Geburtstagen, Hochzeiten, Taufen oder vor einem Aufbruch in eine neue Lebensphase. Dahinter steht der Wunsch, dass Gott einem Gelingen schenken möge, Wohlstand, Wohlergehen und Glück, aber dahinter steht auch die konkrete Erfahrung, dass mit dem Segen Gottes Frieden in die Herzen und Häuser einzieht. An Gottes Segen ist alles gelegen. So ist es über mancher Haustür in alter Schrift zu lesen.
Der Fluch wiederum spielte früher im Rechtsleben eine wichtige Rolle. Er diente als Behelf gegen Rechtsbrecher, die man nicht fassen oder überführen konnte. Ein Fluch verfolgt einen Menschen ein Leben lang, beraubt ihn seiner Freiheit, haftet ihm sozusagen an wie eine lebenslängliche Haftstrafe. Heute verfluchen wir eher unausgesprochen und in Gedanken uns nicht angenehme Personen und Situationen, um sie loszuwerden.
Das hebräische Denken sieht im gesprochenen Wort eine wirkende Macht. Seine Wirkung hängt von Art und Bedeutung der sprechenden Persönlichkeit ab. Bestimmte Menschen sind mit besonderer Segensmacht begabt. Das kann mit einer besonderen Amtsstellung und Weihe zusammenhängen, wie wir sie bei Priestern finden, die zum Abschluss des Gottesdienstes die Gemeinde segnen. Oder aber diese besonders wirkende Macht beruht auf einer außerordentlichen Veranlagung.
So war es bei Bileam, einem Mann, der vor etwa 3.200 Jahren im Vorderen Orient lebte. Von ihm heißt es: „Wen du segnest, der ist gesegnet, und wen du verfluchst, der ist verflucht.“ (4. Mose 22, 6). Balak, der König der Moabiter, wusste um diese besondere Begabung. Er will sich diese Begabung zunutze machen, denn das Volk Israel ist ihm schon lange ein Dorn im Auge. Deshalb bittet er Bileam, das Volk Israel zu verfluchen. Er sagt: „So komm nun und verfluche mir das Volk, denn es ist mir zu mächtig; vielleicht kann ich´s dann schlagen und aus dem Lande vertreiben.“ (4. Mose 22, 6). Er versucht es mit Geld und Wahrsagerei. Er sucht sich Verbündete unter den Midianitern, schickt zuerst die Ältesten zu Bileam, dann die Fürsten der Moabiter, dann noch mächtigere Fürsten. Keinem gelingt es, Bileam dazu zu bringen, dass er mit ihnen zieht und das Volk verflucht, denn Gott selbst stellt sich ihm in den Weg und hindert ihn daran. Und Bileam hört auf die Stimme Gottes. Er spricht zu den Gesandten Balaks: „Wenn mir Balak sein Haus voll Silber und Gold gäbe, so könnte ich doch nicht übertreten das Wort des Herrn, meines Gottes, weder im Kleinen noch im Großen.“ (4. Mose 22, 18). Denn Gottes Wort sagt: „Geh nicht mit ihnen, verfluche das Volk auch nicht, denn es ist gesegnet.“ (4. Mose 22, 12)
Dieser Segen Gottes zieht sich durch die Geschichte des Volkes Israel bis heute in die Gegenwart hinein. Welchen starken Anfeindungen hat sich das Volk Israel schon ausgesetzt gesehen. Immer wieder rannten große mächtige Herrscher gegen dieses Volk an. Judenverfolgungen, Nachbarvölker, die das Volk Israel bekämpfen und es auslöschen wollten. Die letzte unvorstellbar große Anfechtung, der Holocaust, liegt gerade mal achtzig Jahre zurück. Und seit dem grausamen Anschlag der Hamas im Oktober 2023 hören wir fast täglich in den Nachrichten vom Kampf des Staates Israel gegen die Terrororganisation. Nichts von alledem konnte dem Volk Israel den Willen zum Überleben nehmen. Und auch der moderne Staat Israel erweist sich in den zahllosen Konflikten seiner Geschichte und in der Gegenwart als stark. Er ist nicht nur militärisch hoch gerüstet, sondern Israel ist auch wirtschaftlich ein blühendes Land, ist in der Weltgemeinschaft anerkannt und hat starke Verbündete.
Aber auch die Forderungen derer, die Israel verfluchen wollen, verstummen nicht. Sie sind laut, und sie werden täglich lauter. Sie sagen: Wendet euch gegen Israel, hört auf sie zu unterstützen, denn ihre Taten sind schlecht und sie kennen kein Erbarmen. Sie lassen Unschuldige sterben, besetzen fremde Länder und die, die darin wohnen, werden vertrieben oder müssen unter menschenunwürdigen Bedingungen leben.
Wie hören wir heute solche Worte? Stimmen wir in diesen Tenor mit ein oder halten wir fest an Gottes Wort, dass das Volk Israel das auserwählte und gesegnete Volk Gottes ist?
Zugegeben: mir fällt es manchmal schwer, alles gut zu heißen, was Israel tut. Die Bilder in den Nachrichten gehen mir nicht aus dem Kopf: zerstörte Häuser, kaputte Krankenhäuser, verzweifelte Menschen, weinende Kinder mit aufgedunsenen Bäuchen, weil sie nicht genug zum Essen haben. Und ich frage mich: muss das sein, dieses rigorose Vorgehen mit Militär, Waffen und viel Gewalt. Heiligt denn der Zweck alle Mittel?
Ich bin sicher, auch Bileam hat sich das gefragt. Ist es recht, was das Volk Israel tut? Ist Gott noch auf seiner Seite? Bileam fordert Gott heraus mit Brandopfern. Er sucht nach Zeichen und Antworten. Und hört doch immer wieder Gottes Stimme, wie sie schon zu Abraham sprach: „Ich will dich segnen und du sollst ein Segen sein“ (1. Mose 12, 2). Deshalb bleibt ihm nur festzustellen, was seit damals gilt: „Der Herr, sein Gott, ist bei ihm und es jauchzt dem König zu. Gott, der sie aus Ägypten geführt hat, ist für sie wie das Horn des Wildstiers.“ (vgl. V. 22).
Diese Aussage, dass Gott auf der Seite Israels steht und das Volk schützt und segnet, gilt bis heute. Denn „Gott ist nicht ein Mensch, dass er lüge, noch ein Menschenkind, dass ihn etwas gereue. Sollte er etwas sagen und nicht tun? Sollte er etwas reden und nicht halten?“ (vgl. V. 19). Als Christin kann ich trotz aller möglicherweise berechtigter Kritik an Israels Tun heute nur mit Bileam sagen: Das Volk Israel ist und bleibt Gottes geliebtes Volk. Für Israel einzutreten und dem jüdischen Volk Gutes zu wünschen, das gehört bis heute zum Auftrag der Christen. Und Segensworte vollmächtig, also im Namen Gottes gesprochen, sind auch heute der Schlüssel für nachhaltige Veränderung.
Wie gut ist dabei, dass wir nicht selbst über Recht und Unrecht, Gnade und Verdammnis, Tod oder Leben eines Menschen oder eines Volkes urteilen müssen. Gott ist es, der richtet und gerecht macht. Gott spricht jeden Menschen gerecht, der an seinen Sohn Jesus Christus glaubt und sein Vertrauen auf Jesus setzt. Genau darin liegt die Chance für jeden Menschen, ein Leben unter dem Segen Gottes zu führen. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, Gottes Gnadenzusage für sein Leben in Anspruch zu nehmen und seine Worte zu hören: Du bist mein geliebtes Kind. Ich möchte, dass dein Leben gelingt. Ich bin auf deiner Seite.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Ja, es gehört zu unserem Auftrag, Israel zu segnen.
Die Autorin bezieht die Situation von damals auf heute - das finde ich wichtig. Denn Gott steht heute immer noch hinter seinem Volk. Wer Israel mit anderen Masstäben behandelt als andere Länder, der … mehrhandelt, redet und entscheidet antisemitisch. Das hat bedauerlicher Weise einen Großteil der Welt erfasst. Bedauerlich für die Länder, die sich gegen Israel entscheiden. Israel führt einen Krieg gegen eine menschenverachtende Terrororganisation und sie gehen dabei so behutsam wie möglich vor. Es hat wohl noch keinen Krieg in der Weltgeschichte gegeben, bei dem die Zivilbevölkerung des zu bekämpfenden Landes so versorgt wurde wie die in Gaza. Und dieser Krieg und damit auch das Leid, könnte längst beendet werden, wenn Europa sich gegen die Hamas wenden würde - und gegen deren Geldgeber wie Katar, Iran und China.
Ich kann nur sagen: Lasst euch nicht besudeln von der Hamas-Propaganda und stellt euch auf die Seite Israels, dem Volk Gottes.