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Das Gleichnis vom rostigen Topf
Der Bibeltext Hesekiel 24,1-14 – ausgelegt von Klaus Brier.
Und es geschah das Wort des HERRN zu mir im neunten Jahr am zehnten Tage des zehnten Monats: Du Menschenkind, schreib dir diesen Tag auf, ja, ebendiesen Tag; denn der König von Babel hat sich an ebendiesem Tage vor Jerusalem gelagert. Und gib dem Haus des Widerspruchs ein Gleichnis und sprich zu ihnen: So spricht Gott der HERR: Setze einen Topf auf, setz ihn auf und gieß Wasser hinein![...]
An meinem Computer öffne ich das Schreibprogramm, und plötzlich taucht diese Meldung auf:
Soll das Dokument verworfen werden?
Verworfen – ach so, gelöscht, weg für immer …
Da fiel mir plötzlich ein, was Gott über sein Volk gesagt hat: Ihr habt mich verworfen.
Wenn Sie einen Plan für einen Sonntagsausflug machen und ihn dann verwerfen, dann ist der Plan eben weg.
Was bewegt ein Volk, das über Jahrhunderte erlebt hat, dass Gott sich treu an seinen Bund, an seine Verheißungen hält – ihn zu verwerfen? Gott gibt alles, Gott tut alles, damit es seinen Leuten gut geht – und sie verwerfen ihn. Sie versuchen, ihn in ihrem Leben zu löschen.
Wenn Gott gelöscht, verworfen wird, dann gibt es so etwas wie ein Vakuum, das wieder gefüllt werden muss. Aber womit? Wenn ich Gottes Leitlinien, die sich so durch die Bücher Mose ziehen, durchstreiche – was bleibt dann? Die Leitlinie der Nächstenliebe, die Leitlinie, dem Schwachen zu helfen, die Leitlinie, in einer Beziehung treu zu sein, die Leitlinie, Gott zu ehren – wodurch kann der Mensch das ersetzen?
Also, ich glaube: Liebe lässt sich durch nichts ersetzen. Und so lässt sich auch ein Gott, der von sich sagt, dass er Liebe ist, durch nichts ersetzen.
Ich frage mich: Wie geht Gott damit um, verworfen, gelöscht zu werden?
Wie würde es Ihnen gehen, wenn Ihnen jemand sagt: Du, ich habe dich gerade komplett aus meinem Leben gelöscht!
Also nicht nur in meinem Adressbuch, in der WhatsApp-Gruppe, sondern in meinem Innersten, in meinem Herzen.
Würde Ihnen das wehtun?
Wenn ja, dann verstehen Sie auch den Schmerz, den Gott damals hatte. Keine Kopfschmerzen vom Grübeln, was sein Volk da gerade treibt, sondern Herzschmerzen – also etwas, das eine ganze Schicht tiefer geht.
Mit diesem Schmerz macht Gott immer wieder in seiner Beziehung zu seinem Volk weiter. Es ist nicht das erste Mal, dass er erlebt, dass sein Volk ihn verlässt.
Verworfen und gelöscht – aber Gott redet weiter. Menschen können ihn für tot erklären, aber das hindert ihn nicht, weiter zu reden und zu handeln. Und das immer so, dass er das Wohl des Menschen vor Augen hat. Die Liebe Gottes strebt danach, das Minus im Leben eines Menschen in ein Plus zu verwandeln. Gefangene, Gebundene sollen frei werden; seelisch Verwundete sollen geheilt werden; in Beziehungen soll Vergebung und Versöhnung neues Leben schenken.
Dieses Minus-Leben, das Gott jetzt hinter den großen Mauern Jerusalems beschreibt, wird sehr deutlich dargestellt. Es gibt vergossenes Blut, und es gibt diesen Geist der Unreinheit, der sich mehr und mehr breitmacht.
Im Hebräischen bedeutet unrein so viel wie: nicht geeignet für Gottes Nähe. Und das ist das genaue Gegenteil von dem, was Gott möchte. Gott will, Gott sucht die Gemeinschaft mit dem Menschen. Kein ferner Gott, sondern ein teilnehmender, ein mitleidender Gott, der den Menschen anspricht, der ihn immer wieder auffordert, ein Leben zu führen, das Gottes Wesen weiterträgt, das seine herzliche Liebe weiterträgt.
Und jetzt redet Gott noch einmal durch dieses Gleichnis von dem rostigen Topf. Ein Topf voller Fleisch – und jetzt gibt es so richtig Feuer. Aber nicht, um das Fleisch essbar, genießbar zu machen. Der Rost am Topf muss weg.
Was ist der Unterschied zwischen Rost und Dreck?
Dreck kann ich abwaschen, da geht Reinigen recht einfach. Wenn ich innerlich verschmutzt bin, dann kann ich das machen, was der Apostel Paulus Jahrhunderte später einmal gesagt hat: Reinigt euch im Wasserbad des Wortes Gottes! Also: Gottes Wort hat ganz einfach eine reinigende Wirkung. Es zeigt mir den inneren Schmutz, und es bringt mich dazu, mein Denken – und dadurch auch mein Handeln – zu ändern.
Rost hat eine andere Wirkung: Es hat eine zerstörende Wirkung. Wenn ich mein Auto zum TÜV bringe und ein tragendes Teil, eine Achse, angerostet ist, dann sagt da keiner: Schwamm drüber, Sie dürfen weiterfahren.
Und so geht es Gott jetzt auch. Mit „Schwamm drüber“ ist seinem Volk nicht geholfen. Gott lässt sich nicht darauf ein, das, was er unrein nennt, anders zu benennen. Das überlässt er dem Menschen, der in einem freizügigen Leben eben die Antwort findet auf das Verwerfen Gottes.
Entweder lebe ich nach den Leitlinien, nach dem Wort Gottes, oder ich lebe das aus, was auf mein Leben wie Rost wirkt. Neid, Habgier, sexuelle Unmoral – das alles nagt wie Rost an meinem Leben und bringt mich letztlich in so ein Minus-Leben hinein.
Es gibt Ausleger, die sehen in diesem Fleischtopf die Stadt Jerusalem und in dem Fleisch die Menschen, die dort leben. Ich glaube, Gott sieht hier, dass sein Volk, seine Nation, dabei ist, unbrauchbar zu werden. Ein durchgerosteter Topf ist ganz einfach unbrauchbar. Er kann seine Aufgabe nicht mehr erfüllen. Gottes Volk sollte ja ein Segen, ein Vorbild für andere Völker sein – ein Vorbild durch die Umsetzung der Worte, die Gott ihnen gesagt hatte. Die sollten nicht nur irgendwo in Stein gemeißelt sein, sie sollten im Herzen des Menschen, in seinem Innersten, ihre Kraft entfalten.
Wenn ich das nicht will, dann ist die Folge ein kraftloses Leben, ein Leben mit einem großen Mangel, mit einem großen Minus an Liebe.
Das ist Gottes großes Anliegen: aus diesem Minus wieder ein Plus zu machen. Dafür tut er alles, dafür gibt er alles. Er schreibt über das Leben des Menschen nicht das Wort Gericht, er schreibt darüber das Wort Gnade. Er durchkreuzt das Minus. Wenn Sie durch das Minuszeichen einfach einen Strich ziehen von oben nach unten, dann haben Sie ein Plus. Und wenn Sie diesen Strich etwas länger machen, dann haben Sie ein Kreuz.
Mit dem Kreuz, an dem Jesus stirbt, durchkreuzt Gott das Minus-Leben des Menschen. Er nimmt den Schuldzettel des Menschen und heftet ihn an dieses Kreuz. Da stirbt einer für alle, da stirbt Jesus für den Menschen. Und da wird der Mensch den Rost auf seiner Seele, den Rost in seinem Herzen, los.
Das Blut Jesu – es reinigt ihn von innen.
Das Blut Jesu – das ist der Rostlöser.
Und Jesus – das ist der Erlöser, der Befreier.
Das ist Gott in der Gestalt des Menschen.
Das ist der Gott, der die Nähe des Menschen sucht und sich auf den Weg macht, der Unreinheit, der Unmoral, dem Hass, der Habgier zu begegnen und sie zu besiegen.
Zwischen Gericht und Gnade kann ich ganz bewusst wählen.
Jesus ist die Brücke, die zu Gott führt, auf der mit großen Buchstaben steht:
Komm, komm zu mir!
Ihr Kommentar
Kommentare (3)
Welch Heil-Samen setzende Perspektive: Gott sorgt selbst für eine über-wältigende ( über die Gewalt hinaus wirkende) Sicht, indem er dafür sorgt, dass wir aus dem "nicht geeignet für Gott-Stadium" in … mehrdie Einheit von Vater-Sohn im Johannesevangelium erhoben werden, "Ich und der Vater sind eins und ihr seid in diese Einheit/Gegenwart miteingeladen.
Danke, lieber Bruder in Christus, Klaus Brier
Sie haben sich mit diesem Beitrag sicher eine unglaubliche Mühe gemacht. Ich danke Ihnen, dadurch haben Sie mir heute wertvolle Impulse geliefert! Gott segne Sie!
Sehr gute Auslegung zu diesen Gleichnis vom rostigen Topf und gut in unsere heutigen Situationen hingeführt, mit dem Hinweis auf den Rostlöser Jesus Christus. Danke