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/ Bibel heute

Leben in der Gemeinschaft mit Christus

Mignon Junghänel über Philipper 2,5-11.

Seid so unter euch gesinnt, wie es der Gemeinschaft in Christus Jesus entspricht:* Er, der in göttlicher Gestalt war, hielt es nicht für einen Raub, Gott gleich zu sein, sondern entäußerte sich selbst und nahm Knechtsgestalt an, ward den Menschen gleich und der Erscheinung nach als Mensch erkannt.[...]

Philipper 2,5–11

Die gerade gehörten Verse aus dem Philipperbrief werden auch als Christushymnus bezeichnet. Denn sie sind ein Hymnus, ein Loblied auf Jesus Christus. Doch was wollen sie mir und Ihnen sagen? Je mehr ich mich mit dem Text beschäftige, desto herausfordernder finde ich ihn. Aber desto mehr komme ich ins Staunen über das, was da über Jesus gesagt wird. Lassen Sie mich dazu ein wenig ausholen. Ich habe gelesen, dass die Gemeinde in Philippi, an die sich dieser Brief richtet, Paulus “Lieblingsgemeinde” war. Er besuchte sie mehrfach. Und im Unterschied zu anderen Gemeinden, lief es dort richtig gut, fast schon vorbildlich. Harsche Kritik sucht man in diesem Brief daher vergeblich. Es geht eher darum, es “noch besser” zu machen. So fordert Paulus die Mitglieder der Gemeinde in Philippi und letztlich auch uns auf, Jesus Christus zum Vorbild zu nehmen und ein Leben in Einheit zu führen.

Vielleicht spiele ich einfach in einer anderen Liga als die Christen in Philippi, aber ich finde das ganz schön herausfordernd! Ich weiß nicht, wer oder was Ihnen als erstes dabei in den Sinn kommt, wenn Sie an “ein Leben in Einheit" denken. Ich selbst kann spontan mehrere Personen und Gründe aufführen, warum das nicht so einfach geht! Weder innerhalb noch außerhalb von Kirchgemeinde. Weder im Großen noch im Kleinen. Einheit? Ich sag mal so: wenn Paulus die Leute gekannt hätte, die ich zum Teil kenne, hätte er dieser Aufforderung nicht die ein oder andere Ausnahme hinzugefügt? Ganz im Sinne von: „Denkt nicht an euren eigenen Vorteil. Jeder von euch soll das Wohl des anderen im Auge haben. Außer dieser andere vertritt eine der folgenden Meinungen, Eigenschaften oder Angewohnheiten.” Und dann gäbe es eine entsprechende Auflistung. Stellt sich bloß die Frage, was in dieser Auflistung aufgeführt wäre.

Jesus Christus, unser Vorbild

Aber Paulus hat ja gar keine Ausnahmen angeführt. Da steht einfach nur: „Denkt nicht an euren eigenen Vorteil. Jeder von euch soll das Wohl des anderen im Auge haben.” Und dann geht es weiter mit Vers 5: „Nehmt euch Jesus Christus zum Vorbild”, womit der eigentliche Abschnitt für heute beginnt. Aber was genau soll das eigentlich bedeuten, wenn ich mir Jesus Christus zum Vorbild nehme? Der Mensch als solches wäre oft gerne ein bisschen mehr als Gott. In der Bibel fängt das schon ganz am Anfang an. Als die ersten Menschen noch in paradiesischen Zuständen im Garten Eden lebten, hatte Gott ihnen nur ein einziges Gebot gegeben. So können wir im 1. Buch Mose, Kapitel 2, Vers 16-17 lesen, wie Gott ihnen sagt: „Von allen Bäumen im Garten darfst du essen, nur nicht von dem Baum, der dich Gut und Böse erkennen lässt. Sonst müsst ihr sterben.”

Wenig später, in Kapitel 3, Vers 5, verführt der Gegenspieler Gottes sie dann jedoch mit den Worten: „Wenn ihr davon esst, werden eure Augen geöffnet – ihr werdet sein wie Gott und wissen, was Gut und Böse ist.” Nicht Hunger, sondern das Sein-Wollen wie Gott führte dazu, dass Leid und letztlich der Tod in diese Welt kamen. Und dies setzte sich fort. Zu den Zeiten, in denen der Philipperbrief geschrieben wurde, gab es den römischen Kaiser, der quasi an der Spitze der Gesellschaft stand und sich gottgleich verehren ließ.

Heute leben wir zumindest in Deutschland in einer weitgehend säkularen Gesellschaft. Kirche und Gott haben für viele an Bedeutung verloren. Doch nicht nur durch z.B. sowas wie Gentechnik versuchen wir trotzdem immer noch ein bisschen Gott zu spielen. Immer höher, immer besser. Das ist typisch Mensch!

Jesus, das Wort

Jesus im Gegensatz dazu ist von jeher Gott. Zu Beginn des Johannesevangeliums wird fast schon philosophisch beschrieben, dass Jesus als das Wort oder “Logos” wie es im Original heißt, schon vor allem anderen da war. Und “Logos“ umfasst hier viel mehr als das, was wir gemeinhin unter Wort verstehen, nämlich sowas wie den Sinn oder das große Ganze, das die Welt im Inneren zusammenhält. Dieses Wort bzw. “Logos” und damit Jesus war Gott gleich und das schon bevor sonst überhaupt irgendetwas war. Erst durch ihn entstanden so etwas wie Erde, Sonne, Mond und Sterne! Im Philipperbrief, Kapitel 2, in den Versen 6-7 können wir nun lesen, dass “obwohl er (also Jesus Christus) in jeder Hinsicht Gott gleich war, er nicht selbstsüchtig daran festhielt, wie Gott zu sein. Nein, er verzichtete darauf und wurde einem Sklaven gleich: Er wurde wie jeder andere Mensch geboren und war in allem ein Mensch wie wir.” Jesus Christus wurde freiwillig Mensch und das mit Haut und Haar. Er wählte sich dabei nicht das Leben von einem der oberen Zehntausend, in Saus und Braus und mit Versicherung gegen jedwede Widrigkeit des Seins. Nein. Er kam tatsächlich in das ganz normale Menschsein mit allem, was dazu gehört. Und Jesus wählte aus freien Stücken sogar, unschuldig den Tod eines Verbrechers am Kreuz zu sterben. Und warum? Um die Gemeinschaft zwischen uns und Gott, die damals im Garten Eden zerbrach, wiederherzustellen.

Einheit unter Christen

Wenn Paulus die Christen in Philippi und uns also auffordert, sich Jesus zum Vorbild zu nehmen, dann meint er genau das: den freiwilligen Verzicht auf ein Vorrecht dem anderen zuliebe. Einheit mit Menschen, die anders sind als ich selbst, fällt mir ja gerade deswegen so schwer, weil ich im tiefsten Inneren glaube, selbst “richtig” oder “besser” zu sein und über dem anderen zu stehen. Wenn aber Jesus, obwohl er Gott war und damit definitiv über allen anderen stand und steht, auf dieses Vorrecht verzichtete, um Gemeinschaft mit uns zu haben, dann sollten auch wir bereit sein, einen Schritt auf den anderen zuzugehen. Wenn wir schon gerne ein bisschen mehr wären als Gott, dann in dieser Sache. Und wer weiß, vielleicht kommt der andere mir dann ja auch entgegen?

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