/ Anstoß - Gedanken zum Tag
Mit Gott im Bus unterwegs
Dariush Ghobad über Jesaja 8,17
Ich will hoffen auf den HERRN, der sein Antlitz verborgen hat vor dem Hause Jakob.
Vor 24 Jahren veröffentlichte die US-amerikanische Liedermacherin und Sängerin Joan Osborn das Lied „One of us“ – „Einer von uns“. In dem Song stellt sie die rhetorische Frage, was wir Gott fragten, wenn er uns begegnete. Und ob wir ihn überhaupt erkennen würden, wenn er im Bus neben uns säße. Ob wir ihn überhaupt unter all den Fremden sehen könnten, wenn denn „sehen“ meint, dass man an ihm glaubt.
Dieses Lied hat bei mir zweierlei bewirkt. Erstens bin ich seitdem höchst aufmerksam, wenn ich im Bus fahre. Und zweitens erwische ich mich ab und an dabei, wenn ich Menschen beobachte, mir die Frage zu stellen, ob Gott gerade unter uns ist. In meinem trostlosen Alltag, zwischen Payback Punkten im Discounter sammeln und die verschwitzten Kinder vom Fußball abholen, fahre ich durch die Straßen meiner Stadt und suche ihn. Suche Gott, der doch hier irgendwo sein muss.
In der Bibelstelle bei Jesaja 8, Vers 17 drückt es der Prophet wie folgt aus: „Ich will hoffen auf den HERRN, der sein Antlitz verborgen hat vor dem Hause Jakob.“ Israel damals war das wie eine Art Stopp-Schild für Menschen, die Gott aus dem Weg gegangen waren und ihn jetzt nicht mehr finden konnten. Und doch – wird Gott sich nicht doch wieder zu erkennen geben?
An der Stelle muss ich der Komponistin Osborn Recht geben, wenn das Gott sehen heißt, an ihn zu glauben, dann will ich mich weiter gedulden. In Mitten der saturierten Mittelhessischen-Mittelschicht ziehe ich meine Bahnen und suche Gott unter den Fremden. Solange bis er sich mir dann endlich zeigt, oder der Bus kommt.
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