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/ Anstoß - Gedanken zum Tag

Güte und Vertrauen - und das Scharnier dazwischen

Markus Baum über Psalm 33,22

Deine Güte, HERR, sei über uns, wie wir auf dich hoffen.

Psalm 33,22

Biblisches Hebräisch für Anfänger. In der Sprache der Bibel gibt's eine unscheinbare Silbe aus den beiden Buchstaben Kaf und Jod, in lateinischen Lettern würde man "Ki" lesen. Diese Silbe verschmilzt gern mit nachfolgenden Worten, und fast immer nimmt sie Bezug auf das, was unmittelbar vorher gesagt wurde. Wirkt also wie ein Scharnier. 

Beispiel Psalm 33. Dieses Stück aus dem Liederbuch Israels endet mit den Worten "Jehi-Chasdecha Adonai alenu kiaschär jechalnu lach." Der Teil vor dem "Ki" ist kein Problem: "Deine Güte, Herr, sei über uns - sei mit uns - sei bei uns." Und die letzten beiden Wörter sind auch klar: "Wir warten auf dich" im Sinn von: Wir verlassen uns, wir hoffen auf dich. Aber wie sind die beiden Teile verknüpft? Steht das "Ki aschär"  für "Weil" oder "Denn" - "Weil wir auf dich hoffen" - ? Oder "Denn wir hoffen auf dich" - ? Oder hängt die Hoffnung von der Güte Gottes ab, nach dem Motto "deshalb hoffen wir auf dich" - ? Oder steht das eine nur lose verknüpft neben dem andern, nach dem Motto: "Deine Güte, Herr, sei über uns, wie wir auf dich hoffen?" 

Für die singende Gemeinde Israels war das offensichtlich einerlei, da schwang vermutlich jede dieser Bedeutungen mit. Nur bei der Übersetzung ins Deutsche müssen wir uns für eine Variante entscheiden. Martin Luther hat für seine Übersetzung die letzte Version gewählt: "Wie wir auf dich hoffen." Das ist sachgerecht. Denn ganz gleich, ob Gottes Güte uns vorauseilt oder nachfolgt, sie hat es auf jeden Fall verdient, dass wir sie mit Vertrauen quittieren.

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