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Wie rechts ist Ostdeutschland?
Wirbel und Widerspruch rund um Aussagen des Ostbeauftragten Marco Wanderwitz.
Ostdeutsche seien teilweise „diktatursozialisiert“ und deshalb auch „nach 30 Jahren nicht angekommen in der Demokratie“ – sagt CDU-Politiker Marco Wanderwitz, Ostbeauftragter der Bundesregierung, in einem Podcast der FAZ. Und sorgt damit seit vergangener Woche für eine anhaltende Debatte. Tatsächlich zeigen Umfragen: mehr als ein Drittel der Menschen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen wählen Parteien, die in ihren Reihen extremistische Strukturen dulden, wie AfD oder Die Linke.
Sind diese Wähler nicht „rückholbar“, so wie der CDU-Politiker sagt? Und warum geht ein Politprofi wie Wanderwitz das Risiko ein, vor der Bundestagswahl mit solchen Aussagen Wähler zu verprellen? Das und mehr bespricht ERF Moderator Hans Wagner mit Regina König, die schon im September 2020 in der Sendereihe „Das Gespräch“ mit Marco Wanderwitz über Rechtsextremismus in Ostdeutschland gesprochen hat.
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Kommentare (2)
Sehr gut analysiert von Michael. Die Menschen, die damals für ihre Freiheit gekämpft haben und ihr Leben riskiert haben, sehen sich nun schon wieder vergleichbaren Tendenzen ausgesetzt. Genau das … mehrsollte nachdenklich stimmen, da gerade die Menschen aus dem ehemaligen Ostblock ein Gespür für diese Tendenzen haben. Ich halte es für bemerkenswert, dass viele ehemaligen Stasi-Schergen wieder vergleichbare Posten haben, während genau die Bürgerrechtler, die damals verfolgt wurden, wieder in den Focus der ehemaligen Schergen geraten sind. In meinem Bekanntenkreis sind es gerade die Menschen, die das System noch gut in Erinnerung haben, die auf diese Umstände hinweisen. Allein schon die Tatsache, dass wir in Deutschland wieder Staatsquoten haben wie sie in der DDR herrschten, sollte alle Alarmglocken schrillen lassen. Ein System mit einer gelenkten Wirtschaft schränkt zwangsläufig die persönlichen Freiheiten ein. Hinzu kommen Ideologien wie Gender oder Klimawahn, die in das persönliche Leben weiter eingreifen, als es in der DDR der Fall war. Man mag es demokratisch nennen. Das tat Robert Mugabe für sein System auch, die DDR trug es im Namen. Es ändert nichts daran, dass es freiheitsfeindlich ist. Und antichristlich.
Man muss sich das einmal vor Augen führen: Der Ostbeauftragte, der jedenfalls vom Namen her, die Interessen der Ostdeutschen vertritt, beleidigt dieser mit der Aussage, diese wären für die Demokratie … mehrverloren, was bereits dadurch widerlegt wird, dass es gerade diese beschimpften „Ossis“ waren, die die Demokratie und Freiheit 1989 auf den Straßen unter Inkaufnahme großer persönlicher Risiken erkämpft haben. Selbst die Parteikollegen, ja sogar die Kanzlerin, die ihn unter den denkwürdigen Umständen der thüringischen Ministerpräsidentenwahl ernannt hat, alle gehen auf Distanz, nur der ERF hat Verständnis für eine solch diffamierende Aussage nach 30 Jahren deutscher Einheit. Wanderwitz ist ein Hassprediger aus dem Lehrbuch, wie sie selbst in den SED-Parteikadern der DDR nicht unbedingt die Regel waren. Er, selbst Ossi, führt sich auf wie ein von der Zentrale abgeordneter Statthalter in einer besetzten Provinz, der auf die Eingeborenen herabschaut, wie auf niedere Wesen. Anders lässt sich mir diese unglaubliche Aussage nicht erklären, die an der Realität vollkommen vorbeigeht. Nach meinen jahrzehntelangen Erfahrungen in West und Ost hat der „Ossi“ im Allgemeinen ein feines und differenziertes Gespür für Politik und Demokratie, aber auch für Verbesserungsbedarf und Fehlentwicklungen.