08.07.2011 / Wort zum Tag

Römer 7,19

Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.

Römer 7,19

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Es geht ein Riss durch diese Welt. Gute Ideen scheitern. Gute Menschen enttäuschen. Wir hatten geglaubt, der oder die sei ein gutes Vorbild – und dann sehen wir, dass die vermeintlich weiße Weste dunkle Flecken hat. Wem kann man noch trauen? Woher kommt noch Hoffnung?

Es geht auch ein Riss durch diese Zeit. Hatten wir nicht alle geglaubt, das finstere Mittelalter überwunden zu haben – und sind erschrocken über die Bürgerkriege, die in diesem Jahre geführt wurden und werden. Machtstreben pur. Und manchen ist jedes Mittel recht, ihre Macht zu sichern – wie wir an dem Bürgerkrieg in der Elfenbeinküste haben sehen können. Dort hatte es sogar eine demokratische Wahl gegeben – und das bedeutet ja, die Kandidaten hatten sich mit dem Verfahren einverstanden erklärt. Und dann weigert sich der abgewählte Präsident, seine Macht abzugeben – und findet Truppen, die seinen Krieg führen. Wie passt das in unsere moderne, aufgeklärte Zeit? Es geht ein Riss durch diese Zeit.

Vor allem geht ein Riss durch jeden von uns. Es ist allerhöchste Zeit zu erkennen, dass wir selbst genauso zerrissen sind. Das ist die eigentliche Ursache des Problems. Wir sehen erschrocken auf die Zeit – dabei ist es unsere Zeit, die Zeit, in der wir leben. Wir sehen erschrocken auf die Welt – dabei ist es unsere Welt, die Welt, für die wir Verantwortung haben. Sehen wir noch erschrocken auf unser Herz? Oder haben wir uns mit uns selbst abgefunden? In einem Interview ziemlich zu Beginn seiner Amtszeit sagte der neue Hannoversche Landesbischof Meister, für ihn gehöre es zu den größten Lügen, dass man sich immer zuspräche: Du musst nur an dich glauben. Wenn du an dich glaubst, dann schaffst du es auch. Das sei eine Illusion.

Es geht ein Riss durch jeden von uns. Wir möchten gern gut sein und das Richtige tun, aber wir tun das Falsche – und das ist oft böse oder endet böse. Schon Paulus beschreibt diesen Riss in uns selbst, wenn er in Römer 7,19 klagt: Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich.
Ebenso alt sind unsere Versuche, den Riss zu verkleistern und zu verharmlosen. Da zeigen wir lieber auf die anderen Risse, als den einen bei uns selbst grundlegend zu beheben.

Geht das denn? Kann ich mein Lebensfundament verstärken? Ja, das geht. Vor Jahren diskutierte ich einmal mit einem Architekten über Gebäude mit Flachdächern. Er meinte: Ob ein Flachdach dauerhaft hält oder nicht, das wird schon beim Gießen des Fundamentes entschieden. – Ach, so ist das? Dann liegt es gar nicht am Dach, wenn es durchregnet, sondern am Fundament? Wenn das so ist, dann muss auch das Beseitigen des Risses am Fundament behoben werden. Wie das bei einem Haus geht, das weiß ich nicht. Ich bin kein Architekt. Wie das aber bei unserem Lebensfundament geht, das zeigt mir die Bibel sehr einleuchtend. Da betet der Beter des 51. Psalms: Erfreue mich wieder mit deiner Hilfe und mit einem willigen Geist rüste mich aus (v 14).
Das ist es: Gott allein kann diesen Riss heilen. Darum ist es klug, ihn selbst zum Fundament des eigenen Lebens zu machen. Sich seinem guten Geist aussetzen. Seinen Geist wirken lassen. Seine Hilfe annehmen. Sich an Christus orientieren. Das macht nicht perfekt, aber es hilft  aus der Zerrissenheit und überwindet die Zerrissenheit. Und es bewahrt mich davor, das Böse zu tun, das ich nicht will. Gottes Geist wirkt das in jedem, der das zulässt.
 

Autor/-in: Pfarrer i.R. Manfred Schultzki