16.09.2017 / Politik

Auf einmal wird Abtreibung zum Thema

Beobachtungen wenige Tage vor der Bundestagswahl.

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Aktuelles vom Tag zum „Marsch für das Leben 2017“ (Länge: 04:08 min)

Am kommenden Sonntag ist Bundestagswahl. Drei große Themen beschäftigen dabei die Deutschen: gelingende Integration von Flüchtlingen, Bildung und Armut im Alter. Seit vielen Jahren ganz aus dem Rampenlicht gerückt ist das Thema Abtreibung. Doch so ganz stimmt das nicht.

Ich will nicht abgetrieben werden, sondern auf der Welt bleiben! – Frau mit Downsyndrom

Schauplatz Nummer 1: Die „Wahlarena“ letzte Woche im Ersten Fernsehprogramm. Eine junge Frau, 18 Jahre alt, aus Köln sitzt im Publikum. Natalie Dedreux hat das Downsyndrom, arbeitet als Journalistin für eine Zeitung. Sie konfrontiert  Angela Merkel mit der Tatsache, dass Ungeborene mit der sogenannten Trisomie 21 bis kurz vor Ende der Schwangerschaft abgetrieben werden können: „Ich will nicht abgetrieben werden, sondern auf der Welt bleiben!“

Die Bundeskanzlerin reagiert mit einem Rückblick in die deutsche Geschichte. In der DDR habe es kaum Unterstützung für Menschen  mit Behinderungen gegeben. Dies habe sich durch die Wiedervereinigung gebessert. Indirekt gesteht Merkel ein, dass auch sie nicht glücklich ist, dass Kinder mit Downsyndrom bis kurz vor Ende der Schwangerschaft abgetrieben werden dürfen: „Wir haben es dann wenigstens hingekriegt, dass bei den Spätabtreibungen eine Beratung notwendig ist.“ Es sei „unglaublich schwer“ gewesen, dafür Mehrheiten zu bekommen.

„Nur die Sache ist verloren, die man aufgibt.“

Szenenwechsel: Schauplatz Nummer 2 ist der Platz vor dem Deutschen Bundestag am 16. Sepbtember. 7.500 meist christliche Abtreibungsgegner sind nach Angaben des Veranstalters hier zusammen gekommen. Sie protestieren mit einem Schweigemarsch für das Lebensrecht der Ungeborenen. In den Vorjahren wurde der Marsch durch Gegner massiv gestört. Dieses Jahr geht es friedlicher ab. Obwohl es bereits die 13. Lebensrechtsdemo ist, hat sich in der Bundespolitik nicht viel bewegt. Von christlicher Seite sind es die katholische Kirche und einige Freikirchen, die sich mit der Sache des Lebensschutzes eins machen. Die Evangelische Kirche in Berlin verweigert ihre Unterstützung. Alexandra Linder als Organisatorin des Marsches ist trotzdem vom Sinn des Marsches für das Leben überzeugt. Sie zitiert Lessing: „Nur die Sache ist verloren, die man aufgibt.“ In diesem Jahr habe der Platz vor dem Kanzleramt für 7.500 Demonstranten nicht mehr ausgereicht. Man sei ausgewichen vor den Bundestag.

Linder will, wie sie selbst beteuert, keinen ideologischen Kampf führen. Seit der Einführung der Fristenlösung 1974 ist die Zahl der Abtreibungen nicht, wie erhofft gesunken. Stattdessen würden mindestens 100.000 Kinder in Deutschland bereits im Mutterleib getötet. Der Marsch für das Leben ist daher aus ihrer Sicht ein wichtiges Signal: „Es gibt große Teile der Gesellschaft, für die das nicht abgehakt ist.“

„Kinder sind Zukunft, keine Katastrophe!“

Das Fazit: Kurz vor der Bundestagswahl hat das Thema Abtreibung es ins politische Berlin und sogar bis zur Bundeskanzlerin geschafft. Trotzdem wäre eine Veränderung des Status quo nach dem 24. September ein echtes Wunder. Alexandra Linder wünscht sich deshalb auch eine Mentalitätsveränderung in Deutschland, die weit über politische Entscheidungen hinausgeht. Denn: „Kinder sind Zukunft, keine Katastrophe!“

Autor/-in: Oliver Jeske

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