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21.03.2017 / Interview / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Tanja Rinsland

Nicht länger Opfer!

Fast wäre Peggy Banks von ihrem Exfreund ermordet worden. Ein Bibelvers rettete sie.

Die Amerikanerin Dr. Peggy Banks hat ein gefährliches Doppelleben geführt. Nach außen hin war sie die taffe Geschäftsfrau: beliebt, extrovertiert und erfolgreich. Doch zuhause wurde sie von ihrem Freund regelmäßig bedroht und körperlich misshandelt. Sie schaffte es nicht, aus dem Teufelskreis von häuslicher Gewalt ausbrechen, was sie fast das Leben kostet hätte. In der Sendung ERF MenschGott hat sie uns ihre Geschichte erzählt.
 

ERF: Frau Banks, wie erlebten Sie die Zeit mit Ihrem Exfreund?

Dr. Peggy Banks: Es war eine echte Hölle. Viel Wut, viel Geschrei, viele Schläge.
 

ERF: Können Sie uns ein Beispiel erzählen?

Dr. Peggy Banks (Bild: ERF Medien / Lothar Rühl)

Dr. Peggy Banks: Ich war damals Fitnesstrainerin und habe vor allem Profisportler trainiert. Eines Tages beobachtete mein damaliger Freund, wie ich mit einem männlichen Sportler zusammenarbeitete. Als wir am Abend zuhause waren, schien erst alles in Ordnung – wir standen in der Küche, unterhielten uns, ich war am Kochen. Doch dann, von einer Sekunde auf die andere, bekam er einen Eifersuchtsanfall wegen dieses Sportlers. Er griff nach meiner Kehle, presste mich gegen die Küchenschränke und begann, mich wütend anzuschreien. Aus heiterem Himmel fand ich mich in einer sehr bedrohlichen Situation wieder.

„Ich glaubte, ich könnte ihn ändern“

ERF: Warum haben Sie die Beziehung nach so einem Erlebnis nicht sofort beendet?

Dr. Peggy Banks: Statistiken sagen, dass Frauen bis zu 13 Mal zu ihrem gewalttätigen Partner zurückkehren, bevor sie sich aus solch einer Beziehung lösen können. So war das auch bei mir. Ich habe es mehrmals versucht, doch ich steckte in einem Teufelskreis der Gewalt drin. Wenn er wieder etwas Schlimmes gemacht hatte, trennte ich mich von ihm, worauf er sein Verhalten änderte. Plötzlich war er großzügig und liebevoll und tat wunderbare Dinge für mich. Ich wiederum sehnte mich sehr nach dieser Bestätigung und ließ mich wieder auf ihn ein. Ich war abhängig davon. Ein Teil von mir glaubte damals, dass ich ihn durch meine Liebe verändern könnte, dass ich ihm damit helfen würde.
 

ERF: Was haben Sie in der Liebe gesucht?

Dr. Peggy Banks: Ich habe nach jemandem gesucht, der an mich glaubt, mich ermutigt und liebevolle Dinge über mich sagt. Und manchmal war mein damaliger Freund eben genau so! Und dann wiederum kippte die Beziehung und er gab mir das Gefühl, dass ich daran schuld bin, dass er mich nicht lieben kann. Weil ich die falschen Dinge sage oder ihm gegenüber nicht aufmerksam genug bin. Letztendlich verdrehte er so lange die Wahrheit, bis ich glaubte, nie gut genug für ihn sein zu können. 
 

ERF: Für viele Außenstehende scheint es absurd, wenn Frauen Gewalt einfach so hinnehmen, als Teil der Beziehung. Für die Betroffenen ist es aber offensichlich „normal“. Wie war das bei Ihnen?

Dr. Peggy Banks: Gewalt war etwas, das ich schon aus meiner Kindheit kannte. Damals gehörten körperliche Strafen noch zur Erziehung: Ich wuchs also in einem Umfeld auf, in dem das „normal“ war. Außerdem war es bei uns zuhause nicht einfach: Mein Vater starb noch vor meiner Geburt und ich hatte ein angespanntes Verhältnis zu meiner Mutter, die uns vier Kinder teilweise allein großziehen musste. Ich habe also schon damals gelernt, ein Doppelleben zu führen. In der Schule war ich sehr erfolgreich, ich war beliebt, eine echte Überfliegerin. Doch zuhause verhielt ich mich völlig anders: still, zurückgezogen. Ich wollte bloß kein Fehler machen, damit ich nicht bestraft werde.

„Eine Hilfe in der Not“

ERF: Sie haben erzählt, dass Frauen bis zu 13 Mal zu ihrem Partner zurückkehren, bevor sie den Absprung schaffen. Wie haben Sie den Ausstieg aus der Beziehung geschafft?

Dr. Peggy Banks: Eines Tages hat mich eine Freundin zu einem Gottesdienst eingeladen. Kirche war damals überhaupt kein Thema für mich, doch ich begleitete sie trotzdem. Der Pastor predigte an diesem Sonntag über folgenden Bibeltext: „Gott ist unsre Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten.“ (Psalm 46,1-2). Und da wurde mir plötzlich klar: Es gibt einen Gott, der mir in der Not helfen will – und ich war ja so in Not! Ich sah keinen Ausweg aus der Beziehung. Also begann ich zu beten, dass Gott mir da raus hilft. Ich hatte überhaupt keine Ahnung von Jesus: ich wusste nur, dass ich diesen Gott in meinem Leben haben will!
 

ERF:  Was hat dieses Gebet bewirkt?

Dr. Peggy Banks: Auf einmal war ich bereit, alles zu tun, um mit Jesus in Verbindung zu bleiben. Und was ich nicht ahnte: diese Begegnung mit Gott sollte mir noch am gleichen Tag das Leben retten.

„Ich war mir sicher, dass ich sterben werde“

ERF: Was ist an dem Tag passiert?

Dr. Peggy Banks: Noch an dem Sonntag rief ich meinen damaligen Freund an und sagte ihm, dass ich mit ihm Schluss mache. Am Telefon hatte ich den Eindruck, dass er es ganz gut aufgefasst hatte. Er schien meine Entscheidung hinzunehmen. Doch am Abend brach er plötzlich in meine Wohnung ein und machte mir klar, dass er gekommen war, um mich zu töten. Er hatte ein Messer dabei und über mehrere Stunden hielt er mich in meiner Wohnung gefangen. Er hat mich mehrmals in diese Nacht zusammengeschlagen und mir schreckliche Dinge angedroht.
 

ERF: Was ging Ihnen in dieser Situation durch den Kopf?

Dr. Peggy Banks: Ich war mir sicher, dass ich sterben würde. Ich hatte gegen diesen Mann keine Chance, er war Bodybuilder und war früher Soldat gewesen. Er hätte mich ohne weiteres töten können. Mein Exfreund warf mir furchtbare Dinge vor: Dass ich sein Leben zerstört hätte und andere schreckliche Sachen. Ich wehrte mich nicht dagegen, sondern stimmte allem zu, was er sagte, um zu überleben. Doch so wie ich am Morgen gebetet hatte, wurde Gott in dieser Nacht meine Zuflucht und Stärke. Denn ich spürte eine übernatürliche Kraft, so dass ich innerlich dem Schmerz, den Schlägen und den wiederholten Vergewaltigungen dieser Nacht standhalten konnte. Vielleicht hat mein Exfreund diese Stärke in mir gesehen, denn nach mehreren Stunden verließ er plötzlich meine Wohnung. Ich glaube, Gott hat ihm gezeigt, dass er mich nicht würde töten können.
 

ERF: Für Sie ist es ein Wunder, dass Sie überlebt haben – doch die Folgen einer solch traumatischen Erfahrung können verehrend sein. Wie ging es Ihnen nach dieser Schreckensnacht?

Dr. Peggy Banks: Nachdem mein Exfreund die Wohnung verlassen hat, habe ich stundenlang in einer Ecke gekauert und mich nicht vom Fleck bewegt. Ich lag einfach da, zusammengerollt. Ich glaube, ich habe gar nicht richtig begriffen, was mit mir passiert war. Es scheint mir heute absurd, aber als dann der nächste Tag anbrach, bin ich aufgestanden, habe geduscht und bin zur Arbeit gegangen. Ich habe einfach weitergemacht, als sei nichts passiert. Ich habe den Mann auch nicht bei der Polizei angezeigt – ich habe einfach nichts getan. Heute würde ich alles anders machen!
 

ERF: Warum haben Sie ihn nicht angezeigt?

Dr. Peggy Banks: Ich hatte solche Angst, dass andere herausfinden, was mir widerfahren war. Ich wollte nicht, dass andere denken, ich hätte mein Leben nicht im Griff… Heute würde ich das völlig anders anpacken. Es hat fünf Jahre gedauert, bis ich jemandem von dieser Nacht erzählt habe. 

„Auf Gott ist immer Verlass“

ERF: Fünf Jahre – eine lange Zeit! Warum haben Sie auf einmal darüber gesprochen? 

Dr. Peggy Banks: Ich konnte einfach nicht mit der Lüge weiterleben! Mir ging es damit nicht gut, denn ich litt unter der Angst und dem Druck, alles verbergen zu müssen. Deswegen vertraute ich mich einer Seelsorgerin an.
 

ERF: Wie reagierte sie auf Ihre Geschichte?

Dr. Peggy Banks: Erst einmal gar nicht, sondern sie hörte mir einfach zu und brachte mir ganz viel Liebe entgegen. Das tat gut und holte mich genau da ab, wo ich war. Dann machte sie mir Mut, die Bibel zu lesen und mich mit Jesus auseinanderzusetzen. Ich folgte ihrem Rat und Jesus wurde zu dem Menschen, mit dem ich mich sicher fühlte. Dem ich vertrauen konnte und der mir das gab, was ich so lange in Beziehungen gesucht hatte: sichere, echte, ewige Liebe.
 

ERF: Aber Gott hatte Sie nicht vor der Gewalt ihres Exfreundes bewahrt. Haben Sie ihm das nicht vorgeworfen?

Dr. Peggy Banks: Nein, das habe ich nicht – Gott war so gut zu mir! Ich habe ihn allerdings gefragt, warum ich ohne einen Vater aufwachsen musste, jemand, der mir in Sachen Liebe vielleicht ein gutes Vorbild hätte sein können. Doch ich habe begriffen, dass auch ein guter Vater nur ein Mensch ist: jemand, der dich auch mal enttäuscht und Fehler macht. Ich habe durch meine Erfahrungen gelernt, mein Vertrauen ganz auf Gott zu setzen, der mir immer eine sichere Zuflucht ist! Natürlich ist es wunderbar, Menschen zu haben, die für mich da sind: Freunde, Ermutiger, Unterstützer. Aber auf Gott ist immer Verlass.

„Eine Reise der Hoffnung“

ERF: Ihre eigene Geschichte hat Sie inspiriert, sich für andere Frauen einzusetzen, mit dem Projekt „Women of Hope“. Worum geht es da?

Das Projekt ERF│TWR Women of Hope spricht Frauen auf der ganzen Welt durch Medien Hoffnung zu, zum Beispiel durch Radiosendungen in 69 verschiedenen Sprachen. Dort spielen auch Themen wie häusliche Gewalt und Missbrauch eine Rolle, von denen viele Frauen weltweit betroffen sind. Die Programme machen ihnen Mut, mit Gott eine Beziehung einzugehen und ihre Sicherheit in ihm zu suchen. Wir wollen sie inspirieren, eine neue Identität zu finden: als geliebte Töchter Gottes.
 

ERF: Wie sieht das konkret aus?

Hörspielproduktion „Hidden Treasures“ (Bild: Bodo Folger)

Wir produzieren zum Beispiel die Sendung „Hidden Treasures“. Eine Hörspielreihe speziell für Frauen, die als Prostituierte arbeiten. Viele davon werden von Menschenhändlern dazu gezwungen; andere glauben, schlichtweg keine andere Möglichkeit zu haben, ihre Familie zu ernähren. Die wahren Geschichten aus den Hörspielen vermitteln den Frauen Selbstwert und ermutigen sie, sich Hilfe zu suchen, damit sie aus der Prostitution aussteigen können.
 

ERF: Wenn Sie zurückblicken: Wie sehen Sie heute Ihr Leben?

Ich sehe mein Leben als eine Reise der Hoffnung: Vom Zerbruch zu Gottes Schönheit!
 

ERF: Vielen Dank für das Interview.

 

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