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© Corinne Kutz / unsplash.com

30.09.2019 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Theresa Folger

Gib! – Muss das sein?

Übers Geben und den fröhlichen Geber.

„Zum Teilen reicht es immer.“ Würden Sie diesem Satz zustimmen? Als ich ihn das erste Mal hörte, dachte ich: „Nicht immer. Wenn ich selbst schon zu wenig habe, kann ich nicht auch noch abgeben.“
 

Gib, egal wie viel du hast

Bei näherem Betrachten ist dieser Satz aber biblisch – oder zumindest apokryphisch. Die Apogryphen sind religiöse Schriften jüdischer bzw. christlicher Herkunft, die nicht zur Bibel zählen. Im Buch Tobit (bzw. Tobias) 4,8 gibt dieser seinem Sohn folgenden Rat mit auf den Weg: „Nach deinem Vermögen gib Almosen; auch wenn du nur wenig hast, scheue dich nicht, wenig Almosen zu geben.“ (LUT2017). Nun klingt „Almosen“ heutzutage recht abwertend. So ist es nicht gemeint. Eher nach dem Motto: „Gib, egal wie viel du hast.“

Ich finde das herausfordernd. Nicht beim Thema Geld – da konnte ich immer abgeben. Aber zum Beispiel bei meiner Zeit: Als arbeitende Mutter eines quirligen Kleinkindes ist meine Freizeit extrem knapp bemessen. Oft ist es nicht einmal eine Stunde am Tag, manchmal sind es nur ein paar Minuten. Wehe, jemand will genau dann etwas von mir – da werde ich ganz kribbelig.

Gib, wie du es dir vorgenommen hast

Abgeben, wenn man selbst wenig hat – da tut sich vermutlich jeder in einem anderen Bereich schwer: beim Gehalt, bei der Zeit oder beim Schokoladenvorrat. Was bedeutet der Ratschlag des alten Tobits für uns alle? Müssen wir uns jetzt verbiegen, um den Apokryphen, die ja noch nicht einmal zur „richtigen Bibel“ gehören, Genüge zu tun?

Ein Satz aus dem 2. Korintherbrief Kapitel 9 Vers 7 hilft uns weiter. Aber nur, wenn wir ihn als Ganzes betrachten. In meiner Kindheit hing bei meinen Eltern nämlich nur der zweite Teil des Verses an der Wand: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“ Das hat mich damals sehr verunsichert: „Was ist denn, wenn ich beim Geben nicht so fröhlich bin, hat Gott mich dann nicht lieb?“ Heute weiß ich: Da stand noch mehr: „Ein jeder [gebe], wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.“
 

Gib, und du bekommst zurück

Aha. Hier geht es gerade nicht um „Gebenmüssen und dabei fröhlich sein“. Gott möchte vielmehr, dass wir freiwillig geben und es von Herzen kommt. Wenn das nicht gelingt, sind wir frei, auch mal nichts zu geben. Wer wie ich nur eine Stunde am Tag Freizeit hat, muss diese nicht dem Ehrenamt oder dem bedürftigen Nachbarn opfern. Er darf diese Zeit für sich genießen – und trotzdem gerne mal eine Ausnahme machen, wenn es der Anlass gebietet. So rief neulich weinend eine Freundin an, die sich ihren Kummer von der Seele reden wollte. Ihr habe ich meine freie Stunde gerne gegeben.

Gott möchte vielmehr, dass wir freiwillig geben und es von Herzen kommt. Wenn das nicht gelingt, sind wir frei, auch mal nichts zu geben.

Was ich immer wieder erlebe, ist: Gott segnet den fröhlichen Geber. Wer sein knapp bemessenes Geld teilt, erlebt vielleicht, dass es am Ende trotzdem gereicht hat (so ging es mir regelmäßig als Studentin). Und wer seine knappe Zeit teilt, kann vielleicht Kraft aus der Gemeinschaft mit dem anderen schöpfen.

„Gib, egal wie viel du hast.“ Das fällt mir nicht immer leicht. Aber ich will es lernen. Denn irgendwie stimmt’s ja: „Zum Teilen reicht es immer.“

Was ich immer wieder erlebe, ist: Gott segnet den fröhlichen Geber.

 

 Theresa Folger

Theresa Folger

  |  Redakteurin

Diplomkulturwirtin und Redakteurin, beschäftigt sich vor allem mit den Themenfeldern „mentale Gesundheit“ und „Persönlichkeitsentwicklung“. Mit ihren zwei aufgeweckten Mädels entdeckt sie dabei regelmäßig neue spannende Aspekte.

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