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© Ben White / unsplash.com

21.03.2020 / Serviceartikel / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Johannes Kolk

Do-it-yourself-Gottesdienst

Der Gottesdienst ist abgesagt? So kann man daheim mit der Familie Gottesdienst feiern.

Auch die Kirchen und Gemeinden in Deutschland ergreifen Maßnahmen wegen des Corona-Virus und sagen nahezu überall Gottesdienste ab. In einer Pressemitteilung betonte Kanzlerin Angela Merkel, dass zukünftig: „abgesprochene, vereinbarte Termine, an denen mehrere Menschen zusammenkommen, also zum Beispiel Gottesdienste“ verboten werden sollen.

Das ist wenig erfreulich, ergibt angesichts der hohen Übertragbarkeit des Virus allerdings Sinn. Ich persönlich sehe in dieser Situation sogar eine Chance. Die Chance, wieder selbst aktiv zu werden und die Vorzüge eines persönlicheren Gottesdienstes in den eigenen vier Wänden zu genießen. Wie ein solcher Gottesdienst aussehen kann, erfahren Sie hier:

Unsere Erwartungen vs. Jesu Versprechen

Die Corona-Krise macht deutlich, was im Ernstfall wirklich wichtig ist und was eher Luxus. In vielen Punkten müssen wir uns eingestehen: Wir sind ganz schön verwöhnt. Das gilt bei Christen auch für das geistliche Leben. Wir sollten uns kritisch hinterfragen: „Was brauchen wir WIRKLICH, um als Familie oder Gemeinschaft mit Gott in Beziehung zu treten?“

Wenn man diese Frage ehrlich beantwortet, wird vieles von dem, was man sonst als unabdingbar für einen „richtigen“ Gottesdienst einstuft, plötzlich ziemlich unwichtig. „Denn wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“ sagt Jesus selbst in Matthäus 18,20. Da steht nichts von einer professionell abgemischten Band, einem opulenten Gebäude oder einer stimmungsvoll ausgeleuchteten Bühne. Da steht auch nichts von rhetorisch begabten Pastoren oder einer guten Kaffeetheke für danach.

Zwei oder drei Personen, versammelt in Jesu Namen. Das reicht. Und das ist auch in Corona-Zeiten super zuhause umsetzbar. Der Vorteil: Durch die bedeutend kleinere Gruppe wird der Gottesdienst um einiges persönlicher! Das kann vor allem in ungewissen Zeiten ein echter Segen sein. Denn Gemeinschaft tut gut.

Ein Gottesdienst im kleinen Rahmen

Ich feiere schon seit mehreren Jahren einmal in der Woche gemeinsam mit meinen Freunden Gottesdienst im Rahmen unserer Hausgemeinde. Alles was wir dafür brauchen, sind wir selbst und eine Bibel. Unsere Treffen teilen wir zeitlich und thematisch in drei Phasen auf. Wie lange der Gottesdienst tatsächlich dauert, richtet sich nach den Anwesenden. Wenn wir beispielsweise zwei Stunden haben, teilen wir die einzelnen Programmpunkte so ein, dass es passt. Wir lassen jedoch keinen Teil aus Zeitgründen entfallen, denn das Gesamtpaket ist wichtig.

In Zeiten der Corona-Krise muss man natürlich anmerken, dass auch in kleinen Gruppen die Gefahr einer Ansteckung besteht. Hier sollte man abwägen und zwar schon, bevor man Hausgottesdienste plant und veranstaltet. Wir müssen uns fragen: Welche Gefahren könnte das Zusammenkommen für einzelne Gemeindemitglieder bergen? Am ratsamsten ist es da in der aktuellen Lage, nur mit Personen zusammenzukommen, zu denen man im Alltag sowieso einen engen Kontakt hat. Man sollte also einen solchen Gottesdienst auf die eigene Familie, die Mitbewohner oder Nachbarn beschränken. Zudem verringert sich die Ansteckungsgefahr, wenn man sich im Freien trifft und ausreichend Abstand zueinander hält. Auch ein Treffen per Skype oder Videochat über WhatsApp oder Facebook ist eine Möglichkeit. Alle Punkte dieses Hausgottesdienstes sind grundsätzlich auch über diese Kanäle möglich.

1. Austausch und Gebet füreinander

Bei unseren Hausgottesdiensten starten wir immer mit einem gemeinsamen Gebet. Wir nutzen etwa ein Drittel der Zeit, um uns auszutauschen und füreinander zu beten. Jeder erzählt von aktuellen Herausforderungen und davon, was er in der letzten Woche mit Gott erlebt hat. Der Fokus liegt hier klar auf dem geistlichen Leben.

Natürlich darf auch eine lustige Anekdote aus der Arbeit mal Platz finden, aber die Gefahr, dass man abschweift, ist hoch. Deshalb bestimmen wir meist einen Moderator, der darauf achtet, dass wir im Gespräch nicht zu sehr abschweifen und nicht zu viel Zeit für den Austausch benötigen. Nachdem ich geteilt habe, was mir auf dem Herzen liegt, wird gezielt für mich und meine Anliegen gebetet. So geht es reihum, bis jeder sich mitgeteilt und Gebet empfangen hat.

2. Lobpreis und Anbetung

Danach nehmen wir uns Zeit, um gemeinsam zu singen und Gott auf diese Weise anzubeten. Wenn jemand eine Gitarre dabei hat, oder zufällig ein Klavier im Zimmer steht, ist das super! Wenn nicht, ist das aber auch kein Problem. Stattdessen kann man Psalmen lesen oder das Abendmahl feiern. Doch auch hier gilt: Wägen Sie vorher ab, ob das Abendmahl wirklich nötig ist. Im familiären Rahmen oder innerhalb einer Wohngemeinschaft kann man es zusammen feiern. Wenn man sich jedoch sonst nicht so nahe ist, raten wir aufgrund einer möglichen Ansteckung davon ab.

Wie lange Teil 2 dauert, kann variieren. Dauert der Austausch etwas länger, so kann man hier getrost ein Lied weniger singen, um genug Zeit für das gemeinsame Bibellesen zu haben. Der Lobpreis muss nicht zwingend ein Drittel der gesamten Zeit beanspruchen. Die Hauptsache ist das gedankliche und emotionale Ausrichten auf Gott.

3. Gemeinsames Bibellesen

Jetzt geht’s ans Eingemachte! Nach Austausch, Gebet und Lobpreis nutzen wir den Rest der Zeit, um gemeinsam Bibel zu lesen. An dieser Stelle möchte ich noch einmal aufgreifen, was ich zu Beginn gesagt habe: Rhetorisch ausgefeilte Predigten sind genial und ich liebe es, Menschen zuzuhören, die mir biblische Wahrheiten glaubhaft und eindrücklich vermitteln können. Aber wir sind nicht davon abhängig. Wenn es so wäre, wäre es sehr schade. Wir sind einzig von Jesus abhängig und wir dürfen darauf vertrauen, dass er durch sein Wort, die Bibel, zu uns spricht.

Meistens bestimmen wir im Vorfeld jemanden, der den Bibeltext vorbereitet. Das muss keineswegs ausgefeilt und tiefgreifend theologisch sein. Vielmehr ist diese Person dafür zuständig, die anderen beim gemeinsamen Bibellesen anzuleiten. Sie sucht besonders interessante Verse heraus, überlegt sich Fragen, die in ein Gespräch über den Text führen und recherchiert gegebenenfalls interessante Hintergrundinfos. Geeignete Fragen zum Einstieg sind: Was spricht mich an? Was verstehe ich nicht? Was sagt der Text über Jesus? Was sagt der Text über uns? Eine andere Möglichkeit ist, gemeinsam ein induktives Bibelstudium durchzuführen.

Nachdem wir uns über den Text ausgetauscht haben, versuchen wir häufig, aus diesem eine Aufgabe für die kommende Woche abzuleiten. Ob man die Aufgabe gemacht hat und was man dadurch mit Gott erlebt hat, kann man dann in der kommenden Woche im Austausch erzählen. Das kann wirklich ermutigend sein!

Abschließend beten wir noch einmal gemeinsam.
 

Der Corona-Virus soll uns nicht vom gemeinsamen Gottesdienst abhalten. Probieren Sie doch einmal dieses Konzept mit der Familie daheim aus. Wir sind gespannt auf Ihre Erfahrungen und Tipps, wie man gemeinsam und doch ohne Ansteckungsrisiko Gottesdienst feiern kann.

 Johannes Kolk

Johannes Kolk

  |  Moderator

Johannes Kolk geht mit offenen Ohren durch die Welt, hört ihr gerne zu und gestaltet sie gerne mit – am liebsten hinterm Mikrofon. Er hat Germanistik, Soziologie und Erziehungswissenschaften studiert, liebt die Natur, und wenn er ein Musikinstrument sieht, dann muss er es einfach ausprobieren.

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