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© SCM R.Brockhaus

06.03.2015 / Buchrezension / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Wie bewältige ich Trauer?

In „Auf Wiedersehen im Paradies!“ beantwortet Wolfgang Kraska Fragen von Trauernden.

 

Was trägt noch, wenn ein geliebter Mensch verstirbt? Wo befindet sich der Verstorbene nach seinem Tod? Und wie kann ich in dieser schweren Situation weiterhin an die Liebe und Gnade Gottes glauben? Auf diese wichtigen Fragen von Trauernden gibt Wolfang Kraska in seinem Buch „Auf Wiedersehen im Paradies! Wenn liebe Menschen von uns gehen“ Antworten. Und das gelingt dem freikirchliche Pastor aus Karlsruhe in einfühlsamer Weise.

Denn Kraska weiß, wovon er schreibt. Vor etwa zweieinhalb Jahren haben er und seine Frau ihren 28-jährigen Sohn durch Suizid verloren. Aufbauend auf dieser schmerzlichen Erfahrung versucht sich Kraska in „Wiedersehen im Paradies!“ an dem Spagat, einerseits die Fragen und Gefühle Trauernder aufzugreifen und andererseits diese den Wahrheiten der Bibel gegenüberzustellen.

Dass ihm dieses Experiment gelingt, liegt zum einen an den persönlichen Erfahrungen Kraskas, die er in authentischer Weise in dem Buch schildert, zum anderen an der Fähigkeit des Pastors, theologische Zusammenhänge einfach, aber doch klar zu erklären.

Keine platten Antworten

Die Aufteilung in die Themenbereiche „Trost spenden“ und „Antworten geben“ findet sich auch im Aufbau des Buches wieder. Im ersten Teil des Buches „Tod und Trauer erleben“ beschreibt Kraska intensiv den eigenen Trauerprozess. Er ist hierbei schonungslos ehrlich ohne voyeuristisch zu sehr ins Detail zu gehen. Es gelingt es ihm dabei, aus der eigenen Trauerarbeit Fragen und Herausforderungen herauszuarbeiten, die Trauernden allgemein begegnen.

Aus eigener Erfahrung gibt er Tipps und schildert, wie er und seine Frau mit bestimmten Fragen und Problematiken umgegangen sind. So entsteht bei mir als Leser nie das Gefühl, dass mir jemand von oben herab Ratschläge erteilt. Ich merke vielmehr: Hier schreibt jemand, der weiß, wie unberechenbar und gemein Trauer ist, wie unlogisch sie manchmal sein kann und wie schwer man sie einfach abschütteln kann. Das tröstet und macht Mut.

Besonders hilfreich ist auch, dass Kraska bei alldem nie eine „Alles-wird-gut-Theologie“ vertritt. Er thematisiert die Frage nach dem Warum und danach, ob Gott eventuell strafe ohne platte Antworten zu geben. Er macht ganz klar deutlich, dass auch Gottes Segen uns und unsere Lieben vor Verlusten nicht schütze, aber es sich lohne, über diese Fragen mit Gott zu ringen und uns wieder neu an das Fundament unseres Glaubens zu erinnern.

Theologisch sehr fundiert, aber zu ausführlich

Nach dem sehr gelungenen ersten Teil des Buches folgt ein zweiter längerer Teil unter der Überschrift „Welche Antworten gibt die Bibel?“. Hier beantwortet Kraska Fragen zu Themen wie „Wie soll man sich den neuen Leib vorstellen?“, „Was machen wir bis zum Jüngsten Gericht?“ und „Kann und darf man für Verstorbene beten?“. Kraska bemüht sich redlich, auf diese Fragen gute und der Bibel entsprechende Antworten zu geben. Dies gelingt ihm sehr gut. Seine Antworten sind theologisch überzeugend und gleichzeitig einfach und klar.

Leider holt er dabei nur an manchen Stellen etwas weit aus. So beantwortet Kraska etwa nicht nur diese Fragen sehr ausführlich, sondern handelt in diesem zweiten Teil noch nebenbei die allgemeinen Grundlagen des christlichen Glaubens ab. Der Vorteil ist: Dieses Buch gibt Trauernden, die sich in einer solchen Lebensphase eventuell zum ersten Mal dem christlichen Glauben zuwenden, klare und präzise Antworten dazu, was Glauben eigentlich bedeutet.

Der Nachteil aber ist: Kraska verliert damit den Fokus seines Buches aus den Augen. Natürlich ist es wichtig zu erwähnen, dass der Heilige Geist in Trauer Trost spenden kann. Doch ein Übergabegebet wirkte für mich in diesem Zusammenhang fehl am Platz. Gut ein Fünftel des Buches beschäftigt sich damit, Glaubenswahrheiten zu wiederholen, die mir als Christ mehr als bekannt sind und mit dem eigentlichen Thema des Buches nur am Rande zu tun haben. Weniger wäre hier mehr gewesen.

Ein Nachschlagewerk für Trauernde

Ist „Wiedersehen im Paradies!“ nun empfehlenswert oder nicht? Das Buch lohnt sich gerade wegen des starken ersten Teils sehr für Trauernde. Kraska schafft es nämlich, authentisch und leicht verständlich theologisch bedeutsame Zusammenhänge zu schildern und dabei trauernden Christen wieder neu den Blick für Gottes Wesen zu öffnen. Das ist ein großer Verdienst dieses Buches, den auch die stellenweise Langatmigkeit nicht trüben kann.

Gleichzeitig aber kann ich jedem Leser nur empfehlen, sich bei „Wiedersehen im Paradies!“ das herauszusuchen, was ihn stärkt. Nicht für jeden Trauernden sind Randthemen wie „Feuerbestattung“ oder „Gebet für Verstorbene“ von Belang. Kraska selbst regt durch zahlreiche Querverweise sogar dazu an. Diese Querverweise ermöglichen es den Lesern, sich genau mit den Themen intensiver zu beschäftigen, die gerade Fragen aufwerfen. Eine solche Aufteilung würde auch vielen anderen Ratgebern gut tun. Ebenfalls als positiv empfand ich die Meditationen am Ende des Buches.

Fazit

Kürzer, knapper, pointierter. Das hätte „Wiedersehen im Paradies! Wenn liebe Menschen von uns gehen“ noch gefehlt. Doch auch wenn man über die Länge und Ausführlichkeit dieses Buches streiten kann, ist es ein hilfreicher Ratgeber in Zeiten der Trauer. Es hilft dabei, sich schwierigen Fragen zu stellen, ohne dabei die Beziehung zu Gott preiszugeben.

 

Sie denken an Suizid, machen sich um jemanden Sorgen oder haben einen Menschen aufgrund eines Suizidtodesfalls verloren? Hier finden Sie Erste-Hilfe-Tipps, Notfallkontakte und Hilfsangebote.

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 Rebecca Schneebeli

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Rebecca Schneebeli ist Literaturwissenschaftlerin und arbeitet nebenberuflich als freie Lektorin und Autorin. Die Arbeit mit Büchern ist auch im ERF ihr Steckenpferd. Ihr Interesse gilt hier vor allem dem Bereich Lebenshilfe, Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungspflege. Mit Artikeln zu relevanten Lebensthemen möchte sie Menschen ermutigen.

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