„Ich schäme mich des Evangeliums nicht: Es ist eine Kraft Gottes, die jeden rettet, der glaubt.“ (Römer 1,16)
Dieser Bibelvers lässt in meiner Fantasie lebhafte Bilder entstehen: Ich sehe den Apostel Paulus, von dem diese Aussage stammt, in Athen auf dem Marktplatz stehen. Um ihn herum ein Kreis von gebildeten, gut situierten Männern in ihren Tuniken. Während Paulus erklärt, was das Evangelium ist, versucht er jeden von ihnen möglichst direkt anzusprechen. Seine Zuhörer reagieren unterschiedlich. Einige haben einen amüsiert-spöttischen Gesichtsausdruck, manchen merkt man an, dass sie sich schon Fragen und Argumente für die folgende Diskussion zurechtlegen. Eine dritte Gruppe scheint innerlich berührt zu sein.
Der Apostel versucht, sich von diesen verschiedenen Reaktionen nicht aus der Bahn werfen zu lassen. Er erklärt einfach weiter, dass Gott seinen Sohn Jesus aus Liebe auf diese Erde geschickt hat und wie wir Menschen von unserer Schuld gerettet werden können. Paulus weiß, wovon er spricht, denn Gott selbst ist ihm in einer Vision begegnet und hat sein Leben auf den Kopf gestellt. Der ehemalige Christenverfolger weiß auch, wie nötig wir Menschen es haben, dass Gott uns von einem Lebensstil rettet, der wenig nach Gott und stattdessen viel nach unseren eigenen Interessen fragt.
„Was denken die anderen, wenn ich anfange, von Gott zu reden?“
Die Szene verblasst vor meinem Auge. Was bleibt, ist einerseits Respekt vor diesem mutigen Mann, der sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, damit andere Menschen von Jesus erfahren. Andererseits habe ich ein mulmiges Gefühl. Muss ich mich jetzt auch in die Fußgängerzone stellen und anfangen zu predigen? Bedeutet das, sich des Evangeliums nicht zu schämen? Mir fällt es oft schon schwer, über Jesus zu reden, wenn sich die Gelegenheit in einem Gespräch mit Freunden oder Bekannten ergibt, für die der Glaube sonst keine Rolle spielt. Ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen oder eine Reaktion zu bekommen, mit der ich nicht umgehen kann.
Dieser Vers ist für mich deswegen Herausforderung und Ermutigung gleichzeitig. Er fordert mich auf, die Situationen in meinem Leben, in denen ich mich wegen meines Glaubens schäme, nicht als gegeben hinzunehmen. Auch wenn ich mich darin nicht von heute auf morgen ändern werde, lässt mich dieser Vers dafür beten, dass Gott mich mutiger macht.
Sich neu bewusst werden, was Gott uns durch den Glauben schenkt
Auf der anderen Seite gibt mir diese Aussage aus dem Römerbrief auch den Impuls, mir neu zu überlegen, warum die Botschaft von Jesus es wert ist, darüber zu reden. Paulus schreibt, dass sie Gottes Kraft ist, die Menschen rettet. Es geht beim Evangelium nicht bloß darum, dass ich mich ein bisschen besser fühle oder ein wenig sozialer lebe. Die Botschaft von Jesus Christus ist die Antwort auf die zentrale Lebensfrage nach der Beziehung zu unserem Schöpfer und der Schuld, die diese Beziehung verhindert.
Wo ein Mensch beginnt, diesem Evangelium zu vertrauen, kommt Gottes Kraft in sein Leben und er wird innerlich neu. Wenn mir das bewusst ist, kann ich etwas von dieser Kraft in das Leben anderer hineinbringen, indem ich ihnen anbiete, mit ihnen oder für sie zu beten. Das fällt mir in einem ersten Schritt zum Beispiel leichter, als direkt über den Glauben zu sprechen.
Die Botschaft von Jesus Christus ist die Antwort auf die zentrale Lebensfrage nach der Beziehung zu unserem Schöpfer und der Schuld, die diese Beziehung verhindert.
Was mich bei aller eigenen Unsicherheit im Zusammenhang mit diesem Thema tröstet, ist die Tatsache, dass Paulus selbst vermutlich auch Momente kannte, in denen er wie ein Versager wirkte und nicht wie ein begabter Redner (2. Korinther 10,11). Und wie bei ihm muss auch bei mir nicht erst alles perfekt zueinander passen, damit Gott mich gebrauchen kann. Wichtig ist, dass ich nicht dabei stehen bleibe, mich für den Glauben oder meine Begrenzungen im Umgang damit zu schämen. Gott möchte mich gebrauchen und er kann mich verändern – dann erlebe ich selbst auch wieder neu diese Kraft Gottes in meinem Leben.
Ihr Kommentar
Kommentare (2)
Liebe Hanna,
ich finde Deinen Impuls, Deinen ermutigenden Artikel so gut, dass ich mir ein Lesezeichen gesetzt habe und heute, verspätet etwas kommentiere:
-> Die Kraft zum Zeugnisgeben kommt aus … mehrdem Erlebten. Es geht nicht über den logischen Verstand...klar, da hat doch keiner Mut sich auf den Stadtplatz zu stellen.
Lasst uns beten dafür, dass Gott uns begegnet, was unseren Mund öffnet zur rechten Zeit und uns in die richtige Richtung, in Bewegung setzt. Ein kleiner Besuch.
Gruß Hans
Absolute Aussagen!
Man wird immer mutiger!
"Learning by doing". Wenn ich mein Statement begonnen habe, kommt Kraft und Ruhe über mich, als ob ich über's Wetter reden würde!
Vorheriges Bittgebet … mehrbringts. Egal wie die Antwort meines Gegenübers ausfällt-ich habs probiert und sag Danke Gott oder Jesus. Leider vergesse ich zu oft den Heiligen Geist anzurufen !