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11.11.2024 / Andacht / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Horst Kretschi

Nächstenliebe, die bewegt

Warum Sankt Martin mehr ist als ein Kinderfest. Eine Andacht.

Es ist das gleiche Schauspiel jedes Jahr am 11. November: Verkleidete ziehen durch Straßen, die Menschen singen gemeinsam Lieder, oft wird getrunken und immer gefeiert! Wenn du jetzt direkt an die Eröffnung der Karnevalssaison denkst, dann kommst du vermutlich aus dem Rheinland!

Darüber hinaus erinnern die Menschen in vielen Regionen am 11. November an einen Mann, der für seine Hilfsbereitschaft und Nächstenliebe bekannt war. Ein Mann, der ein Vorbild für Kinder und Erwachsene ist, wenn es um das Thema Teilen und Bescheidenheit geht. Mit anderen Worten: Es geht um Sankt Martin!

Die Legende lebt!

Martin wurde Anfang des vierten Jahrhunderts in Savaria, im heutigen Ungarn, geboren. Sein Vater war Militärtribun und hatte für den christlichen Glauben nichts übrig. Bei Martin war das anders. Als Sohn eines römischen Offiziers war er dazu verpflichtet, Militärdienst zu leisten. Das tat er in Frankreich.

Mitten im bitterkalten Winter traf Martin am Stadttor von Amiens auf einen bettelarmen Mann. Der Bettler war der Kälte schutzlos ausgeliefert. Doch niemand hatte Mitleid oder wollte ihm helfen. Als Martin den Bettler sah, teilte er seinen warmen Armeemantel mit dem Schwert in zwei Stücke und gab eine Hälfte dem Bettler.

Diese Geschichte wird vor allem in Kindergärten und Grundschulen jedes Jahr neu zum Leben erweckt. Bei Laternenumzügen mit Martinsliedern wird die Geschichte der Mantelteilung oftmals nachgespielt und im Anschluss Martinsgebäck gegessen.

Was nach der Mantelteilung kommt

Doch wo diese szenischen Darstellungen enden, beginnt die eigentliche Martinslegende erst richtig. In der Nacht nach seiner guten Tat, soll Martin der Legende zufolge, einen Traum gehabt haben. Darin erschien ihm Jesus Christus und dieser war in Martins halben Mantel gehüllt. Jesus dankte Martin für seine Güte, Selbstlosigkeit und Nächstenliebe.

Dieser Teil der Legende bezieht sich auf einen Abschnitt aus dem Matthäusevangelium, Kapitel 25. Darin spricht Jesus vom Weltgericht am Ende der Zeit. Und da heißt es dann:

„Kommt her, ihr Gesegneten meines Vaters, ererbt das Reich, das euch bereitet ist von Anbeginn der Welt! Denn ich bin hungrig gewesen und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich bin durstig gewesen und ihr habt mir zu trinken gegeben. Ich bin ein Fremder gewesen und ihr habt mich aufgenommen. Ich bin nackt gewesen und ihr habt mich gekleidet. Ich bin krank gewesen und ihr habt mich besucht. Ich bin im Gefängnis gewesen und ihr seid zu mir gekommen.

Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann haben wir dich hungrig gesehen und haben dir zu essen gegeben? Oder durstig und haben dir zu trinken gegeben? Wann haben wir dich als Fremden gesehen und haben dich aufgenommen? Oder nackt und haben dich gekleidet? Wann haben wir dich krank oder im Gefängnis gesehen und sind zu dir gekommen? Und der König wird antworten und zu ihnen sagen: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr getan habt einem von diesen meinen geringsten Brüdern, das habt ihr mir getan.“

Glaube und Taten

Der Glaube, richtig verstanden, muss immer Ausdruck in Taten finden. Taten der Wohltätigkeit, der Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft, und zwar gerade gegenüber jenen Menschen, von denen ich keine Gegenleistung in irgendeiner Form erwarten kann.

Der Glaube, richtig verstanden, muss immer Ausdruck in Taten finden. Taten der Wohltätigkeit, der Nächstenliebe und Hilfsbereitschaft.

Denn wenn der Glaube immer nur auf sich bezogen bleibt, ohne Auswirkungen auf das Leben anderer Menschen, dann gilt das, was im Brief des Jakobus steht: „Seid aber Täter des Worts und nicht Hörer allein; sonst betrügt ihr euch selbst“ (Jakobus 1,22). Und: „So ist auch der Glaube, wenn er nicht Werke hat, tot in sich selber“ (Jakobus 2,17).

Für Martin Luther war besonders dieser Satz aus dem Jakobusbrief eine Herausforderung. Schien er doch dem entgegenzustehen, was Paulus in seinem Brief an die Christen in Rom formuliert hat: „So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben“ (Römer 3,28).

Eine Frage von Ursache und Wirkung

Doch Luther konnte schließlich seinen Frieden mit dem Abschnitt aus dem Jakobusbrief machen, weil er erkannte, dass es eine Reihenfolge gibt. Zuerst ist da der Glaube an Jesus Christus, der mich gerecht macht, ohne dass ich dafür etwas leisten oder tun muss, außer zu glauben.

Wenn ich aber erst einmal im Glauben erkannt habe, was Jesus für mich getan hat und wie sehr Gott mich liebt, dann muss das Auswirkungen auf mein Denken und Handeln haben.

Dann tue ich gute Werke, weil ich bereits gerecht bin, und nicht, um durch sie gerecht zu werden. Die Taten der Nächstenliebe sind dann Ausdruck meines Glaubens nicht Ursache.

So gesehen ist die Martinsgeschichte weit mehr als ein Appell zur Hilfsbereitschaft! Vielleicht ist sie auch deshalb nach so vielen Jahrhunderten immer noch so beliebt und gegenwärtig: Weil sie den Kern des christlichen Glaubens aufleuchten lässt!

Autor/-in

Horst Kretschi

  |  Redaktionskoordinator

Horst Kretschi ist Redaktionskoordinator im ERF. Der gebürtige Hesse hat Geschichte, Philosophie und Theologie studiert, ist verheiratet und hat drei Kinder. Er ist sehr heimatverbunden und würde nie aus Butzbach wegziehen. Auf seinem Blog "Horst spielt" rezensiert er regelmäßig Gesellschaftsspiele für Erwachsene und Familien. 

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Dennis /

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