
25.01.2012 / Nachgedacht / Lesezeit: ~ 2 min
Autor/-in: Jörg DechertGott und Gitarre
Für die einen ist es ein rotes Tuch – für die anderen eins von vielen unverständlich-altertümlichen frommen Begriffen: Die „Stille Zeit“.
Die erste Gruppe – die Gläubigen – sind von klein auf mit der Idee aufgewachsen, sich jeden Morgen für ein paar Minuten Zeit alleine zurückzuziehen, in der Bibel zu lesen und zu beten. Was beim Start in ein eigenständiges Glaubensleben wie eine gute Idee klang, wurde im Lauf der Jahre oft zur leeren Form („warum spüre ich Gott nicht?“), zum verkrampften Frusterlebnis („warum schaffe ich das nicht?“) – und manchmal auch zum plakativen Pauschalrezept wohlmeinender aber schlecht-machender Seelsorger („Du musst einfach mehr Stille Zeit machen“).
Die Folge: Viele kämpfen um ein Freischwimmen aus den starren Regeln, und landen letztlich bei einer „On-Demand Spiritualität“: Egal wann, egal wo, egal wie. Egal ob überhaupt? Nicht wenige beschleicht zusammen mit dem Gefühl der Freiheit, auch ein Gefühl der Unverbindlichkeit – und letztlich ein Gefühl der geistlichen Unwirksamkeit vom Lesen in der Bibel oder vom Beten.
Die andere Gruppe – die weniger Gläubigen – hat erstaunlicherweise viel weniger Probleme mit der Idee des regelmäßigen Zeiteinsatzes für eine Sache, die es einem wert ist. Zum Beispiel Gary Fletcher, Autor des Blogs „Not Playing Guitar“, der zum Jahresanfang 2012 seine Leser zum guten Vorsatz herausfordert, intensiver Gitarre zu üben: Did you Practice Guitar Today? Heute schon Gitarre geübt?
Zunächst schreibt Fletcher über das offene Geheimnis aller Menschen, die in einer beliebigen Disziplin erfolgreich sind: Wenn man wirklich weiterkommen will, wachsen will, lernen will, sich entwickeln will, hilft nur eins – üben. Absichtsvoll Zeit investieren und sich Mühe abverlangen. Und dann gibt Fletcher ein paar Tipps, wie man das schafft beim Gitarre lernen:
- Übe jeden Tag
- Übe zu einer festen Zeit
- Übe an einem festen Ort
- Erkläre öffentlich und verbindlich, dass du es tun willst
- Mach es am besten gleich als erstes am Morgen
Klingt bekannt? Klingt verdächtig nach allen Ratschlägen, die ich bisher gehört habe zum Thema „Stille Zeit“. Und ich frage mich: Wenn Leute sich so disziplinieren können, „nur“ um besser Gitarre zu spielen – warum ist Christen diese Disziplin zu viel, um ein viel wichtigeres Ziel zu erreichen, nämlich die persönliche Verbindung mit ihrem Vater im Himmel zu entwickeln?
Man mag von „Stille Zeit“ halten, was man will. Ich kenne Phasen der anfänglichen Begeisterung genauso wie der späteren Verkrampfung und Ernüchterung. Man kann als Christ auch ohne „Stille Zeit“ jede Menge Aktivität veranstalten, die nach außen fromm aussieht. Aber an einem komme ich nicht vorbei: In allen Gesprächen mit Menschen, die mich als authentische, glaubwürdige geistliche Persönlichkeiten beeindruckt haben, taucht immer wieder das gleiche Motiv auf: Ohne regelmäßige Stille und zurückgezogenes Lesen der Bibel und persönliches Beten ist eine tiefe, intensive und belastbare Verbindung zu Gott nicht möglich.
Wenn es mir die Weiterentwicklung im Gitarrespielen schon wert ist, regelmäßig Zeit zu investieren – dann will ich erst recht kämpfen um eine regelmäßige, leidenschaftliche, disziplinierte „Stille Zeit“.
Mehr vom Autor lesen Sie in seinem Blog „pixelpastor“.
Ihr Kommentar
Kommentare (8)
Hallo Ihr lieben!Auch ich spiele seid 8Jahren Gitarre und ich weiß was es heißt zuüben .Ich habe eine kleine Band und bereiten uns grade auf ein Bandwochenende vor,um ein Gottesdienst … mehrvorzubereiten.Das Thema heißt :Gedanken zum Vater unser,ich finde es ist ein gutes Thema zum nach denken.Bitte betet für den Gottesdienst im Mai ,dass viele Menschen zum nachdenken und zum Glauben kommen .Es Grüßt Euch herzlich Jutta R. aus Neubrandenburg
Was in den Leserbriefen steht, kann ich komplett unterschreiben. "Stille Zeit" ist für mich einfach nicht mehr wegzudenken. Man kann nur davon profitieren. Gott möchte, daß wir eine lebendige … mehrBeziehung zu IHM haben. Alles andere erwächst daraus. Er sehnt sich nach Gemeinschaft zu seinen Kindern, nutzen wir dieses Angebot. Gott segne uns alle reichlich!
Die "Stille Zeit" gehört morgens zu meinem Tagesablauf. Vor der Arbeit - um 05:30 Uhr lese ich aus der Bibel etwa 15 Min. Danach stelle ich vor mir ein kleines Kreuz und ein Stein auf den Küchentisch … mehrund das ganze wirkt wie ein kleiner Altar. Die nächsten 15 Min. gehören dem Gebet. Für mich bedeutet diese Zeit eine Kraftquelle - wie ein kleiner Gottesdienst - die ich nicht mehr missen möchte.
Danke! Ich will und brauche auch ein paar Minuten am Morgen - und nutze da die ERF Seite mit der Tageslosung und den Kommentaren - verteidige diese Zeit auch im Familien- und Alltagstrubel. Auf diese … mehrArt Herzlichen Dank an den ERF für die tägliche Begleitung- für mich eine große Schatzkiste!!!
Seit ich den Hinweis gelesen habe, dass die Stille Zeit wie ein Telefonat oder Verabredung mit dem besten Freund/beste Freundin ist, hat sich dieses "ich sollte" zu einem "Ich will" gewandelt. Für eine wichtiges Gespräch mit dem besten Freund würden wir doch auch uns Zeit nehmen!Und wie aufgetankt gehen wir oft aus solchen Gesprächen wieder raus! Wie ist es dann erst recht wenn wir für ein vertrautes Gespräch mit unserem himmlischen Vater auf seinen Schoß krabbeln- klar, er muss uns auch manchmal manches zurechtrücken- aber "alles laufen lassen" war ja auch noch nie der richtige Umgang mit Kindern.
Allen Lesern eine gesegnete Zeit!
Jesus ist die Nummer 1 in meinem Leben, d.h. er bekommt auch den 1. Platz am frühen Morgen. Schon beim Erwachen: Danke, Jesus, dass Du da bist! Ob vor oder nachdem Frühstück. Ich habe nach wie vor … mehrHunger nach Gottes Wort und freue mich regelrecht auf die "Stille Zeit" mit Jesus! Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr ist, wohl dem, der auf ihn traut! Psalm 34,9
Vielen Dank für den guten Artikel. Auch ich kenne die Krise der "Stillen Zeit". Seit ich jedoch die Stille Zeit vor ca. 2 Jahren erneuert habe und auch neue Elemente (v.a. das "Ruhegebet") integriert … mehrhabe, ist in meine geistlichen Leben auch wieder neues Feuer gekommen. Ein Pastor sagte: "Jünger" heißt im Englischen "disciple", was von "Disziplin" kommt. Das kann ich bestätigen und allen, die das hier lesen nur raten, wieder oder weiter "Stille Zeit" zu halten.
Sehr geehrter Herr Dechert herzlichen Dank für ihren wertvollen Beitrag.Ebenso recht herzlichen Dank für die Angabe von pixelpastor.Eine wahre evangelistische Schatztruhe.
Seid Gesegnete! Dies wünscht
Rosemarie B.
Sehr geehrter Herr Dechert,
Ihr Artikel ist sehr hilfreich in Bezus auf das Thema "Stille Zeit", vielen Dank auch für den tollen Newsletter.
Mit freundlichen Grüßen
Anja Q.