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© Nick Karvounis / unsplash.com

03.11.2025 / Andacht / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Rebecca Schneebeli

Alles sinnlos und umsonst?

Wenn Erfolg und Glück ausbleiben, lohnt es, sich auf das Wesentliche zu besinnen. Eine Andacht.

„Es ist alles sinnlos. Ich habe mich so bemüht, völlig umsonst.“ Mit diesem Gedanken habe ich in den letzten zwei Jahren oft gekämpft. Ob es dabei um banale Dinge ging wie den hilflosen Versuch, endlich mehr Ordnung in meinen Haushalt zu bringen, um gesundheitliche Dauerbaustellen, die nicht verschwinden wollten, oder wichtige berufliche Weichenstellungen, die anders verliefen als erhofft.

Es fühlt sich schrecklich an, wenn sich Dinge in meinem Leben nicht vorwärts entwickeln, während ich beobachte, dass andere Menschen schneller oder scheinbar mühelos vorankommen. Das Allerschlimmste dabei ist für mich aber das Gefühl, viel Energie in etwas gesteckt zu haben, was sich am Ende als Sackgasse herausstellt.

Dann frage ich mich: Habe ich es einfach nicht drauf? Bin ich selbst schuld an meinem Misserfolg und gar von Anfang an zum Scheitern verurteilt?

Wenn alles sinnlos erscheint

Das Lied „In the end“ von Linkin Park spiegelt diese Verzweiflung für mich gut wider. Darin heißt es: „I tried so hard and got so far, but in the end, it doesn't even matter.“ Auf Deutsch bedeutet diese Liedzeile in etwa: „Ich habe mich so sehr bemüht und bin so weit gekommen, aber am Ende hat es alles nicht gezählt.“

Am Ende sind die Bemühungen umsonst, so die Aussage des Liedsängers. Dieses Gefühl ist mir nur zu vertraut. Und tatsächlich kenne ich es auch aus der Bibel. In Prediger 1 finde ich ganz ähnliche Worte, wenn auch in anderer Form.

Hier lese ich Sätze wie diese: „‚Vergeblich und vergänglich! Alles ist vergebliche Mühe.‘ Der Mensch müht und plagt sich sein Leben lang, und was hat er davon? … Ich beobachtete alles, was Menschen auf der Erde tun, und ich fand: Alles ist vergeblich. Es ist, als jagtest du dem Wind nach“ (Prediger 3,2-3.14).

Ganz schön hoffnungslose Aussagen für ein Buch wie die Bibel, das Menschen doch ermutigen und inspirieren sollte – findest du nicht auch?

Gibt es Glück und Sinn erst in der Ewigkeit?

Der scheinbaren Sinnlosigkeit des menschlichen Bemühens haben sich auch andere Dichter gewidmet, darunter der Barockdichter Andreas Gryphius. Er lebte zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges und sein Gedicht „Es ist alles eitel“ ist seine Reaktion auf eine Lebenswirklichkeit voller Krieg, Hunger und der Pest. Er lenkt den Blick weg von vergänglichen Gütern wie Besitz, Gesundheit und Ruhm.

Gryphius’ Aussage stimmt mit der des biblischen Predigers überein: Das menschliche Streben nach Glück und Erfolg ist zum Scheitern verurteilt, da sowieso alles vergänglich ist. Das einzig beständige Glück des Menschen liegt in der Ewigkeit.

Diese Einsicht scheint mir einerseits heilsam in einer Welt, die so fixiert auf Glücks- und Erfolgsmomente ist wie die unsere. Andererseits empfinde ich es als billige Vertröstung aufs Jenseits.

Denn auch wenn ich persönlich an einen Himmel und eine bessere Welt glaube, ich weigere mich an einen Gott zu glauben, der uns Menschen diese große verrückte und oft verbesserungsbedürftige Welt vor die Nase setzt und dann sagt: Es ist egal, wie sehr ihr euch damit abmüht, am Ende wartet eh der Himmel auf euch.

Berufen zu gestalten, verflucht zu scheitern?

Mit dieser Botschaft verprellt man Menschen. Und sie scheint mir auch anderen Stellen der Bibel zu widersprechen. Die erste Aufgabe, die Gott dem Menschen in 1. Mose 1,28 gibt, ist nämlich ein klarer Gestaltungsauftrag: „Füllt die ganze Erde und nehmt sie in Besitz! Ich setze euch über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere, die auf der Erde leben, und vertraue sie eurer Fürsorge an.“

Wir sollen gestalten, arbeiten, etwas leisten und gleichzeitig hat vieles von dem, was wir mit Mühe aufbauen, keinen Bestand. Wir scheitern und wir gehen in unseren Versuchen, die Erde in Besitz zu nehmen, in die Irre und zerstören, statt aufzubauen. Wir erleben tagtäglich, dass auf dieser Erde alles vergänglich und so vieles umsonst ist. Wie bei einer Sandburg, die die Flut am nächsten Tag wegspült.

Es wirft bei mir viele Fragen auf, dass Gott mich einerseits zum Gestalten aufruft und mich andererseits gefühlt so oft gegen die Wand laufen lässt. Dass Dinge, die Menschen mit Mühe und Liebe aufgebaut haben, so viel schneller zerstört werden, als sie je wiederaufgebaut werden können.

Für mich ist dies eindeutig eine Folge des Sündenfalls. Denn danach prophezeit Gott dem Menschen Folgendes: „Viel Schweiß musst du vergießen, um dein tägliches Brot zu bekommen, bis du zurückkehrst zur Erde, von der du genommen bist“ (1. Mose 3,19).

Die Trennung zwischen Menschen und Gott verkehrt den guten Auftrag Gottes – das Arbeiten und Gestalten – in Mühsal und sie verändert auch unsere Sicht auf Arbeit.

Genüge ich mir selbst?

In meinem Fall etwa lastete nicht nur auf mir, dass ich mich scheinbar umsonst angestrengt hatte oder gescheitert war. Ich fühlte mich anderen unterlegen und wertlos, weil ich nicht erreicht habe, was ich mir vorgenommen hatte. Ich setzte quasi meinen Wert als Mensch mit dem Erfolg meiner Bemühungen gleich.

Das Schlimmste war nicht die Herausforderung an sich, sondern mein Kampf dagegen. Mein Gefühl der Ungerechtigkeit, der Benachteiligung und des Versagens. Das ständige Vergleichen von Realität und Wunschvorstellung riss ein Loch in meine Seele. Gepaart mit dem schlechten Gewissen, was vielleicht andere – einschließlich Gott – von mir erwarteten, war dies eine toxische Mischung.

Doch ich muss mich nicht von meinen Erwartungen oder denen anderer über Grenzen treiben lassen. Und vor allem steht mir in Gott niemand gegenüber, der immer noch mehr von mir verlangt oder mich für mein Scheitern kritisiert oder verurteilt. Stattdessen ist hier jemand, der mich liebt und mir zuspricht: „Du genügst. Und am Ende zählt dein ehrliches Bemühen mehr als äußerer Erfolg. Kannst auch du das akzeptieren?“

„Wir sterben alle mit unvollendeten Symphonien“

Für mich persönlich ist dies die wichtigste Weiche, die ich umstellen muss, um wieder zu einem ausgewogeneren Selbst- und Weltbild zu gelangen. Dazu gehört mein eigenes Leistungs- und Anspruchsdenken zurückzustellen. Ich möchte ein Mensch bleiben, der Gottes Gestaltungsauftrag ernst nimmt. Aber ich möchte dies tun, ohne meinen Selbstwert davon abhängig zu machen. 

Ich möchte annehmen, dass zu meinem irdischen Leben Scheitern und unvollendete Aufgaben dazugehören.

In einem Buch las ich letztens, dass wir alle mit unvollendeten Symphonien sterben werden.* Dieser Gedanke ist so wahr und macht mich gleichzeitig so unendlich traurig.

Ich hoffe, ich werde eines Tages bereit sein, aus vollen Herzen Ja dazu zu sagen. Bis dahin werde ich mich bemühen – nicht per se um Erfolg, sondern um eine neue Perspektive.
 

*zitiert aus Jordan Raynor: Kaufe deine Zeit aus – 7 biblische Prinzipien für ein zielgerichtetes, präsentes & äußerst produktives Leben, Permission Verlag 2022.
 

Autor/-in

Rebecca Schneebeli

  |  Redakteurin

Rebecca Schneebeli ist Literaturwissenschaftlerin und arbeitet nebenberuflich als freie Lektorin und Autorin. Die Arbeit mit Büchern ist auch im ERF ihr Steckenpferd. Ihr Interesse gilt hier vor allem dem Bereich Lebenshilfe, Persönlichkeitsentwicklung und Beziehungspflege. Mit Artikeln zu relevanten Lebensthemen möchte sie Menschen ermutigen.

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