„Als Christ sollte man jeden Sonntag in den Gottesdienst gehen.“ Wurden Sie auch schon von wohlwollenden Freunden so oder so ähnlich auf ihren spärlichen Gottesdienstbesuch angesprochen? Möglicherweise gibt es auch andere Dinge an Ihrem Verhalten als Christ zu bemängeln. Vielleicht kommen Sie immer zu spät zum Gottesdienst oder arbeiten nicht genug in der Gemeinde mit. Eventuell ertappen Sie sich aber auch selbst dabei, dass Sie andere Christen nach deren Verhalten bewerten.
Viele Zeitgenossen sind davon überzeugt, dass man als Christ mindestens genauso viele Regeln zu befolgen hat wie bei einer Steuererklärung. Und wenn man doch etwas falsch macht, verliert man den Anspruch auf den Himmel genauso schnell wie den Anspruch auf Nachzahlungen der Steuer. Aber stimmt das so?
Wenn man in einige Gemeinden blickt, bekommt man tatsächlich den Eindruck, es ginge beim Christsein vorrangig um das Befolgen von Regeln und dass derjenige, der alle Gebote exakt einhält, einen Sonderplatz im Himmel sicher hat. Aber die wichtigste Nachricht, die wir als Christen kennen, handelt von der Gnade Gottes und nicht von Gesetzen.
Sola Gratia
„Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben“, so steht es in Johannes 3,16. Weder meine perfekte Außenfassade noch das Halten der Gebote wird mich nicht in den Himmel bringen. Jesus Christus ist es, der meine Sünden weggenommen hat.
„Sola gratia“ (Allein durch die Gnade), so hat Martin Luther vor einem halben Jahrtausend formuliert, wodurch wir von Gott angenommen sind. Durch Gnade allein bin ich gerettet, nicht durch regelmäßigen Gottesdienstbesuch. Eine Rettung durch fromme Taten gibt es de facto nicht, denn das ist unmöglich. Ich kann Gottes Gebote nicht aus eigener Kraft halten. Wenn ich das versuche, werde ich gesetzlich.
Natürlich ist Gottes Gnade kein Freibrief. Jesus musste für meine Sünden sterben. Meine Verfehlungen waren so groß, dass mein Leben eigentlich der Preis dafür gewesen wäre. Wenn ich mir dessen bewusst bin, gerate ich nicht in Gefahr, gegen Gottes Gebote zu handeln. Doch ich werde befreit von religiösem Leistungsdenken. Gott hat mich so angenommen wie ich bin, mit aller Sünde, mit allen Fehlern und charakterlichen Eigenheiten. Er kann und will mich verändern, aber zunächst kann ich darauf vertrauen: Ich bin angenommen.
Dieses Wissen sollte sich in meinem Umgang mit anderen Christen widerspiegeln. An mancher Stelle mag liebevolle Zurechtweisung angezeigt sein. Doch allgemein sollen wir anderen mit derselben Haltung begegnen, die Gott uns entgegengebracht hat: Mit Vergebung und Gnade.
Ihr Kommentar
Kommentare (5)
Ich glaube nicht, dass wir alle Sünden, in der Zahl vielleicht Hunderttausende, nennen müssen.
Sehr interessant in diesem Zusammenhang ist es, den Jakobusbrief zu lesen, insbesondere Kapitel zwei ab Vers 14, der sehr gut das Spannungsverhältnis zwischen Glauben und Werken erläutert!
So z.B. Vers 17: "So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat."
Denn aus Gnade seid ihr selig geworden durch Glauben, und das nicht aus euch: Gottes Gabe ist es, nicht aus Werken, damit sich nicht jemand rühme. -Eüheser 2, 8
Auf unsere Treue zu Gott (unsere … mehrGebete, unsere religiösen Werke, unsere Wahrhaftigkeit und unsere Standhaftigkeit) zu vertrauen, würde bedeuten, dass wir Gottes Gnade nicht brauchen, sie als ungültig und Jesu Kreuzestod und Auferstehung als ungültig erklären.
Auf Gottes Treue zu vertrauen bedeutet seine Gnade und Vergebung anzunehmen, nicht mehr Angst vor Tod, Sünde und Teufel zu haben und ein ewiges Leben in Freiheit und Geborgenheit in Christus zu erfahren.
Danke Rebecca für diesen guten und klaren Text!
"Ich werfe nicht weg die Gnade Gottes; denn wenn die Gerechtigkeit durch das Gesetz kommt, so ist Christus vergeblich gestorben. " -Galater 2, 21
Liebe Rebecca Theis, danke für diese Andacht, sie spricht mir aus - und zu -Herzen ! Wir stehen immer in der Gefahr dieses Leistungsdenken, welches uns in Schule, Ausbildung, Beruf eingeimpft wurde … mehrauch auf unser Glaubensleben (unnötigerweise ) zu übertragen. Dennoch denke ich sollten wir durch unseren Lebensstil erkennbar sein als Christen. Ich muß nicht ein Banner vor mir hertragen mit der Aufschrift "ich bin Christ", deshalb hat mir auch der bumper sticker von Arno Backhaus so gefallen :"In die Kirche zu gehen macht dich nicht zu einem Christen-genausowenig wie ein Besuch bei Mc Donald dich zu einem Hamburger macht".
Aber spannend finde ich die Frage wie mein Sein, meine Art zu Leben,- geprägt durch Gottes Wort- andere nachdenklich macht und neugierig auf Gott und zum Thema Christ sein macht. Schön wenn dann jemand auf dich zu kommt und nachfragt warum... .Liebe Grüße von Susanne
Nun ja, ganz so einfach ist es doch nicht. Gott nimmt mich nur dann an, wenn ich durch Jesus die Vergebung meiner Schuld empfangen habe. Das geht aber nur, wenn ich Buße tue, wenn ich alle (und … mehrwirklich alle) meine Sünden bei ihm bekenne. Das habe ich als sündiger Mensch täglich nötig. Gott ist nicht nur ein liebendwer Gott, so wie es heutzutage in den "Wohlfühl-Gemeinden" oft nur gepredigt wird. Er kann auch zornig sein. Aber von der Hölle will ja keiner mehr was wissen. Davon redet man ja am besten nicht mehr. Und wenn dann doch jemand darauf hinweist, spricht man direkt von "Drohpredigern". Ohne eine Buße bei Jesus geht es halt mal nun nicht, aber Jesus ist bei vielen nicht mehr die erste Wahl. Man redet immer nur von einem lieben und guten Gott. Ich glaube ja an Gott, und das reicht? Nein! An Gott glaubt der Teufel auch. Und der will mich täglich von Jesus fernhalten. Mein Glaube an Gott, mein Gemeindebesuch, das alles stört den Teufel nicht. Aber meine lebendige Beziehung zu Jesus, mein ständiges Gebet zu ihm und meine tägliche Buße, das stört ihn. Ich kann sogar alleine gar nichts dagegen machen. Ich allein bin schwach. Aber das ist auch gut so, denn Jesus sagt: Ich bin in den Schwachen mächtig. Wenn Jesus die Nummer Eins in meinem Leben ist, dann erst hat der Satan keine Chance.
Mein eigenes "Ich" muß gebrochen werden, damit Jesus in meinem Herzen Platz hat.