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© Priscilla du Preez / unsplash.com

05.07.2012 / Interview / Lesezeit: ~ 8 min

Autor/-in: Susanne Reddig

Wo empfing Moses die 10 Gebote?

Dr. Lennart Möller berichtet von interessanten archäologischen Funden in Arabien.

Wo der Bundesschluss am Sinai stattfand, ist bis heute unter Theologen und Wissenschaftlern nicht geklärt. Dr. Lennart Möller, ein schwedischer Wissenschaftler und Autor des Buches: „Die Akte Exodus. Neue Entdeckungen über den Auszug aus Ägypten“, spricht im zweiten Teil des Interviews mit ERF Medien über seine Reise an den Jabal al Lawz in Arabien, den er für den wahren Berg Sinai hält. An diesem Berg gibt es außergewöhnliche archäologische Funde zu entdecken, die seiner Meinung nach scheinbar exakt zu den biblischen Berichten passen.

Der traditionelle Berg Sinai ist ein Irrtum

ERF: Nach der Durchquerung des Roten Meeres gingen die Israeliten zu dem Berg, an dem Gott einen Bund mit ihnen schloss und Moses die 10 Gebote empfing. In der Bibel hat dieser Berg drei Namen: Berg Gottes, Berg Sinai und Berg Horeb. Traditionellerweise wird der Berg Sinai an der Südspitze der Sinaihalbinsel lokalisiert. Dort pilgern seit langer Zeit Menschen hin. Sie glauben jedoch nicht, dass das der wahre Berg Sinai ist. Warum?

Dr. Lennart Möller: Der traditionelle Berg Sinai ist beruht auf einer mündlichen Tradition. Er hat keinen Bezug zum Exodus, er wird mit einer Heiligen namens Katharina verbunden. Später wurde er mit dem Exodus verknüpft. Es gibt mindestens 15 verschiedene Vorschläge für Berge auf der Sinaihalbinsel, die als Berg Gottes in Frage kommen könnten. Aber nichts passt auf die biblische Beschreibung auf der Sinaihalbinsel. Und dann kann man zu zwei Ergebnissen kommen: Den Berg Sinai gibt es gar nicht, die biblischen Berichte sind nur eine ausgedachte Geschichte. Oder die Leute suchen einfach an der falschen Stelle.

Berg Gottes liegt in Arabien

ERF: Zusammen mit einigen anderen Forschern vertreten Sie die These, dass sich der Berg Gottes stattdessen in Arabien befindet. Sie sagen, der Jabal al Lawz, östlich vom Golf von Akaba gelegen, sei der wahre Berg Horeb.

Dr. Lennart Möller: Die Bibel ist sehr klar in dieser Frage. Sie sagt, das Land, in dem der Berg Horeb liegt, ist Midian (2. Mose 2,5; 3,1; 3,12; Galater 4,25). Midian lag immer schon in Arabien an der Ostküste des Golfes von Akaba. Auf historischen Karten hat es diesen Namen, heute heißt es Madyan. Der antike Historiker Flavius Josephus sagt, dass es sich bei diesem Berg um den höchsten Berg in dieser Gegend gehandelt hat. Und der höchste Berg in Midian ist der Jabal al Lawz.
 

ERF: Man könnte anhand von 2. Mose 18,27 und 4. Mose 10,30 belegen, dass sich der Berg Gottes außerhalb Midians befindet. Dort heißt es, dass Moses, während er  am Horeb lagert, von seinen midianitischen Verwandten Jethro und Hobab besucht wird. Sie verlassen ihn wieder und es heißt, dass sie „in ihr Land zurückkehrten“, damit könnte Midian gemeint sein. Dann würde der Berg Horeb nicht in Midian liegen.

Dr. Lennart Möller: Das ist eine einfache Frage. Zum Beispiel: Israel war ein Land, aber innerhalb  Israels gab es eine Anzahl von Stämmen, die ihr eigenes Land besaßen. Dies traf auch auf Midian zu. Midian ist ein sehr großes Gebiet, innerhalb Midians hatten Hobab und Jethro ihre eigenen “Länder”, das sind die Gebiete, wo sie lebten, und dahin kehrten sie zurück. Der Berg Horeb ist in einem Bereich Midians und die Lebensräume von Jethro und Hobab befanden sich in einem anderen Teil Midians.

Funde am Fuße des Jabal al Lawz

ERF: Sie sind am Jabal al Lawz gewesen und haben die archäologischen Funde gesehen, die es dort gibt. Auf dem Berg soll zum Beispiel ein Altar stehen, der von Moses stammen könnte.

Dr. Lennart Möller: Man kann im Gebiet dieses Berges eine ganze Menge entdecken. Passend zu dem, was die Bibel sagt, finden wir Altarstrukturen am Fuße des Berges (2. Mose 20,24-26). Wir sehen zwei Korridore, die zu einem Altar hinführen. Es ist ein niedriger Altar und die Korridore wurden für Tiere benutzt, um sie vorwärts zum Altar zu drängen. In der Nähe des Altars gibt es Felszeichnungen, die Bullen darstellen, die in einer Reihe stehen.
 

ERF: Es gibt den Einwand, dass dies überhaupt kein Altar sei, jüdische Altäre hätten anders ausgesehen, sie hatten z. B. Hörner an den Ecken.

Dr. Lennart Möller: Die Bibel sagt,  dass der betreffende Altar ein niedriger Altar von ungefähr einem Meter Höhe sein soll. Das trifft auf diesen Altar zu. Es gibt keine Anweisungen in der Bibel, dass an diesem Altar Hörner angebracht werden sollten (2. Mose 20, 24-26; 24,4).
 

ERF: In der Bibel heißt es, dass bei Moses Altar 12 Säulen standen (2. Mose 24,4). Kann man beim Altar beim Jabal al Lawz Säulen finden?

Dr. Lennart Möller: Wir fanden direkt vor dem Altar runde Säulenbestandteile aus Marmor von ungefähr einem halben Meter Durchmesser und einem Gewicht von jeweils 250 Kilo. Sie waren einst übereinandergestapelt. Außerdem gibt es dort rechteckige flache Steine aus Marmor, die wir für die Fundamentsteine der Säulen halten.
 

ERF: Als Moses sich für längere Zeit auf dem Berg Sinai aufhielt, um die 10 Gebote zu erhalten, verfielen die Israeliten am Fuße des Berges in den Götzendienst und machten sich ein Goldenes Kalb. Sind von diesem Ereignis am Jabal al Lawz noch Spuren zu entdecken?

Dr. Lennart Möller: Es gibt am Fuße des Jabal al Lawz eine natürliche Formation von großen Felsblöcken mit einem flachen oberen Teil in der Mitte. Diese Formation befindet sich dort, wo wir die Mitte des israelitischen Camps vermuten. Dort gibt es Zeichnungen von Bullen an den Felswänden, die an Zeichnungen aus Ägypten erinnern. Die Araber haben diese Felsformation als eine archäologische Stätte eingezäunt. Wir glauben, dass hier das Goldene Kalb stand. Moses holte es herunter und zerstörte es (2. Mose 32,20).
 

ERF: In der Bibel steht, dass Aaron den Altar für das Goldene Kalb gebaut hat (2. Mose 32,5). Kritiker wenden ein, dass diese Felsformation zu groß ist, Aaron hätte sie alleine nicht bauen können.

Dr. Lennart Möller: Er war daran beteiligt, diesen Platz der Götzenanbetung zu erschaffen, aber der Altar ist diese große natürliche Felsformation, die immer schon da war und immer noch da ist. Aaron hat diese Felsblöcke nicht dahin gestellt. Wahrscheinlich machte er darauf nur diese Bullenzeichnungen und platzierte das Goldene Kalb obenauf.
 

ERF: Als die Ereignisse mit dem Goldenen Kalb stattfanden, war Gott sehr verärgert. Er veranlasste eine Bestrafung und 3.000 Männer wurden getötet  (2. Mose 32,26-28). Gibt es am Jabal al Lawz Hinweise, dass dieses Ereignis dort stattfand?

Dr. Lennart Möller: Man findet am Jabal al Lawz einen großen Friedhof. Die Araber gehen davon aus, dass es ein Friedhof ist. Sie haben es als archäologische Stätte ebenfalls eingezäunt. Es sind keine muslimischen Gräber, es gibt keine Zeichen auf den Steinen und niemand darf dort Ausgrabungen durchführen. Es sieht aus, als ob Menschen dort gegraben und Steine auf die Gräber gelegt haben, wahrscheinlich sind es Grabsteine. Einige Steine sind recht groß und stehen aufrecht. Mitten im Nirgendwo, wo niemand lebt, findet man mehrere tausend Menschen begraben.

Der gespaltene Felsen

ERF: Beim Jabal al Lawz gibt es einen sehr ungewöhnlichen Felsen. Was können Sie darüber sagen?

Dr. Lennart Möller: Auf der Rückseite des Berges, den wir als Berg Horeb oder Berg Sinai bezeichnen, gibt es einen Felsen, den wir den “Felsen vom Horeb” oder den “Gespaltenen Felsen” nennen. Wir glauben, er steht an dem Ort, den die Bibel Rephidim nennt, was „Ruheplatz“ bedeutet. In der Bibel steht: Moses schlug den Felsen und Wasser floss aus dem Felsen (2. Mose 17,5).

Man kann dort diesen riesigen gespaltenen Felsen finden, der aufgerichtet auf einem anderen Felsen steht, der wiederum Teil der Rückseite des Horeb ist. Er ist ungefähr sieben Stockwerke hoch, die Spalte ist ungefähr einen Meter breit. Es gibt Hinweise, die Erosionsspuren sein könnten. Sie deuten darauf hin, dass etwas aus dem Stein herausgeflossen ist wie Wasser. Der Boden ist wie sauber gewaschen, es gibt keinen Sand. Die Beduinen halten diesen Platz für einen heiligen Ort.

In Rephidim wurden die Israeliten von den Amalikitern angegriffen. Moses stand und segnete das Volk. Solange er die Hände hochhalten konnte, waren die Israeliten stärker als der Feind. Schließlich gaben die Amalikiter auf (2. Mose 18,8-13). Wir haben Überreste von kriegerischen Handlungen an diesem Platz gefunden, Schleudersteine, jeder 200 – 500 Gramm schwer. Man wickelte sie in ein Stück Leder und schleuderte sie in die Luft. Sie sind tödlich, wenn sie dich treffen.

Ein Garten mitten in der Wüste

ERF: Was gibt es noch Besonderes an diesem Berg zu entdecken?

Dr. Lennart Möller: Es handelt sich bei diesem Gebiet um eine der trockensten Landschaften der Erde. Es regnet gerade einmal in drei Jahren. Aber als wir den Jabal al Lawz bestiegen, regnete es zweimal am Tag. Das ist wirklich ungewöhnlich. Der ganze Berg hat ein Ökosystem mit Fröschen, Libellen, Grünpflanzen, Feigen- und Mandelbäumen.

Die Mandelbäume sind bedeutsam: Der Stab Aarons war aus Mandelbaumholz und blühte an einem speziellen Ereignis. Der heilige siebenarmige Leuchter, die Menorah, der im Zeltheiligtum und später im Tempel stand, sollte wie ein Mandelbaum aussehen. Seine Zweige sollten wie Mandelbaumzweige gestaltet und seine Öllampen sollten wie die Blüten des Mandelbaumes geformt sein. “Jabal al Lawz” bedeutet übrigens “Mandelberg”.

Man findet an diesem Ort insgesamt sehr viele Hinweise auf die Bibel, es gibt mehr als das, worüber wir hier gesprochen haben. Man wird von den verschiedenen Hinweisen regelrecht überwältigt, wenn man dort ist. Wenn man alle Details rund um diesen Berg zusammen nimmt, dann ist es wie ein Puzzle. Jedes kleine Teil unterstützt die anderen Teile und ergibt in der Gesamtheit ein einheitliches Bild.
 

ERF: Vielen Dank für das Gespräch!
 

Zur Person: Dr. Lennart Möller, geboren 1954, ist Professor für Umweltmedizin und Direktor der Forschungsabteilung für analytische Toxikologie am Karolinska-Institut in Stockholm. 

 

Lesen Sie auch den ersten Teil des Interviews mit Dr. Lennart Möller zur Frage, wo die Israeliten möglicherweise das Rote Meer durchquerten.

Ihr Kommentar

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Kommentare (3)

Gottfried R. /

Die Akte Exodus ist ein Werk vor dem ich ganz bescheiden meinen Hut ziehe. Selten habe ich aus der Altertumsforschung ein Werk wie dieses gelesen, das die Geschichte der damaligen Zeit in mehr

Joachim D. /

Eigentlich ist es unnötig, einen Kommentar zu Gunnar zu schreiben. Aber er steht nun mal seit über einem Jahr hier u. braucht eine Reaktion. Seine Kritik ist wie viele andere einfach nur billig und mehr

Gunnar /

Also es gibt ja sehr viele Meinungen unter Wissenschaftlern über z.B. den Ort wo der Berg Sinai liegt um nur auf eine Meinung eingehen zu wollen. Ich bin im Besitz dieses Films und dem Buch. Und muss mehr

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