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© Klaus Schönberg

22.07.2010 / Interview / Lesezeit: ~ 5 min

Autor/-in: Joachim Bär

Himmel auf Erden

K. Schönberg bringt unterschiedliche Kulturen zum Essen an einen Tisch. Vor allem im Blick: Veränderte Gemeinden und ein zukünftiges Dinner.

ERF.de: Herr Schönberg, was gab’s beim letzten Royal Banquet als Hauptgang?

Klaus Schönberg: Es gab Roastbeef. Wobei das keine sehr glückliche Wahl war. Denn das Roastbeef war nicht durchgebraten. Einige Teilnehmer, die aus dem muslimischen Hintergrund kamen, essen nur durchgebratenes Fleisch.

Das Royal Banquet nimmt das eschatologische Bild des Festmahls aus Jesaja 25,6 auf, bei dem Gott für alle Völker ein Festmahl ausrichtet. Menschen aller Kulturen und Nationen werden eingeladen, einen feierlichen Abend bei ausgezeichnetem Essen zu verbringen.

Das Royal Banquet fand bisher drei Mal mit insgesamt rund 140 Gästen statt. Der nächste Termin ist im Spätherbst 2010, erneut in Bad Arolsen.

ERF.de: Trotzdem klingt das ziemlich aufwendig und lecker...

Klaus Schönberg: Ja! Das Essen war gesponsert und hat pro Person über 40 Euro gekostet, so dass wir ein recht aufwendiges Vier-Gänge-Menü in einem Hotel anbieten konnten. Wir wollten ganz bewusst Leute einladen, miteinander zu essen und ihnen vor allem Würde verleihen.

ERF.de: Wer steckt hinter dieser Idee, sich mit diesem Aufwand mit einer bunt gemischten Truppe an den Tisch zu setzen und einen festlichen Abend zu haben?

Klaus Schönberg: Die Idee kam von mir. Nun bin ich ja auch Theologe. Und eine Vision von Jesaja handelt davon, dass am Tisch Gottes einmal Menschen aus allen Nationen und Kulturen und Schichten sitzen werden. Außerdem kommt der Reichgottesgedanke dazu. Wir sollen als Gemeinde Jesu auf der Erde das abbilden, was Gott eigentlich für die Zukunft verheißt. Daher kam der Gedanke, Gemeinde sollte multikulturell sein. Sie soll Ausdruck dessen sein, was einmal im Himmel sein wird. Wenn das so ist, müssen wir Menschen zusammenbringen.

Essen: eines der stärksten Elemente von Kultur

ERF.de: Dieses Anliegen kann ich nachvollziehen. Aber nun findet das Royal Banquet hier auf der Erde statt, mit Menschen, die Neid, Unverständnis und Vorurteile mit sich bringen. Was bringt es also, so zu tun als ob?

Klaus Schönberg: Man tut ja nicht nur so als ob. Solch ein Dinner ist der erste Schritt, mit dem wir uns einander zumuten. Ganz viele von denen, die da waren, leben schon seit zehn Jahren in Deutschland. Die haben gesagt: „Ihr seid die ersten, die uns einladen. Das ist eine große Ehre.“

Außerdem ist Essen ist ein transkulturelles Symbol. Es wird in allen Kulturen verstanden, ähnlich wie Fußball. Das Angenommensein über das Essen auszudrücken, ist eines der stärksten Elemente von Kultur überhaupt. Das finden wir ja auch bei Jesus wieder. Er hat mit den unmöglichsten Menschen gegessen. Dieser Durchbruch zu einer erweiterten Tischgemeinschaft, also nicht nur in der Clique, in der Familie oder Verwandtschaft, wird zu einem kulturübergreifenden und visionsübergreifenden Essen. Das Essen selbst wird zur Botschaft.

Darüber hinaus haben wir an diesem Abend versucht, die Vision zu vermitteln, wie Gott sich diese Welt und die Zukunft vorgestellt hat. Und wie wir das jetzt schon selber umsetzen können.

ERF.de: Wie haben sie das kommuniziert? Diese Gedanken sind ja schon recht christlich angehaucht.

Die Royal Banquets werden wissenschaftlich im Rahmen einer Masterarbeit im Studiengang Gesellschaftstransformation des Marburger Bildungs- und Studienzentrums begleitet. Die gesamte Arbeit wird Ende 2011 fertig, erste Ergebnisse werden demnächst unter praisoweb.org veröffentlicht.

Das Royal Banquet in der lokalen Presse

Klaus Schönberg: Wir hatten ja vier Gänge. Und jeder Gang wurde von ganz kleinen Impulsen unterbrochen, die einen lokalen Bezug hatten oder einen Bezug zum Essen. Oder die Leute mussten am Tisch gemeinsam eine Aufgabe lösen. Das Ganze geschah also spielerisch und hat Gemeinschaft gestiftet. Denn die Leute sind sich ja erst einmal fremd. Als Höhepunkt habe ich erzählt, welchen Traum Gott hat: Dass Menschen aus allen Kulturen an einen riesigen Tisch zusammensitzen. Das ist ein erster Anknüpfungspunkt, keine steile Evangelisation. Eine Chance für unsere Gemeinden, ihre eigene, homogene Struktur zu überwinden. Denn die meisten Gemeinden haben eine gleichartige, deutsche DNS und schaffen es nicht, andere Kulturen anzusprechen.

Wir tanzen kurdische Volkstänze

ERF.de: Das Royal Banquet will also unterschiedliche Milieus und Kulturen zusammen an einen Tisch bringen. Wie kommen Sie an die Leute ran und woher stammen die?

Klaus Schönberg: Also erstens arbeitet in unserer Gemeinde ein Sozialarbeiter, der genau in diesem Bereich arbeitet und persönlich sehr viele Leute kennt. Zweitens haben wir es öffentlich gemacht und zum Beispiel den Bürgermeister als Schirmherr eingebunden. Drittens hatten Leute einfach Bekannte aus verschiedenen Kulturen. Außerdem hatten wir zum Schluss ein paar Plätze frei. Da haben wir Mitarbeiter rausgeschickt, die an den Hecken und Zäunen ein paar Leute eingeladen haben.

Dieser Mix brachte elf verschiedene Nationen zusammen, von Kirgisen über Kurden bis hin zu Kosovo-Albanern. Zu einigen bestanden schon Kontakte, andere waren ganz neu. Wir wollten aber nicht nur etwas für andere tun, sondern auch mit ihnen. Deshalb haben wir eine Familie, die wir schon kannten, gebeten, sich einzubringen. Die haben dann Musik mitgebracht und so haben wir zum Schluss gemeinsam kurdische Volkstänze getanzt.

ERF.de: Tanzen, essen, feiern: Das hört sich nach guter Stimmung an. Welche Atmosphäre herrscht an so einem Abend?

Klaus Schönberg: Zuerst ist sie natürlich angespannt. Man kennt die Leute am Tisch nicht - was ja zum Konzept gehört. Aber man merkt, wie sich das nach dem ersten Gang langsam lockert. An jedem Tisch sitzt auch eine Art Moderator, der ein wenig hilft, dass ein Gespräch in Gang kommt. Und durch die kleinen Aktionen, die wir eingebaut haben, wird jeder Tisch zu einer kleinen Gemeinschaft, mit der man sich identifizieren kann.

Ich will die Kultur verändern

ERF.de: Trotzdem bleiben die beteiligten Milieus eigentlich gerne unter sich. Warum finden Menschen unterschiedlicher Kulturen in Deutschland so schwer zueinander?

Klaus Schönberg ist freiberuflicher Gemeindeberater, Dozent am Forum Wiedenest und Evangelist.

Klaus Schönberg: Einmal ist die Sprachbarriere da. Außerdem kommen viele Menschen aus einer gastfreundlichen Kultur. Es gehört einfach zum guten Ton, auf neue Leute zuzugehen. Hier werden Fremde eher erst einmal ausgeschlossen. Wir Deutsche haben viele der Migranten einfach als Arbeiter angesehen. Wir haben sie nicht eingeladen, weil wir die Gemeinschaft nicht brauchten. Das gilt natürlich nicht für alle, das ist klar. Die Mehrheit aber duldete die Fremden nur, hieß sie aber nicht willkommen.

ERF.de: Kann das Royal Banquet diese Mechanismen aufweichen?

Klaus Schönberg: Ich denke, wir setzen erste Impulse. Wir konnten beim letzten Banquet auch schon direkte Auswirkungen sehen: Es gab sofort Gegeneinladungen. Und von einer Reihe von Leuten weiß ich, dass sie sich weiterhin besucht haben. Beim nächsten Royal Banquet werde ich das Konzept auch ein wenig verändern. Wir laden dann die verschiedenen Nationen ein, miteinander für die Deutschen zu kochen.

ERF.de: Sie haben das Dinner zusammen mit einer örtlichen Baptistengemeinde durchgeführt. Welche Auswirkungen hatte das Banquet für die Gemeinde?

Klaus Schönberg: Ein paar Leute vom Royal Banquet sind selbst zum Gottesdienst gekommen! Aber es geht beim Royal Banquet auch um den Gedanken, dass sich eine Gemeinde verändert und es nicht eine Einzelaktion bleibt. Das Denken und Fühlen der Gemeinde soll sich verändern. Ich will im Prinzip die Kultur verändern. Denn alles, was kulturprägend ist, prägt nachher tatsächlich die Menschen.

 Joachim Bär

Joachim Bär

Joachim Bär war Unit Lead von erf.de und hat die übergreifenden Themen der redaktionellen Angebote des ERF koordiniert. Er ist Theologe und Redakteur, verheiratet und hat zwei Kinder.

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Kommentare (4)

Robert Stephan Kratz, resp. von Kratz /

Sehr gut aufbereitet. Weiter so!
Zuviel dissoziative Bezüge lassen erkranken!

Astrid Vogt /

Super-Aktion, die Kreise ziehen wird! Genau SO sollte Gemeinde sein und ihren Hintern endlich hochbekommen und auf die Menschen zugehen. Ja, Gott liebt die Türken, Kurden, Inder, Iraner und mehr

elisa5 /

Super Idee!! Will auch!!

Martin /

Hallo,
sicherlich wurde in großer Liebe davon erzählt, dass Jesus einfach wunderbar ist. Niemand kommt zum Vater denn durch mich, sagt Jesus. Gute Möglichkeit Jesus schmackhaft zu machen.
L.G. Martin

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