Der Gründer der christlichen Hilfsorganisation Open Doors, auch „Schmuggler Gottes“ genannt, ist gestorben. Die Evangelische Allianz hat eine neue Leitung und Deutschland singt am 3. Oktober. Diese und weitere Themen beschäftigen uns heute im Freitagstalk der Aktuell-Redaktion. Mein Name ist Andreas Odrich und die Informationen hat Katja Völkl für Sie.
ERF: Katja, wir beginnen mit einer traurigen Meldung: Der Gründer des Hilfswerks „Open Doors“, Anne van der Bijl ist tot.
Katja Völkl: Besser bekannt war er vermutlich unter seinem Decknamen „Bruder Andrew“. Er starb am Dienstag im Alter von 94 Jahren. 1955 begann er damit, Bibeln in den Ostblock zu schmuggeln – hinter den „Eisernen Vorhang“. 1967 erschien sein Bestseller „Der Schmuggler Gottes“. Der sowjetische Geheimdienst KGB wusste über Bruder Andrews Arbeit Bescheid, konnte ihn aber offenbar nicht stoppen.
ERF: Er ist ja auch nach Nahost gereist und hat dort Verantwortliche radikal-islamistischer Gruppen getroffen.
Katja Völkl: Richtig, er hat 1996 den früheren Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat getroffen und ihm eine Kinderbibel für seine Tochter geschenkt. Auch hat er sich für die Versöhnung zwischen Israelis und Palästinensern eingesetzt. Markus Rode, der Leiter von Open Doors Deutschland, bezeichnet Bruder Andrew als Mann des Glaubens, der Bibel und des Gebets. Als jemand, der sich völlig auf die Kraft Gottes verlässt, die in der eigenen Schwachheit sichtbar wird.
Zugang zu Kirchenarchiven für Missbrauchsbetroffene
ERF: Der neue Missbrauchsbeauftragte der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Helmut Dieser, will Betroffenen den Zugang zu den Kirchenarchiven ermöglichen.
Katja Völkl: Der Aachener Bischof Helmut Dieser meint, dass die Betroffenen selber aktiv sein sollten und sich nicht als Bittsteller fühlen müssen. Deshalb sei er offen dafür, das hinzukriegen.
ERF: Allerdings muss noch die zuständige Rechtskommission prüfen, inwieweit das möglich ist, damit Datenschutz und Personenrechte gewahrt bleiben.
Katja Völkl: Bischof Dieser ist es wichtig, dass die Menschen wirklich Vertrauen fassen können, dass die Katholische Kirche es ernst meint mit der Aufklärung und Orientierung am Leid der Betroffenen. Dazu gehört auch, dass noch mehr Betroffene den Mut haben, sich zu melden.
ERF: Angesichts der bisherigen Herangehensweise könnte das schwierig sein.
Katja Völkl: Vielleicht hilft dabei, dass sich künftig drei Gremien um das Thema kümmern sollen: Eine bischöfliche Fachgruppe, dessen Vorsitz Dieser übernommen hat, ein neuer Expertenrat aus unabhängigen Fachleuten, und der bereits existierende Betroffenenbeirat. Die neue Struktur löst das bisherige Amt des Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs der Bischofskonferenz ab. Das hatte der Trierer Bischof Stephan Ackermann bisher inne.
Neue Leitung bei Evangelischer Allianz Deutschland
ERF: Die Evangelische Allianz in Deutschland hat eine neue Leitung.
Katja Völkl: Und das ist jetzt nicht technisch gemeint! Der langjährige Bundestagsabgeordnete und frühere Heilsarmee-Pastor Frank Heinrich ist einer von zwei Vorständen. Es gibt jetzt nämlich eine neue Doppelspitze der Evangelischen Allianz in Deutschland. Mit dabei ist Dr. Reinhard Schink, der bisher Generalsekretär der Allianz war. Der bisherige Vorsitzende Ekkehart Vetter wird zum Jahresende in den Ruhestand verabschiedet.
ERF: Welche Aufgabe wird Frank Heinrich denn übernehmen?
Katja Völkl: Unter anderem kümmert er sich um die politische Repräsentation der EAD. Denn der frühere Politikbeauftragte der Allianz, Uwe Heimowski, sucht eine neue berufliche Herausforderung. In den kommenden Jahren will sich die EAD neu aufstellen und Frank Heinrich möchte seinen Beitrag dazu leisten.
Bedford-Strohm: Nicht alle russisch-orthodoxen Geistlichen gehen mit Putin konform
ERF: Heinrich Bedford-Strohm hat sich als neuer Vorsitzender des Zentralausschusses des Ökumenischen Rates der Kirchen bezüglich der Haltung der russisch-orthodoxen Kirchen zum Russland-Ukraine-Krieg geäußert.
Katja Völkl: Er sagte, er beobachtet innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche durchaus auch eine kritische Haltung gegenüber diesem Krieg. In einem Interview mit dem Christlichen Medienmagazin PRO sagte er wörtlich: „Es gibt innerhalb der russisch-orthodoxen Kirche Geistliche, die mit Putins Angriff konform gehen, andererseits aber auch viele, die mit großer Sorge auf den Krieg schauen und ihn kritisch sehen.“
ERF: Wichtig ist sicherlich, in welchem Zusammenhang er das geäußert hat.
Bedford-Strohm wurde auf der Vollversammlung des Ökumenischen Rats der Kirchen in Karlsruhe zum Vorsitzenden des Zentralausschusses gewählt. Dort war auch eine Delegation der russisch-orthodoxen Kirche anwesend.
ERF: Und das hatte unter Teilnehmern und Beobachtern für Kritik gesorgt.
Katja Völkl: Ja. Bedford-Strohm sagte, er selbst habe mit einigen Haltungen auch so seine Probleme innerhalb der Delegation. Aber es sei ihm wichtig, die russischen Geschwister nicht auszuschließen. An keiner Stelle der Vollversammlung habe es Propaganda für Putin gegeben. Vielmehr habe er beobachtet, dass Mitglieder der russisch-orthodoxen Delegation „auch eine Distanz zu Putin“ zum Ausdruck gebracht hätten. Das können die natürlich nicht laut sagen, weil sie sonst mit Gefängnis rechnen müssen.
ERF: Inwiefern will Bedford-Strohm die Beziehungen aufrechterhalten?
Katja Völkl: Dazu sagte er wörtlich: „Wir müssen den Krieg laut und deutlich verurteilen, wie es die Vollversammlung getan hat. Aber wir müssen auch miteinander reden. Ich bin mir sicher, dass die Delegierten durch die Begegnungen anders nach Russland zurückgefahren sind, als sie gekommen sind.“
Göring-Eckardt: Politik soll Vereinsamung in Gesellschaft bekämpfen
ERF: Bundestagsvize-Präsidentin Katrin Göring-Eckardt fordert, dass die Politik die Vereinsamung in der Gesellschaft stärker bekämpft.
Katja Völkl: In einem Gastbeitrag für die „Zeit“-Beilage „Christ und Welt“ schreibt sie: „Verstärkt durch die Krisen unserer Tage entwickelt sich Vereinsamung zu einem zentralen gesellschaftlichen Problem.“ Die Ministerien im Bund sind momentan vor allem mit wirtschaftlichem Krisenmanagement und der nötigen Transformation befasst.
Soziales Krisenmanagement sei aber ebenso wichtig, um die Resilienz der Seelen zu stärken. Demokratischer Zusammenhalt kann nicht von oben verordnet werden, der muss aus der Mitte der Gesellschaft wachsen. Und er darf durch zunehmende Vereinsamung nicht zusätzlich ins Bröckeln kommen.
ERF: Welche Maßnahmen schlägt Göring-Eckardt denn gegen die Einsamkeit vor?
Katja Völkl: Sie will sogenannte „Dritte Orte“ einrichten. Damit meint sie Orte, die den Raum für Miteinander erweitern. Orte ohne Konsumzwang, ohne, dass man wie in einem Restaurant etwas zu essen oder zu trinken bestellen muss. Es sollen Orte sein, an denen sich Austausch ergibt. Die müssten barrierefrei, offen und leicht erkennbar sein. Und gerade auch Kirchen könnten solche Orte sein, meint sie.
ERF: Mit dem Thema Einsamkeit werden wir uns Anfang des nächsten Jahres auch noch intensiver beschäftigen.
Deutschland singt
ERF: Vor 32 Jahren, am 3. Oktober, haben wir die Wiedervereinigung gefeiert. Aber eigentlich nicht alle von uns.
Katja Völkl: Denn mittlerweile gibt es eine ganze Generation, die zur Zeit des Mauerfalls noch nicht auf der Welt war. Und um diesen Menschen die Bedeutung der Wiedervereinigung bewusst zu machen, gibt es Projekte, die daran erinnern. Eins davon heißt „Deutschland singt und klingt“. Dabei treffen sich deutschlandweit viele verschiedene Chöre auf öffentlichen Plätzen. Sie wollen dort singen und Freiheit, Einheit und Hoffnung feiern. Damit die junge Generation nicht vergisst, wie wichtig diese Einheit ist. Das sagt Bernd Oettinghaus aus Frankfurt, der Mitinitiator der Aktion ist.
ERF: Weitere Informationen dazu finden Sie in unserer ERF Plus-Audiothek:
Beitrag zum Thema „Deutschland singt“
Beitrag aus dem Archiv zum Thema „Deutschland singt“
Und mit diesem Hinweis schließt unser heutiger Freitagstalk hier auf ERF Plus. Noch einmal nachhören können Sie ihn ebenfalls in unserer ERF Plus-Audiothek unter „Aktuelles vom Tag“. Wir wünschen Ihnen ein schönes und gesegnetes Wochenende. Am Mikrofon verabschieden sich Andreas Odrich und Katja Völkl vom Team ERF Aktuell.
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