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© Bundesarchiv, Bild 173-1321 / Helmut J. Wolf, via Wikimedia Commons CC BY-SA 3.0

13.08.2020 / Kommentar / Lesezeit: ~ 3 min

Autor/-in: Andreas Odrich

Wie in einem düsteren Science Fiction-Roman

Am 13. August 1961 mauert das DDR-Regime seine eigene Bevölkerung ein.

 

Stell dir vor, morgens wecken dich merkwürdige Geräusche in deiner Straße. Es klingt wie Baulärm, obwohl es Sonntag ist. Du gehst zum Fenster und schiebst die Gardine zurück. Und dann siehst du, dass Bauerarbeiter quer durch deine Straße eine Mauer ziehen. Drüben, auf der anderen Seite stehen deine Freunde und einige Verwandte. Soldaten verhindern mit entsicherten Maschinengewehren, dass jemand den Bautrupp stoppt, oder den Stacheldraht überspringt, der dort ausgerollt ist, wo noch keine Mauer steht. Den Menschen bleibt nur noch, sich verzweifelt zuzuwinken.

 

Was wie der Beginn eines düsteren Science Fiction-Romans klingt, wird im Deutschland des 13. August 1961 grausame Wirklichkeit. In Berlin, wo der Westteil der Stadt eingemauert und vom Gebiet der DDR getrennt wird. Und deutschlandweit an der Nahtstelle zwischen DDR und Bundesrepublik. Es ist wirklich so absurd, wie es klingt.

Die DDR-Führung mauert ihre eigenen Bürger ein. Die laufen ihr nämlich in Scharen davon und flüchten in die Bundesrepublik, den Westen Deutschlands, weil die DDR eine Diktatur ist: Keine beruflichen Entfaltungsmöglichkeiten, keine Perspektiven und dazu die ständige Angst wegen unliebsamer Äußerungen verhaftet zu werden. So spielt sich das Leben der Menschen zwischen Harz und Oder ab.

Eine düstere Schwere lastet über dem Land

Rund 3 Millionen haben das Gebiet der DDR seit 1949 bei Nacht und Nebel über die sogenannte grüne Grenze über Wälder und Felder schon verlassen, der selbsternannte demokratische DDR-Staat blutet aus. Deshalb reagiert die Staatsführung am 13. August 1961 mit Mauer, Stacheldraht und Schießbefehl, dem zu Zeiten der Mauer immer wieder Menschen auf der Flucht zum Opfer fallen, und sperrt ihr Volk buchstäblich ein.

In dieser Zeit zwischen 1961 und 1989 lastete eine düstere Schwere auf unserem Land. Der eiserne Vorhang trennt Bayern und Sachsen, Mecklenburger und Holsteiner. Aber er trennt auch die politischen Machtblöcke, mit den Westmächten, die beim Mauerbau still halten, auf der einen und dem Ostblock unter Führung durch die Sowjetunion auf der anderen Seite. Es herrscht der sogenannte Kalte Krieg, in dem sich beide Seiten mit Atomwaffen bedrohen.

In erster Linie leiden die Menschen in der DDR

In erster Linie leiden die Menschen in der DDR. Sie können nicht reisen. Freunde und Verwandte bleiben auf Jahrzehnte getrennt, auch wenn Bürger aus der Bundesrepublik und dem Westteil Berlins ihnen Besuche abstatten dürfen, nachdem es dazu in den ersten Jahren nach dem Mauerbau zähe Verhandlungen gegeben hatte, die im sogenannten Passierscheinabkommen mündeten. Auch können DDR-Bürger einen Ausreiseantrag stellen, werden dafür aber vor der Ausreise mitunter über Jahre grauenhaft schikaniert; Menschen, die dies durchgemacht haben, leiden bis heute an den Folgen.

Andere wiederum versuchen, sich mit dem System zu arrangieren. Doch wirtschaftlich geht es mit der DDR immer weiter bergab, was schließlich 28 Jahre später zur Friedlichen Revolution und zum Mauerfall am 9. November 1989 führt, die vor allem von Umweltgruppen, Bürgerrechtlern und den Kirchen, die den Menschen für ihre Proteste ein Dach bieten, ins Rollen gebracht wird.

Der ganze Irrsinn menschlichen Handelns

Ich meine: Am Tag des Mauerbaus bündelt sich der ganze Irrsinn menschlichen Handelns wie in einem Brennglas. Da ist eine atheistische Diktatur, die alle Macht an sich reißt. Die Menschen fliehen, und deshalb mauert man sie ein. Wer widerspricht landet im Zuchthaus. Familien, Freundschaften, Paare und ein ganzes Land werden wissentlich auseinandergerissen.

Der einzige Grund ist der Machterhalt der Staatsführung, der sich an eine Ideologie klammert und nicht wahrhaben will, dass die Realität nichts mit der versprochenen Wirklichkeit der Funktionäre zu tun hat. Für mich als Christ zeigt das deutlich: Wenn der Mensch sich selbst oder eine Ideologie zum Götzen macht, dann endet das im Chaos. Das war im Dritten Reich nicht anders als in der DDR, auch wenn beide Systeme natürlich unterschieden werden müssen.

In Verantwortung vor Gott und den Menschen

Es ist die Erfahrung des Dritten Reiches, die die Mütter und Väter des Grundgesetzes der Bundesrepublik handeln lässt. Sie schreiben in die Präambel, dass Politik in Verantwortung vor Gott und den Menschen geschehen solle und macht deutlich, worauf es in einem Staat ankommt:

 

Nicht darauf, dass sich eine Partei oder gar einzelne Menschen, wie Autokraten und Diktatoren absolut setzen, sondern dass Politiker und Machthaber immer dem Gemeinwohl verpflichtet bleiben. Dass sie immer nur Diener aller sein können, aber den Staat niemals so führen dürfen, dass alle die Diener eines einzelnen Systems oder eines einzelnen Menschen werden. Und genau daran ist die DDR gescheitert. Die Menschen versuchten, wegzulaufen und sie wurden dafür eingemauert. Das ließ sich eine Weile halten, aber dann ging die DDR mit Recht zu Grunde. Der 13. August ist ein wichtiger Tag, um daran zu erinnern.

 

 Andreas Odrich

Andreas Odrich

  |  Redakteur

Er verantwortet die ERF Plus-Sendereihe „Das Gespräch“. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und ist begeisterter Opa von drei Enkeln. Der Glaube ist für ihn festes Fundament und weiter Horizont zugleich.

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