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© E. Vetter

28.01.2017 / Interview / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Andreas Odrich

Glaube in Politik und Leben

Ein Interview mit dem Vorsitzenden der DEA Ekkehart Vetter. Teil 2.

Zum Auftakt des neuen Jahres und zum Auftakt seiner Amtszeit als Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz (DEA)hat der Theologe und Präses des Mülheimer Verbands Freikirchlich-Evangelischer Gemeinden, Ekkehart Vetter, ERF Medien besucht. In Calando auf ERF Plus hat Vetter im ersten Interview mit Andreas Odrich zu grundsätzlichen Fragen im Blick auf sein Amtsverständnis und im Blick auf die Evangelische Allianz Auskunft gegeben. Im zweiten Teil des Interviews ging es um den Umgang mit Flüchtlingen, Andersgläubigen und darum, wie Christen ihren Glauben politisch leben. Fragen und Antworten sind der Lesbarkeit halber sinnvoll zusammengefasst.

ERF: Sie selbst engagieren sich in Ihrer Gemeinde für Flüchtlinge und repräsentieren damit auch die Haltung der Deutschen Evangelischen Allianz. Warum war dies für Sie von Anfang an selbstverständlich?

Ekkehart Vetter: Wir müssen auf jeden Menschen zugehen, der uns über den Weg läuft. Wir haben als Nachfolger Jesu gar nicht das Recht, uns gegen Menschen abzugrenzen. Von daher empfinde ich es in der persönlichen Begegnung mit Menschen als eine riesige Chance, glaubwürdige und authentische Zeugen Jesu Christi zu sein. Menschen dies zu verweigern, dazu habe ich gar kein Recht, sondern ich möchte zu allen die Liebe Gottes in Jesus Christus transportieren.

Muslime finden es nicht komisch, über den Glauben zu reden

ERF: Erzählen Sie auch Muslimen von Ihrem Glauben an Jesus Christus?

Ekkehart Vetter: Es ist eine gute Entscheidung, wenn Gemeinden und Kirchen sagen: Wir wollen mit Menschen anderer Herkunft, anderer Kultur und anderer Sprache zusammen unterwegs sein. Es ist super, wenn Gemeinden ihnen Gespräche über den Glauben anbieten. Und mehr als das sich Verstehen sind ja oft die Zeichenhandlungen von Bedeutung: Menschen zum Essen einzuladen, ihnen gemeinschaftliches Leben anzubieten und ihnen gute Gastgeber zu sein. Das hilft manchmal mehr, als dass man sich exakt bis in die Verästelungen der Sprache komplett versteht. Und wir erleben es auch, dass Muslime in aller Regel sehr offen sind, über Glaubensfragen zu reden. Die finden das gar nicht komisch.

Ein deutscher Humanist oder Atheist ist da manchmal ein sehr viel schwierigerer Gesprächspartner als ein Muslim, der gerne über den Glauben redet und der es eher befremdlich findet, dass hier so viele Leute sind, die angeblich alle Christen sind, aber denen ihr Glaube ganz wenig bedeutet. Wo ich einladend freundlich und nicht druckvoll über den Glauben rede, werde ich auch moslemische Gesprächspartner finden, die sich da sehr gerne beteiligen. 

Glaube und Politik

ERF: In diesem Jahr sind auch verschiedene Landtagwahlen und vor allem die Bundestagswahl. Wird sich die Deutsche Evangelische Allianz dazu äußern?

Ekkehart Vetter: Man kann sicher erwarten, dass wir Menschen motivieren, an die Wahlurne zu gehen. Denn dass Menschen wählen ist ja nicht selbstverständlich, wenn man Wahlbeteiligungen von 60, manchmal vielleicht 70 und wenn es ganz gut läuft vielleicht auch einmal 75 Prozent sieht. Es ist ein großes Geschenk und Privileg, dass wir freie und geheime Wahlen haben, und das wird auch in unseren Kreisen nicht von allen genutzt, was sehr, sehr schade ist.

Und auch, wenn es mir manchmal nicht leicht fällt zu wählen, weil ich nicht mit allem übereinstimme, was eine Partei repräsentiert, gehe ich eben trotzdem wählen und bete für politisch Verantwortliche. Das ist ein alter biblischer Grundsatz, dass wir das als Christen tun sollen. Vielleicht ist es manchmal sogar das Allerwichtigste, was wir tun können, und dazu wollen wir motivieren. Wir werden aber mit Sicherheit nicht empfehlen, was Menschen zu wählen haben. Das ist ihre Entscheidung, die sie vor Gott treffen müssen. Aber dass Menschen eine innere politische Gesinnung haben in der Weise, dass ich als Staatsbürger mitverantwortlich bin für das, was hier insgesamt läuft, sollte eine gute Selbstverständlichkeit unter uns sein.

ERF: Gibt es für Sie eine rote Linien etwa im Blick auf eine Parteizugehörigkeit?

Ekkehart Vetter: Rote Linien gibt es theoretisch viele, wenn ich mir die politische Landschaft anschaue. Ich sage: Ich folge Jesus nach als einem, der Frieden gestiftet hat, der jemand war, der ohne Vorurteile auf Menschen zugegangen ist, der Menschen an sich herangelassen hat, wo andere gesagt haben: Halte dich lieber fern von ihnen.

Wenn ich das bei politischen Entscheidungen umsetze, sage ich auch da: Wir sind als Christen unterwegs und sollen Menschen offen begegnen und ihnen mit der Liebe Jesu begegnen. Und da gibt es Fragen, die uns besonders als Christen beschäftigen. Die ganze Frage nach Lebensschutz sowohl vor der Geburt als auch am Lebensende. Das ist sicher ein Thema.

Aber es gibt auch viele andere Themen. Die Frage nach Waffenexporten. Viele Kriege auf dieser Welt werden geführt mit Waffen, die wir aus Deutschland exportiert haben. All das sind Dinge, die in einem Gesamtzusammenhang zu sehen sind. Und je nachdem welche Schwerpunkte man dann für sich setzt, werden Christen durchaus auch zu etwas unterschiedlichen politischen Wahlentscheidungen kommen.

ERF: Vielen Dank für das Interview.

Banner zum Schwerpunktthema Die Kraft der Wahl

 Andreas Odrich

Andreas Odrich

  |  Redakteur

Er verantwortet die ERF Plus-Sendereihe „Das Gespräch“. Er ist verheiratet, hat drei Kinder und ist begeisterter Opa von drei Enkeln. Der Glaube ist für ihn festes Fundament und weiter Horizont zugleich.

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Kommentare (3)

Dr. U. Müller /

... meine Frage richtet sich allein an den Interviewer und steht in in keinem Bezug zu den Aussagen von Ekkehart Vetter, dem ich, genau so wie der Bruder aus Österreich zu seinem Amtsantritt von Herzen Gottes Segen wünsche.

Johann J. /

Herr Ekkehart Vetter!
Ich wünschte mir viele Christen in unseren verschiedenen Gemeinden mit einer solchen Sicht, wie Sie sie in diesem Interview dargestellt haben. Christusorientiert und mehr

Dr. U. Müller /

Warum fragen Sie nicht nach Donald Trump, der in "idea" zunehmend als "guter Christenmensch" inszeniert wird. Wie weit geht die evangelikale Rechte noch ?

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