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© Seb Creativo / unsplash.com

02.08.2016 / Reportage / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Anna Maria Spieß

Wenn Brummifahrer weinen

Hartmut Hennings ist Mitglied der Trucker Church – mit Herz für LKW-Fahrer.

Hartmut Hennings ist leidenschaftlicher LKW Fahrer. Für eine Reportage war ich einen Tag lang mit ihm unterwegs, um die Herausforderungen seines Berufs hautnah mitzuerleben und um herauszufinden, wie Hartmut damit umgeht. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Hartmut ist Christ. Er sieht vieles gelassener, weil er mit Gott unterwegs ist. Außerdem ist es ihm ein Herzensanliegen, sich für LKW-Fahrer stark zu machen und ihnen von Jesus Christus zu erzählen. Deshalb ist er Mitglied der Trucker Church.

Kirche mobil

INFO: Die Trucker Church wurde 2000 gegründet und versteht sich als Missionswerk, das den christlichen Glauben unter LKW-Fahrern verbreiten will. 

Hartmut bezeichnet die Trucker Church als die größte Kirche Deutschlands: „Die ist knapp 22.000 Kilometer lang und nach oben hin offen“, sagt er mir im Interview und lacht. Später erklärt er, dass es sich dabei um einen Verein handelt, der aus knapp 200 Helfern besteht. Sie sind auf Deutschlands Autobahnen unterwegs, kommen mit LKW-Fahrern ins Gespräch, verteilen Bibeln und veranstalten Gottesdienste. Und das alles aus einem einfachen Grund: „Da kann man den größten Geschäftsmann und die beste Idee haben. Aber ohne uns LKW-Fahrer läuft einfach nichts. Irgendjemand muss die Waren ja von A nach B fahren.“ Mitglieder gibt es in der Trucker Church nicht. Jeder, dem LKW Fahrer am Herzen liegen, kann mitmachen. So kommt es, dass die mobile Kirche aus Menschen besteht, die ganz unterschiedliche Konfessionen haben. Es gibt darin Katholiken, Protestanten und Freikirchlicher. Sie alle verbindet der Auftrag, Menschen von Gott zu erzählen und ihnen zu begegnen.

Wenn Brummifahrer weinen

Als LKW-Fahrer kennt Hartmut die Herausforderungen, die der Job mit sich bringt: Zeitdruck, Einsamkeit, familiäre Probleme. Viele LKW-Fahrer sind tagelang nicht zu Hause. Das kurze Gespräch mit den Kunden ist oftmals der einzige soziale Kontakt. Dazu kommen Vorurteile gegenüber LKW-Fahrern und Schwierigkeiten im Straßenverkehr. Ein harter Beruf, der von vielen unterschätzt wird. Deshalb ist es Hartmut, als zweitem Vorsitzenden der Trucker Church, ein Anliegen, LKW-Fahrern einfach mal Danke zu sagen und ihre Arbeit wertzuschätzen.

Da auch er in ganz Deutschland unterwegs ist, kommt er leicht mit anderen Fahrern ins Gespräch. Oft ist es wichtig, einfach nur zuzuhören oder sich über den Beruf auszutauschen. Wenn dann der richtige Moment kommt, gibt Hartmut auch eine Bibel weiter.

Die Truckerbibel ist eine spezielle Bibel für Trucker. Sie enthält das Neue Testament, aber auch Berichte von christlichen LKW-Fahrern, die unterwegs etwas mit Gott erlebt haben.

Ab und zu bietet er auch an, für einen Fahrer zu beten. Er möchte aber niemandem etwas aufzwingen: „Wenn man da direkt mit der Tür ins Haus fällt, gehen gleich die Gardinen zu. Da ist es schon wichtig, einfühlsam zu sein und einfach mal über Alltägliches zu sprechen. Wir kennen ja alle den Druck, der hinter dem Beruf steckt. Und wenn man dann so ins Reden kommt, fangen selbst die dicksten Brummer manchmal an zu weinen. In solchen Momenten kommt man dann ganz von alleine auf geistliche Themen.“

Da ist es schon wichtig, einfühlsam zu sein und einfach mal über Alltägliches zu sprechen. Wir kennen ja alle den Druck, der hinter dem Beruf steckt. Und wenn man dann so ins Reden kommt, fangen selbst die dicksten Brummer manchmal an zu weinen. – Hartmut Hennings

Eine Nummer gegen Kummer?

In seinem LKW hat Hartmut einen Karton mit knapp 30 Bibeln, die er meist innerhalb eines Monats verteilt bekommt. Aber das ist kein Muss. In der Trucker Church geht es nicht um Zahlen, sondern um Menschen. „Ich werfe ja auf dem Rasthof nicht einfach mit Bibeln um mich, Hauptsache, ich habe welche verteilt. Das kann nur funktionieren, wenn man auch schon ein bisschen Kontakt und Vertrauen zu den Fahrern aufgebaut hat. Sonst werfen die die Bibel im Zweifelsfall sofort weg. Ich habe auch immer ein bis zwei fremdsprachige Bibeln dabei, da es ja auch ausländische Fahrer gibt.“

Ich werfe ja auf dem Rasthof nicht einfach mit Bibeln um mich, Hauptsache, ich habe welche verteilt. Das kann nur funktionieren, wenn man auch schon ein bisschen Kontakt und Vertrauen zu den Fahrern aufgebaut hat. – Hartmut Hennings

Was aus den Fahrern wird, denen er eine Bibel in die Hand gedrückt hat, weiß Hartmut nicht. Aber es gibt immer wieder Berichte, in denen LKW-Fahrer Jesus ihr Leben übergeben. In der Trucker Bibel findet sich nämlich eine Telefonnummer, die die Brummis wählen können. Dort werden sie mit einem Pastor verbunden, der ihnen bei Fragen und Problemen zur Seite steht. Über solche Geschichten freut sich Hartmut besonders. Denn dafür macht er diese Arbeit.

Beim Unfall hilft nur: Stoßgebet

Wenn er unterwegs ist, begegnen Hartmut verschiedene Situationen. Nicht selten kommt es zu Staus oder Verzögerungen, die seinen Zeitplan durcheinander bringen. Doch er bleibt gelassen. „Ich könnte da jetzt einen riesigen Aufriss machen, so wie manche Kollegen. Aber was bringt es mir? Gerade, wenn in einer Firma etwas länger dauert, tue ich damit niemandem einen Gefallen. Die Kollegen dort stehen doch auch nur unter Stress, da muss ich die nicht noch mehr nerven. Stattdessen frage ich eher: ‚Na Kollege, haste Stress?‘ Dann kommen die von ganz allein ins Reden und man ist wieder auf einem Nenner.“

Bisher hatte Hartmut immer „Glück“. Nur einen kleinen Auffahrunfall ohne große Folgen hatte er bisher. „Glück gehabt?“ – Für Hartmut sind das die Schutzengel, die auf ihn aufpassen. Wenn er an einem Unfall vorbeifährt, schickt er manchmal ein kleines Gebet Richtung Himmel. Er bittet Gott um Trost für die Angehörigen oder darum, dass es keine Toten gibt. Ansonsten berühren ihn die Unfälle nicht weiter. Er hat keine Angst, sondern ist dankbar, dass bei ihm bisher alles glatt lief. Diese Einstellung hilft ihm, seinen Job ohne Frust und mit viel Freude zu erledigen. Und sie hilft ihm, um anderen LKW-Fahrern Mut zu machen und sie auf Jesus hinzuweisen. Denn er ist es, von dem Hartmut seine Kraft bekommt.
 

 

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Kommentare (1)

Erna S. /

Mein Sohn ,knapp 20 sein Traumberuf ist und bleibt der Berufskraftfahrer. Ende Juni hat er seine Prüfung bestanden ,ich bin sehr Stolz auf ihn.Aber ich habe auch Angst wenn er Montags Nachts los fährt und schließe ihn in meine Gebete ein das er Freitags wieder gesund zu Hause ankommt

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