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/ Bibel heute

Kampf mit Gott

Der Bibeltext Sacharja 2,1-9 – ausgelegt von Ralf Weidner.

Und ich hob meine Augen auf und sah, und siehe, da waren vier Hörner. Und ich sprach zu dem Engel, der mit mir redete: Wer sind diese? Er sprach zu mir: Es sind die Hörner, die Juda samt Israel und Jerusalem zerstreut haben. Und der HERR zeigte mir vier Schmiede.[...]

Sacharja 2,1–9

Haben Sie schon einmal mit einem Bibeltext so richtig gerungen – so wie Jakob am Jabbok, der die ganze Nacht mit Gott kämpfte?

Beim heutigen Text hätte ich das gern getan, was ich über Martin Luther einmal gelesen habe. Er meinte, wenn er einen Bibelvers nicht versteht; „... einfach seinen Hut zu nehmen und weitergehen“. Trotzdem, wie Gott Jakob nicht losließ, so hat mich dieser Text nicht losgelassen. Und ich kann sagen: Es hat sich gelohnt!

Dieser Text ist zwar rund 2500 Jahre alt, aber trotzdem so aktuell, dass es mich wirklich wundert. Es geht um Vertreibung und Neubeginn, um menschliche Schicksale, um Macht und Ohnmacht, um verlorenes Vertrauen – und um die Frage: Wie kann ich Vertrauen wiederfinden und für die Zukunft bewahren?

Vielleicht denke ich dann: Am besten, ich baue einen Zaun – oder noch besser – eine Mauer um mich herum. Wenn ich schon Vertrauen zurückgewinne, dann will ich es schützen, bewahren, sichern.

Das sind Themen, die den Judäern damals zur Zeit des Propheten Sacharja sehr vertraut waren.

Dazu ein Blick in die Geschichte:

Das Buch Sacharja gehört zu den sogenannten „Zwölf kleinen Propheten“ des Alten Testaments und entstand etwa um 520–500 v. Chr., also in der Zeit nach dem Babylonischen Exil.

Damals befand sich das Volk Juda im Wiederaufbau. Jerusalem wurde 586 v. Chr. durch die Babylonier unter König Nebukadnezar zerstört, und ein großer Teil der Bevölkerung war verschleppt worden. Etwa 50 Jahre später, nach der Eroberung Babylons durch die Perser unter König Kyros II., durften die Judäer zurückkehren und den Tempel wiederaufbauen.

Doch damit stellten sich neue Fragen:
Wie kann man wieder sicher leben? Braucht man Schutz – vielleicht Mauern und Zäune? Wie sinnvoll sind diese? Zäune und Mauern sind bis heute ein Thema. Wer schon einmal einen Gartenzaun gebaut hat, weiß: Es gibt viele Regeln. Wie hoch darf er sein? Aus welchem Material? Wer bezahlt ihn?

In manchen Bundesländern gilt das Prinzip des „rechtshändigen Einfriedens“: Wer von der Straße aus gesehen rechts wohnt, muss bei Bedarf den Zaun aufstellen – wenn der Nachbar das verlangt.

In manchen US-Bundesstaaten wiederum sind Zäune verboten, wenn sie nur aus Bosheit errichtet werden, um den Nachbarn zu ärgern. Sie sehen: Das Einzäunen hat viele Facetten.

Aber warum beschäftigen uns Zäune überhaupt so sehr? Ein Zaun grenzt ab. Er zeigt: Bis hierher – und nicht weiter. Hier beginnt mein Grundstück, meine Welt, mein Einflussbereich. Er schützt meine Privatsphäre – und manchmal auch andere, etwa wenn ein bissiger Hund im Garten läuft und diesen als sein Revier sieht.

Eine Mauer aus Feuer, was soll das genau sein? Ich lese dazu nochmal Vers 9, auf den ich es heute zulaufen lasse:

Doch ich selbst werde eine Mauer aus Feuer um Jerusalem bilden, spricht der HERR,

und ich werde die Stadt mit meiner Herrlichkeit erfüllen.“

Mauer? Feuer? Das klingt irgendwie bedrohlich! Aber je länger ich mit dem Text gerungen habe, desto mehr habe ich verstanden: Diese Worte sind nicht unfreundlich, sondern zutiefst tröstlich. „Ich selbst werde eine Mauer aus Feuer … bilden.“ Wie haben die Menschen das wohl damals verstanden?

Der vordergründige Aspekt ist sicher die Frage nach Schutz und Sicherheit: Eine Stadtmauer war damals lebenswichtig – sie schützte vor Feinden und wilden Tieren.

Eine „Mauer aus Feuer“ aber ist mehr, sie ist unüberwindbar. Gott sagt: Ich selbst bin euer Schutz – stärker als jede Mauer aus Stein! Hier bildet sich Gottes Gegenwart ab. Im Alten Testament steht Feuer oft für die Gegenwart Gottes – etwa im brennenden Dornbusch bei Mose. Gott sagt damit: Ich bin mitten unter euch, nicht fern!

Ein weiterer Aspekt ist die Unabhängigkeit von menschlichen Hilfeleistungen: Die Rückkehrer aus dem Exil hatten keine Mauern, keine befestigte Stadt. Aber Gott sagt: Ihr braucht keine menschliche Absicherung. Ich bin da – und das genügt! Diese Zusage schenkte damals Hoffnung und Trost. Gottes Gegenwart ist vielleicht nicht sichtbar, aber sie ist real, stark und persönlich.

Er handelt – damals wie heute. Diese Zusage erfüllt uns mit Gottes Herrlichkeit, was im zweiten Teil des Verses nochmal betont wird. „Und ich werde die Stadt mit meiner Herrlichkeit erfüllen.“ Auch das ist eine persönliche Zusage: Ich werde …! Während das erste „Ich werde“ den äußeren Schutz meint, geht es hier um den inneren, geistlichen Reichtum.

Eine Stadt kann sicher, modern und wirtschaftlich stark sein – aber ohne Gottes Herrlichkeit bleibt sie kalt, oberflächlich und sinnentleert. Nur wenn Gottes Gegenwart das Leben erfüllt, wird es wirklich lebendig. Sein Segen, seine Gnade, seine Herrlichkeit sind Geschenke, die wir nicht verdienen, sondern nur empfangen können – wenn wir uns auf den Weg mit ihm machen, dies alles zulassen und empfangen.

Es ist sozusagen, der Weg vom Zaun zur Zusage! Wer sich auf diesen Weg mit Gott einlässt, der erfährt, was Jesus über 500 Jahre später sagt: „Und niemand wird sie aus meiner Hand reißen“ (Johannes 10,28). Das ist die Fortsetzung der Zusage aus Sacharja: Gott selbst ist unsere Mauer aus Feuer. Auch für uns Christen.

Er schützt uns – nicht durch Stein und Eisen, sondern durch seine Gegenwart und seine Liebe. Was auch immer geschieht, wer auch immer Mauern oder Zäune durch unser Leben zieht –  verlassen wir uns darauf: Niemand kann uns aus der Gegenwart Gottes herausreißen. Diese Zusage ist die Mauer aus Feuer unseres Lebens. In ihr leuchtet die Herrlichkeit Gottes – heute, morgen und in Ewigkeit.

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