/ Wort zum Tag
Wie ich die Bibel lese
Alexander Nussbaumer über Nehemia 8,8
Sie lasen aus dem Buch, dem Gesetz Gottes, Abschnitt für Abschnitt und erklärten es, sodass man verstand, was gelesen wurde.
Das Werk ist vollendet. Die Stadtmauer um Jerusalem ist repariert. Und jetzt das große Schulterklopfen: Das haben wir gut gemacht. Bravo! Und jetzt die große Party mit Alkohol und Tanz .
Aber halt! So zu feiern wäre das menschlich Übliche, das Normale. Aber so w a r es nicht. Unsere Tageslosung sagt etwas ganz Anderes. Nachdem die Mauer wieder aufgebaut ist, findet ein Gottesdienst statt. Das Wort Gottes wird verlesen und abschnittweise erklärt. Man hat vorgängig eigens für diesen Tag ein Holzpodium errichtet, von dem aus hörbar für alle gelesen wird. Der Priester Esra bringt die Schriftrollen. Bevor er zu lesen anfängt, lobt er Gott. Gotteslob bringt mehr Frucht als Selbstlob. Weihrauch für Gott ist gerechter als Selbstbeweihräucherung.
Ich gehöre zur Schweizerischen Evangelischen Pfarrgemeinschaft. Das ist die kleine Schwester des Deutschen Pfarrerinnen- und Pfarrergebetsbundes. Wir laden zweimal pro Jahr zu einer mehrtätigen Weiterbildung ein. Die morgendliche Bibellese in Gruppen gehört zum eisernen Bestand unserer Tagungen. Die Referate während des Tages sind zwar auch wichtig. Aber wir wollen regelmäßig an die Quelle gehen und uns vom Bibelwort ansprechen lassen.
Leider beobachte ich, dass das Bibellesen vielfach aus der Mode geraten ist. Auch innerhalb der christlichen Gemeinden, innerhalb der Ehepaare und Familien. In einer Gemeindeferienwoche, an der ich teilnahm, sah man während der ganzen Zeit nie eine offene Bibel. Da stellt sich für mich die Frage nach der Legitimation des Anlasses. Es einfach zusammen schön zu haben, tut zwar durchaus gut, aber es ist für die Entwicklung der Gemeinde nicht nachhaltig.
Machen wir uns doch bewusst, wovon wir uns abschneiden, wenn wir die Bibel links liegen lassen. Die Bibel ist wie nahrhaftes Schwarzbrot. Sie muss gekaut und verdaut werden. Dann gelangen die Nährstoffe in den Körper. In der Nahrung befinden sich immer auch Schlacken und Ballaststoffe. In der Bibel finden sich langweilige, schwer verständliche oder schwer verdauliche Abschnitte .
Luther sagte, wenn er auf so einen Abschnitt stoße, dann „nehme ich mein Hütchen und gehe daran vorüber.“ Mit dem, was wir verstehen und was zu uns spricht, haben wir genug Nahrung. Und wer weiß: Vielleicht springt uns eine der Hütchen-Stellen beim nächsten Mal Lesen plötzlich an und wir können einen Gewinn daraus ziehen.
Ich bete:
Herr, mein Gott, ich danke dir für dieses kostbare Buch, die Bibel. Auch nach über 40 Jahren Umgang damit habe ich sie nicht ausgelesen. Immer wieder überraschst du mich mit neuen Entdeckungen. Ich bitte dich für die Christinnen und Christen, die meinen, ohne regelmäßiges Bibellesen durchzukommen: Mach ihnen dein Wort von neuem lieb.
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