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/ Wort zum Tag

Stillwerden vor Gott

Werner Schmückle über Hiob 40,3-4.

Hiob antwortete dem HERRN: Siehe, ich bin zu gering, was soll ich antworten? Ich will meine Hand auf meinen Mund legen.

Hiob 40,3–4

Es ist ein langer Weg, bis Hiob zu dieser Einsicht kommt. Hiob ist ein Mensch, der schwerstes Leid erfahren hat. Sein Besitz und seine Kinder wurden ihm genommen, er selber wurde mit Krankheit geschlagen, seine Frau hat sich von ihm abgewandt. Hiob sitzt auf der Müllkippe vor seinem Heimatort. Er schabt sich mit einer Tonscherbe, um den Juckreiz zu lindern, den ihm die Geschwüre bereiten, die ihn von Kopf bis Fuß bedecken.

Auch seine Freunde, die sich zu ihm setzen und Anteil an seinem Schicksal nehmen, sind ihm keine Hilfe. Ihre frommen Ratschläge und Erklärungen, mit denen sie auf ihn einreden, sind seelsorgerlich gemeint, aber bringen Hiob nicht weiter.

Wir sollten uns davor hüten, mit noch so frommen Worten das Leid eines Menschen erklären zu wollen. Dahinter verbirgt sich oft nur fromm erscheinende Überheblichkeit, die sich anmaßt, Gottes Plan und Gottes Wege mit einem Menschen zu kennen und zu verstehen.

Hiob klagt. „Ich will reden in der Angst meines Herzens und will klagen in der Betrübnis meiner Seele“, sagt er. Er weiß „Ich bin unschuldig“ und er sieht in seinem Leiden keinen Sinn. Wovor ihm graut, das hat ihn getroffen. Er verflucht den Tag seiner Geburt. In der Bibel ist das der Ausdruck der tiefsten Anfechtung. Und Hiob klagt Gott an. „Die Pfeile des Allmächtigen stecken in mir“ und „er hat mich zerbrochen“, sagt er. Er hält Gott vor: „Du hast dich mir verwandelt in einen grausamen Feind!“

Gott hört die Klage und Anklage. Er verbietet Hiob nicht den Mund. Alles darf heraus. Vor Gott muss ich meine Gefühle und meine Wut nicht verbergen. Er weiß, was mich umtreibt. Er kennt mich ja besser als ich mich selber kenne. Gott schreibt auch Hiob nicht ab. Es gilt, was Martin Luther einmal so ausgedrückt hat: „Gottes Augen sind allezeit hingewandt auf die Betrübten und Armen. Je verachteter und verworfener ein Mensch ist, umso näher und gnädiger ist ihm Gott.“

Deshalb ergreift Gott selber das Wort und antwortet Hiob. Er redet zu ihm aus dem Wettersturm. Mit einer ganzen Reihe von Fragen macht er Hiob seine Schöpferherrlichkeit und Größe deutlich. „Wie meinst du da, alles besser zu wissen“, fragt er Hiob.

Da erkennt Hiob seine wirkliche Situation vor Gott, dass er dem lebendigen Gott auf tausend nicht eins antworten kann. Klein und gering ist Hiob angesichts der Größe Gottes. Er bekennt damit, wie es um uns Menschen steht. Als schuldige, sündige Menschen können wir uns nicht zu Richtern Gottes aufspielen.

Hiob kann nur schweigen und sich zum Zeichen dafür seine Hand vor den Mund halten. Aber damit ist der Weg frei für einen Neuanfang mit Gott. Es ist kein verbittertes Schweigen mehr, sondern ein wirkliches Stillwerden vor Gott. Ruhe und Frieden kehren damit in seinem Herzen ein.

Ein Ausleger hat dazu geschrieben: „Stille zu werden vor Gott, das ist das Ziel, das Hiob erreicht.“
Und er macht deutlich, was ein solches Stillwerden für uns bedeutet: „Das heißt still werden, dass Gott selbst mir begegnet, dass das Leid und die Fragen und die Anfechtung nicht mehr zur Wand wird zwischen Gott und mir.“

So kommt Gott auch uns nahe in schweren Zeiten.

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