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Sich einen Schubs geben

Heinz-Werner Neudorfer über 1. Johannes 3,18.

Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.

1. Johannes 3,18

Ist es nicht so? Manchmal kriegen wir einen Hinweis, einen Rat von einer Seite, von der wir ihn niemals erwartet hätten. Ich will Ihnen sagen, wie ich darauf komme:

Wenn ich als Pfarrer Kinder getauft habe, durften die Eltern aus einer Liste, die ich ihnen gab, einen Vers aus der Bibel als Taufspruch aussuchen. Darin sollte ein Wunsch, vielleicht ein Gebet für ihr Kind stecken. In der Elterngunst ganz oben war ein Satz aus Psalm 91: „Er hat seinen Engeln befohlen über dir, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“

Ein schöner Vers! Ein verständlicher Wunsch! Erstaunt hat mich aber, welcher Satz aus dem 1. Johannesbrief (3,18) dem Psalmwort fast den Rang streitig machte. Dort heißt es: „Lasst uns nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge, sondern mit der Tat und mit der Wahrheit.“ 

Was mögen sich die jungen Eltern gedacht haben, als sie ausgerechnet diesen Vers aussuchten? Sicher schwebte ihnen vor, dass ihr Kind einmal ein Christentum der Tat leben sollte. Tat und Wahrheit, das sind die beiden positiven Stichworte. Etwas tun ist das Gegenteil von nichts tun. Von zusehen, wie andere sich abmühen; bloß zuschauen, wenn Schlimmes geschieht; nicht einfach hinnehmen, wenn die Dinge falsch laufen. Schöne Worte, gute Vorsätze – aber sie müssen umgesetzt werden!

Die Familie ist das erste und ein ganz wichtiges Erprobungsfeld. Da zeigt sich, wie ein Mensch „gestrickt“ ist. Wenn ein Mann viel von Liebe redet, aber nicht daran denkt, seiner Frau den schweren Wäschekorb in die Wohnung zu tragen, dann sagt das etwas über ihn. Ähnliches gilt für die größere Gemeinschaft: für die Gemeinde, für die Gesellschaft, für den Staat. Die Pandemie hat uns zwar auf der einen Seite voneinander isoliert, getrennt, uns in den engsten Raum gedrängt. Auf der anderen hat sie uns aber auch gezeigt: Wir brauchen einander und haben Verantwortung füreinander. Viele haben ihre Hilfe angeboten – zum Beispiel beim Einkaufen, wenn jemand in Quarantäne musste, oder als Begleitung zur Impfstation.

„… nicht lieben mit Worten noch mit der Zunge …“, so sagt unser Bibelwort. Wir könnten ergänzen: „… nicht nur mit Worten, nicht nur mit der Zunge …“ Hält uns – uns Christen – das nicht den Spiegel vor? Ist der Hinweis, den meine Taufeltern mit der Auswahl dieses Spruchs gaben, nicht auch ein Seufzer, der sagen soll: „So wie die oder der, die viel von ihrem Glauben reden, sich aber wegdrehen, wenn sie etwas tun sollen; die gnadenlos sind, wenn jemand die Miete nicht mehr zahlen kann – so soll unser Kind mal nicht werden!“

„… mit der Tat und mit der Wahrheit lieben“ – also „echt“, „authentisch“, wie man heute sagt – auch bereit, auf Vorteile zu verzichten und Nachteile hinzunehmen: Dieses Bild gaben Christen offenbar auch damals schon ab, als der Apostel Johannes seine Briefe schrieb. Er meint, da sollten wir uns schon selbst einen Schubs geben: „Lasst uns lieben …“ – aber richtig, wie Jesus es getan hat.

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