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/ Bibel heute

Jesu Grablegung

Christiane Stock über Lukas 23,50-56.

Und siehe, da war ein Mann mit Namen Josef, ein Ratsherr, der war ein guter und gerechter Mann. Der hatte ihren Rat und ihr Handeln nicht gebilligt. Er war aus Arimathäa, einer jüdischen Stadt, und wartete auf das Reich Gottes. Der ging zu Pilatus und bat um den Leib Jesu[...]

Lukas 23,50–56

Diese Verse aus der Bibel sind eingebettet zwischen der dramatischen Kreuzigung von Jesus und dem Durchbruch seiner Auferstehung. Mir kommt es vor wie eine Ruhepause. Stille, nach all dem Trubel der vergangenen Tage und dem entsetzlichen Tod Jesu am Kreuz. Die einen haben ihre Arbeit auf Befehl erledigt, die anderen sind voller Trauer und Schmerz. Der Schock über den Verlauf der Dinge sitzt bei vielen tief. Das hätten sie nicht gedacht. Es kam alles so anders. Da fehlen die Worte und die Hoffnung auf eine lebenswerte Zukunft.

Im Mittelpunkt steht Josef - ein Mann aus Arimathäa. Ich habe mich gefragt, was für ein Mann er wohl war. Was zeichnete ihn aus?

Sechs anregende Eigenschaften an ihm möchte ich herausgreifen:

Mir fällt erstens auf, dass er ein geachtetes Mitglied des Hohen Rates ist. Achtung ist ein hoher Wert. Geachteten Menschen höre ich gerne zu und bin meist gespannt, was so jemand zu sagen hat.

Zweitens wird von Josef berichtet, dass er ein guter Mensch ist. Was gehört zu einem guten Menschen? Aristoteles aus dem antiken Griechenland argumentiert mit guten Charaktereigenschaften und nennt: Tapferkeit, Großzügigkeit, Weisheit und Selbstbeherrschung. Heute würden wir vielleicht noch Hilfsbereitschaft, Empathie, Freundlichkeit, Zielstrebigkeit, Resilienz und Durchsetzungsvermögen hinzufügen.

Bezeichnend finde ich drittens, dass Josef der Verurteilung von Jesus nicht zugestimmt hatte. Josef zeigt damit, dass er auf der Seite von Jesus steht. Seine Meinung ist anders, als die der Masse. Josef bekommt zwar keine Mehrheit, aber er versucht seine Sicht der Dinge in der Abstimmung deutlich zu machen. Es geht schließlich um Jesus. Ein guter Mann. Mir zeigt das Berichtete, dass es möglich ist, eine andere Meinung zu haben und trotzdem, oder gerade deshalb, geachtet zu sein.

Eine vierte Eigenschaft, die Josef auszeichnet, ist die, dass er ein Mann ist, der nach Gottes Willen lebt und auf das Kommen der neuen Welt Gottes wartet. Wer so lebt, der gestaltet sein Leben danach. Josef glaubt, dass Jesus wiederkommen wird, und damit die neue Welt Gottes beginnt. Jesus hat es schließlich vor seinem Tod gesagt. Darauf ist Verlass. Josef hat keine Ahnung wie das vor sich gehen wird, aber er glaubt es fest. Diese Hoffnung und Freude darauf, dass er Jesus wiedersehen wird, drängt ihn immer wieder zu gutem Handeln. Von dieser Freude und der Hoffnung dürfen wir uns heute anstecken lassen. Viel zu oft kommt mir diese Freude im Alltag abhanden. Die vielen schlechten Nachrichten im Fernsehen mit den dazugehörigen Bildern, Nöte im Bekanntenkreis und die Arbeit legen sich bei mir oft ganz unmerklich wie ein Schleier in einer Schwere auf diese Freude und Hoffnung. Ist das nicht schade? Ich möchte mich von Josefs Freude anstecken lassen und diese Naherwartung auf Jesu Wiederkommen neu in mir pflegen. Ich denke, Gott freut sich darüber. Ich habe noch weiteres an Josef entdeckt.

Fünftens: Seine Entschlossenheit, mit der er Pilatus um den Leichnam Jesu bittet. Es ist ihm ein Herzensanliegen, noch etwas für Jesus zu tun. Schnell muss es gehen, da der Sabbat naht, an dem das jüdische Gesetz Ruhe verlangt. Zuvor kauft er ein feines, qualitativ hochwertiges Leinentuch. Darin eingewickelt legt Josef Jesus in ein Grab. Im Matthäusevangelium, Kapitel 27, Vers 60 lesen wir zudem, dass es ein Grab ist, das er für sich selbst in einen Felsen hauen ließ.

Hier wird noch eine sechste Eigenschaft von Josef deutlich: Er gibt sein Bestes für Jesus. Da spüre ich eine Hingabe, die nicht an einen Nutzen denkt, sondern liebt. Es geht Josef nicht um Anerkennung, Leistung oder seinen Ruf. Es ist ihm ein echtes und herzliches Bedürfnis. Ich staune darüber, welches Vorbild mir Josef in seiner Art zu Leben sein kann. Er ist ein Jünger Jesu und zeigt, was ihm Jesus bedeutet. Unmittelbar vor Beginn des Sabbats ist Josef mit dem Begräbnis fertig. Er rollt einen großen Stein vor das Grab. Es ist Freitagnachmittag. Ein paar Frauen sehen zu, wie Jesus in das Grab gelegt wird.

Immer wieder bleibe ich an dieser stillen Pause zwischen Kreuzigung und Auferstehung gedanklich hängen. Was für eine besondere Zeit!

Ich erinnere mich an eine Cellostunde: Ich spiele ein Stück, und übersehe dabei unbeabsichtigt eine Pause. Mein Lehrer unterbricht mich sofort mit den Worten: „Christiane, auch jede Pause hat Respekt verdient!“ Mir wird das nachhaltig ein Bild für mein Leben.

Ich musste mir eingestehen, dass ich auf Pausen lange keinen Wert legte, weil da ja nichts Sichtbares passierte. Inzwischen liebe ich sie und weiß, dass ich sie brauche, um Vergangenes zu verarbeiten. Hier im Text sind es die Geschehnisse von Karfreitag. Es braucht Zeit, um noch einmal in Ruhe die Dinge zu betrachten und wirken zu lassen. Auch ich darf mich fragen: Wo habe ich meine Kraft gelassen? Wo brauche ich noch Zeit zum Verarbeiten? Was soll in der Zukunft Gestalt gewinnen? Pausen verstärken die Wirkung dessen, was dann folgt. Unsere Wahrnehmung wird neu sensibilisiert für die kleinen Schönheiten. Ab und zu erlebe ich, wie Pausen tatsächlich zu „Auferstehungen“ in meinem Leben werden. Manchmal bedeutet es Gewohntes loszulassen oder neue Prioritäten zu setzen. In Pausen gewinne ich einen Blick für Neues. Ich erkenne, was ich kraftlos und gelangweilt versuche, am Leben zu halten. Dabei ist es aber längst tot. Ich befand mich in einer neuen Lebensphase und habe es bis zu einer Pause nicht gemerkt!

Ich erlebe es häufiger in Gesprächen, dass sich Menschen wünschen, etwas zu tun, wofür sie brennen und eine Leidenschaft haben. Gelingt ihnen das in der Umsetzung, merke ich ihnen an, wie erfüllt sie davon sind. Das ist wunderbar. Diese Menschen leben ihr Potential aus, das ihr Schöpfer in sie hineingelegt hat und fühlen sich dabei sehr lebendig. Das strahlen sie auch aus. Ich bin davon überzeugt, dass Pausen Respekt und Achtung verdient haben. Sie geben Orientierung für die nächsten Schritte. Um meinetwillen will ich mir Pausen immer wieder gönnen. Ich kann nicht immer Leistung und Geschwindigkeit bringen. Beim Musizieren kann ich sehr schnell ermüden. Ich glaube auch, dass es Menschen gibt, die ich zu Pausen ermutigen sollte.

Erfrischt geht alles besser. Jesus hat es mir vorgelebt. Ich lese an verschiedenen Stellen in der Bibel, dass Jesus selbst sich zurückzieht, um mit seinem Vater zu reden. Davon möchte ich lernen.

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