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/ Bibel heute

Die Frage nach Jesu Vollmacht

Jürgen Baum über Lukas 20,1-8.

Und es begab sich eines Tages, als er das Volk lehrte im Tempel und predigte das Evangelium, da traten zu ihm die Hohenpriester und die Schriftgelehrten mit den Ältesten und sprachen zu ihm: Sage uns, aus welcher Vollmacht tust du das? Oder wer hat dir diese Macht gegeben? Er aber antwortete und sprach zu ihnen: Ich will euch auch eine Sache fragen; sagt mir:[...]

Lukas 20,1–8

Jesus verkündet im Tempel die gute, frohe Botschaft. Das Evangelium. Er lehrt das Volk. Inhaltlich und in der Art wahrscheinlich unvergleichlich anders als es die Menschen von den Hohenpriestern und Schriftgelehrten gewohnt sind. Hier spricht der Erlöser von seinem himmlischen Vater, geleitet vom Heiligen Geist. Das bleibt nicht ohne Wirkung. So ist es nicht nur damals, so ist es auch heute, wenn es auf die gleiche Weise geschieht: gewirkt durch den Heiligen Geist. Dann gibt es auch wie dort im Tempel die gleichen unterschiedlichen Reaktionen der Menschen.

Dass in dieser Hinsicht hier vom Volk nichts im Einzelnen berichtet wird, zeigt einen anderen Schwerpunkt auf: die Reaktion der Hohenpriester, Schriftgelehrten und Ältesten. Sie ist erschreckend. Jesus, als der Herr und Meister, verkündigt die frohe Botschaft im Tempel und die Führer Israels bezweifeln sein Recht zu lehren. Für sie ist Jesus nur der einfache Zimmermann aus Nazareth. Er hat keinen akademischen Grad und keine Berufung durch eine Religionsgemeinschaft oder damals anerkannte geistliche Größe. Welche Zeugnisse kann Jesus vorweisen? Das, was sie durch die früheren Propheten und ihre Schriften wissen, könnte sie zu der richtigen Erkenntnis bringen, wer Jesus ist. Doch dafür fehlt ihnen die Einsicht.

Die Reden, die Lukas in den Kapiteln 20 und 21 berichtet, sind alle durch deren Äußerungen veranlasst. Diese drei Gruppen bilden zusammen den Hohen Rat, die geistliche und politische Führungsmacht des Volkes, allerdings unter der römischen Herrschaft. Das Wirken und Wesen des Heiligen Geistes durch Jesus, den Sohn Gottes, erreicht sie innerlich nicht. Was ist der Grund? Licht und Schatten treffen hier aufeinander. An anderer Stelle erklärt Jesus seinen Jüngern: Alle Pflanzen, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, die werden ausgerissen. Lasst sie, sie sind blinde Blindenführer! Wenn aber ein Blinder den anderen führt, so fallen sie beide in die Grube. Und dann noch: Was aber aus dem Mund herauskommt, das kommt aus dem Herzen und das macht den Menschen unrein. Denn aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsches Zeugnis, Lästerung. Das sind die Dinge, die den Menschen unrein machen (Matthäus15,13-14+17-20). Menschen wie sie gab und gibt es damals wie heute. Theologisch gebildet, ohne Gottes Willen zu erkennen. Wenn das ein anderer Mensch und nicht Jesus sagen würde, machte er sich des Hochmuts, Stolzes, der Intoleranz und Überheblichkeit schuldig. Aber es ist Jesus, der Herr, Erlöser und Sohn Gottes, der das sagt. Damit ist das eine unumstößliche göttliche Wahrheit.

Aufgrund ihrer inneren Blindheit für die göttliche Wahrheit kommen sie zu Jesus mit dieser Frage, bzw. entschließen sie sich zu dieser Taktik der Scheinheiligkeit. Nach einem ehrlichen Fragen von ihnen sieht das nicht aus. Was wollen sie denn mit dieser doppelten Frage erreichen? Sie fragen nach dem Ursprung und der Mittelsperson seiner Vollmacht. Dass von Jesus eine besondere Kraft ausgeht, ist ihnen offensichtlich bewusst, auch wenn ihnen das sehr widerstrebt: ihr frommer Stolz hindert sie zu erkennen, wer Jesus ist und sich ihm unterzuordnen. Aus ihrer Sicht ist er als vermeintlicher Gotteslästerer ihr Feind, der sie und ihren Einfluss auf das Volk bedroht. Deshalb ihre Taktik.

Mit dem ersten Teil ihrer Frage stellen sie ihm eine Falle. Jesu Erklärung über seine himmlische Sendung solle die Ursache zu einer Anklage gegen ihn wegen Gotteslästerung sein. Zweitens wollen sie wissen, welcher Gottgesandte ihn zu dieser Tätigkeit eingesetzt habe. Deshalb die Frage: „Aus welcher Vollmacht tust du das?“ Der griechische Text zeigt auf, wie sie das gemeint haben. Es ist die Mehrzahlform tauta. Sie steht für die Formulierung: wer hat dir dies gegeben. Diese = tauta, oder umgangssprachlich, „gegeben, diese Dinge zu tun“. Damit meinen sie alles, was Jesus seit dem Einzug in Jerusalem getan hat und noch tut.

Das Vorgehen des Hohen Rates macht deutlich, unter welchem inneren Einfluss sie stehen. Es ist nicht der Heilige Geist, es ist auch kein menschlicher Irrtum über Jesus von ihnen. Hier ist der Widersacher Gottes, Satan, am Werk. Johannes nennt ihn in Offenbarung 12,10 Verkläger unserer Brüder. Genau das versucht der Hohe Rat mit Jesus. Mit der Anrede: „Sage uns“ eröffnen sie ihre listigen Fangfragen an diesem Tag. Diese Streitreden sind damals in der rabbinischen Dialektik üblich. Die Frage nach Jesu Vollmacht wird ihm schon früher gestellt. Oft mit dem gleichen Ziel. Jetzt steigert es sich und ist vorsätzlicher und raffinierter mit vereinten Kräften in der Öffentlichkeit.

Die folgende Reaktion Jesu auf ihre Attacke macht sie in den Augen aller Anwesenden zu Verlierern. Mit dieser Frage über Johannes den Täufer haben sie nicht gerechnet. Sie genügt, um sie zu entwaffnen. Sie sind in ihrem eigenen Fragenetz gefangen. Was sollen sie antworten? Sie müssen entweder die göttliche Autorität Johannes des Täufers anerkennen oder gegen die einmütige Überzeugung des Volkes verstoßen. Für die Menschen ist der Täufer eindeutig ein Prophet Gottes gewesen. Das Volk zeigt in dieser Überzeugung eine solche Festigkeit, dass die hohen Herren im Falle des Widerspruchs fürchten, gesteinigt zu werden. Aus Angst vor den Konsequenzen ihrer Antwort greifen sie in ihrer Verschlagenheit zu einer Ausrede: „Wir wissen es nicht.“ Es ist Heuchelei aus Menschenfurcht. Deshalb beantwortet Jesus ihre Frage nicht. Er weiß, sie wollen keine ehrliche Antwort geben.

Für jeden, der das Wort Gottes verkündet, ist es wichtig, mit dem Heiligen Geist erfüllt zu sein. Wer diese Salbung hat, ist nicht von Menschen abhängig, deren Fähigkeit sich allein auf menschliches Können oder Bildung, Macht, Stellung, akademische Grade, menschliche Titel und Anerkennung beschränkt. Ein Erkennungszeichen eines solchen Menschen ist Demut. Damit meine ich das bewusste Leben in der Abhängigkeit Jesu. Das bedeutet kein falsches Ducken vor anderen, sondern ein Leben in der agape, der Liebe Gottes, die dem dienenden Christen vom Heiligen Geist gegeben wird. Sie ist zuerst auf Gott selbst und dann auf die anderen Menschen in ihrer Unterschiedlichkeit ausgerichtet. Zu dieser Liebe gehören auch die Wahrhaftigkeit und die Wahrheit. Das wird an dem Umgang von Jesus mit den unterschiedlichen Menschen deutlich.

Deshalb gilt der Satz Jesu auch heute allen Christen: „Folgt mir nach!“ D.h. lebt nach meinem Vorbild, nicht aus eigener Kraft, sondern der Heilige Geist ist in euch.

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