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/ Bibel heute

Das Zusammenleben in der Gemeinde

Klaus Brandt über Titus 2,1–10.

Du aber rede, wie sich’s ziemt nach der heilsamen Lehre: Den alten Männern sage, dass sie nüchtern seien, ehrbar, besonnen, gesund im Glauben, in der Liebe, in der Geduld; desgleichen den alten Frauen, dass sie sich verhalten, wie es Heiligen ziemt, nicht verleumderisch, nicht dem Trunk ergeben, fähig, Gutes zu lehren,[...]

Titus 2,1–10

Welches „Programm“ strahlt mein Leben in meiner Umgebung aus? Was sagt meine Familie, was sagen meine Nachbarn, Kollegen und Freunde über mich?

Paulus geht es hier um den guten Ruf der Christen in Kreta, mit dem einen Ziel, dass das Evangelium nicht behindert wird. Die gute Nachricht, dass Gott uns durch Jesus bedingungslos liebt, soll im Leben der Christen sichtbar werden. Wir sollen so leben, dass unsere Mitmenschen „unsere guten Werke sehen und dadurch Gott kennenlernen können und ihn ehren“, sagt Jesus in der Bergpredigt.

Der Umgang miteinander

Im 2. Kapitel beschreibt Paulus, wie die verschiedenen Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten sich in den unterschiedlichen Situationen verhalten sollen. Ich nehme nur mal eine Gruppe heraus, zu der ich selbst gehöre: die alten Männer sollen „nüchtern sein“. Das ist mehr als nicht betrunken. Es geht darum, dass sie die echten von den falschen Freuden des Lebens unterscheiden. Sie sollen „ehrbar“, d. h. vorbildlich leben, im Bewusstsein, dass sie bald vor Gott stehen werden. Deshalb sollen sie besonnen agieren, reagieren. Alle drei Eigenschaften beschreiben einen ruhigen, gelassenen und reifen alten Mann. Von ihm gehen ein zuversichtlicher Glaube, Liebe und Güte, Barmherzigkeit, Geduld und Toleranz aus.

Als jüngerer Prediger war ich von meiner Meinung oft sehr überzeugt und übte manchen Druck aus, um auch andere auf meine Linie zu bringen. Mit viel Liebe und Leidenschaft hoffte ich, das zu erreichen. Dabei erlebte ich öfter mal die alte Weisheit, dass Druck immer auch Gegendruck auslöst. Gott sei Dank, dass ich heute offener bin für andere Meinungen und Wege. Trotz allen Wachstums gibt es aber bei mir noch viel Luft nach oben. In den letzten Jahren habe ich entdeckt, dass die eigenen nachlassenden Kräfte etwas sehr Gutes bewirken können: ich erwarte viel mehr von Gottes Kraft und bete viel mehr schon für die kleinen alltäglichen Aufgaben. Das führt mich zu mehr Nähe und Abhängigkeit von Gott.

Wie gelingt es uns am besten, ein einladendes, überzeugendes und alternatives Leben zum Lebensstil der Welt, in der wir leben, zu führen? Nicht durch Moralappelle, wie es der erste Eindruck hier erweckt. Beim genauen Hinsehen entdecke ich, dass es Paulus um ein Leben vor den Augen Gottes geht.

Lebt so, wie es Gott Ehre macht!“ So hat es uns Jesus auf Schritt und Tritt vorgelebt. Immer zuerst die Augen auf den Vater gerichtet: „Vater, was willst du? Was gefällt dir und was ehrt dich?“ Dieser Aufblick und diese Fragen sollen auch unsere erste Aktion sein. Gott hat uns seinen guten Willen vielfach in seinem Wort gezeigt. Deshalb sagt Paulus seinem jungen Mitarbeiter Titus, dass er sich in allem, was er lehrt und lebt, an Gottes heilsamer Lehre orientiert. Diese gesunde Lehre sorgt für ein gesundes Leben, wenn ich sie lese, glaube und lebe. Das gehört zu den schönsten Erfahrungen in meinem Leben, dass Gottes Wort mich gesund gemacht hat an Geist, Seele und Leib.

Paulus spitzt diese heilsame Lehre auf alle Personengruppen und auf den verrufenen Lebensstil der Gesellschaft in Kreta zu. Die Kreter hatten im römischen Reich einen schlechten Ruf. Einer ihrer eigenen Lehrer sagte: „Die Kreter sind immer Lügner, böse Tiere und faule Bäuche.“ Titus 1,12 (LUT). Als „Kinder unserer Zeit und Gesellschaft“ sind wir Christen immer gefährdet, uns anstecken zu lassen. Paulus legt nun seinen Finger in die wunden Punkte im Lebensstil der Christen in den Gemeinden von Kreta. Bei uns würde er andere Punkte ansprechen, an denen wir uns an unsere Gesellschaft angepasst haben.

Das richtige Maß

Schauen Sie mit mir auf einige zentrale geistliche Haltungen, auf die wir heute achten sollen. Mehrfach spricht Paulus von einem „maßvollen, besonnenen Lebensstil“. In allem das richtige Maß zu finden, ist auch heute eine zentrale geistliche Aufgabe. Denn wir leben in einer Gesellschaft, die die Extreme liebt und lebt: ob es um die Leistung, Ernährung, Freizeit, den Sport, das Internet, Handy, Fernsehen oder andere Hobbies geht – viele neigen heute zu Extrem- und Suchtverhalten. In allen Bereichen sind wir herausgefordert, das richtige Maß zu finden.

Nur wenn wir auf das richtige Maß achten,

… landen wir nicht in ungesunden Abhängigkeiten, krankmachendem Verhalten und einer unheilvollen Selbstumdrehung.

…. geraten wir nicht in den Bereich einer zerstörerischen Polarisierung, die viele Bereiche unserer Gesellschaft heute prägt.

…. schaden wir uns und anderen nicht durch einen unordentlichen Lebensstil.

Schon im 4. Jahrhundert nannte der „große Lehrer Europas“, Benedikt von Nursia, das „richtige Maß finden“ als wichtigste Tugend eines Christen.

Warum? Weil der Teufel, der „große Durcheinanderwerfer“, alles Gute, was er nicht verhindern kann, durch Übertreibung in Schaden verwandelt.

Das Wesentliche im Leben 

Wenn wir mit den Dingen dieser Welt nicht maßvoll umgehen, bleibt uns keine Zeit mehr für das Wesentliche im Leben. Das sind die liebevollen Beziehungen untereinander. Um sie geht es Paulus hier zwischen Männern und Frauen, Jungen und Alten und an unserem Arbeitsplatz. Unsere alltäglichen Begegnungen in Familie, Nachbarschaft, Freundschaft und Beruf sollen liebevoll und gütig, geduldig, besonnen und beherrscht ablaufen. Denn „Gott ist ein Gott des Friedens und nicht der Unordnung“ schreibt Paulus an anderer Stelle.

Unfrieden, Unordnung, Ungerechtigkeit, Maßlosigkeit und Chaos sind immer ein Handwerk des Teufels. Er will Jesus und uns in Verruf bringen.

Ganz wichtig ist Paulus deshalb, dass Titus mit gutem Beispiel im Leben und Lehren vorangeht. Das gilt auch für mich, denn mein Leben redet immer lauter als meine Worte.

Und wenn ich mal wieder versagt habe? Dann will Gott, dass ich ehrlich, wahrhaftig und demütig meine Schuld vor ihm und den Menschen zugebe und um Vergebung bitte. Das überzeugt mehr als der Versuch, ein perfektes Leben vorzutäuschen.

Wo ist mein Lebensstil zu angepasst an unsere Gesellschaft und zu maßlos geworden?

Wie viel Zeit habe ich für Beziehungen?

Ich wünsche uns allen, dass wir in unserer angstbesetzten Zeit viel Hoffnung, in unserer polarisierenden Gesellschaft Frieden und Versöhnung und in unserer oft kalten Welt viel Barmherzigkeit und Güte ausstrahlen.

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