Heiligsprechung

Das Selbstverständnis des Volkes Israel ist untrennbar verknüpft mit einer Auswahl. Gott, der Schöpfer des Himmels und der Erde, hat zwar allen Menschen auf diesem Planeten zumindest eine Ahnung von sich eingepflanzt. Aber er hat sich ausgerechnet das Volk Israel ausgewählt für eine Art Langzeitexperiment, das bis heute nicht abgeschlossen ist. Ein auserwähltes Volk, berufen zu einer bewussten und rechtschaffenen Lebensweise nach den Maßstäben, die Gott für gelingendes Leben gesetzt hat.

Beurkundet ist das alles im mosaischen Gesetz. Im 3. Buch Mose Kapitel 19, da erklärt Gott seinen Anspruch auf die Auserwählten. Mit einem wuchtigen Satz: „Ihr sollt heilig sein, denn ich bin heilig, der HERR, euer Gott.“

Das ist eine Heiligsprechung der etwas anderen Art. Sie kehrt die unter uns Menschen übliche Verfahrensweise auf den Kopf. Gott sagt nicht „Mal schauen, wie weit ihr kommt in eurem Bemühen, meinen Anforderungen gerecht zu werden. Wenn alles gut geht, gibt’s am Ende die Prüfplakette – Test bestanden.“ Sondern Gott bescheinigt seinem auserwählten Volk: Ihr sollt heiligmäßig leben – und ihr könnt das auch. Ihr könnt das schaffen, denn ich bin ja heilig.

Eineinhalbtausend Jahre später wird der Apostel Paulus die erste christliche Gemeinde in Korinth ansprechen als „die Geheiligten in Jesus Christus, die berufenen Heiligen.“ Das ist die logische Fortsetzung. Gott hat den Kreis gewissermaßen erweitert. Beruft mittlerweile auch Menschen aus anderen Nationen in den Heiligenstand und macht sie fit für diese Berufung. Klingt unglaublich, ist aber so.