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Das Prinzip Hoffnung

Jutta Schierholz über Römer 5,3-5.

Wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung, Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.

Römer 5,3-5

Das neue Jahr beginnt ganz schön inhaltsschwer. Im Römerbrief, Kapitel 5, Verse 3 bis 5 steht: „Wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt, Geduld aber Bewährung, Bewährung aber Hoffnung. Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden; denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsre Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“

Noch ist das neue Jahr ja frisch und unbeschwert und ein bisschen sträubt es sich in mir, jetzt gleich schon über Bedrängnisse zu sprechen. Muss ich wirklich den Teufel an die Wand malen? Muss ich denn immer gleich vom Schlimmsten ausgehen? Aber vielleicht ist es einfach realistisch. Ein ganzes Jahr ohne alle Bedrängnisse? Das wäre zu schön, um wahr zu sein. Besser ist es doch, ich schaue den Dingen, wie sie sind, ins Auge. Und es ist ja gerade ein wunderbar zuversichtlicher Vers, wie Paulus die schlimmen Umstände, unter denen damals zu biblischen Zeiten viele Christen lebten, umdeutet zu einem Anstoß, zu einer positiven Entwicklung, an deren Ende die Hoffnung steht. Es ist kein einfacher Prozess, den Paulus hier beschreibt, und auch kein kurzer. Bedrängnis bringt erst mal noch keine Hoffnung, sondern Geduld. Geduld bringt Bewährung. Geduld und Bewährung sind beides Dinge, die mit einer langen Zeitspanne verbunden sind. Erst dann entspringt daraus die Hoffnung, der Blick nach vorne auf das Licht am Ende des Tunnels. Das ist tatsächlich ein langer und schwieriger Prozess, daran komme ich nicht vorbei, wenn ich über diesen Vers spreche.

Gerade daran wird aber sichtbar, dass die christliche Hoffnung etwas viel Tieferes, Solideres ist als irgendeine optimistische Stimmung, die einfach über das Negative hinwegsieht. Sprüche wie „Denke positiv! Das wird schon! Kopf hoch!“ sind zwar populär, sie helfen mir aber nicht wirklich, wenn die Bedrängnisse mich dann tatsächlich bedrängen und mir die Luft abdrücken, wenn ich in mir selbst gar nichts mehr finde, woraus ich eine positive Stimmung ziehen könnte.

An diesem Punkt wird der zweite Teil des Verses wichtig: „Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben ist.“ Dieser zweite Teil lässt sich auch als der erste Teil lesen, also: Die Liebe Gottes ist nicht die Folge der Hoffnung, sondern deren Grundlage, von der alles ausgeht. Und da wird dieser Vers dann erst recht zu einer sehr frohen Botschaft: Gottes Liebe ist da, sie ist vorhanden, sie trägt mich. Und die Hoffnung, die ich im Lauf der Zeit durch alles Schwere und Düstere hindurch gewinne, hilft mir, diese Liebe besser zu erkennen, von der alles ausgeht.

So ist also jedes neue Jahr gerade mit allen seinen Bedrängnissen und Schwierigkeiten auch eine neue Gelegenheit, Gott und seine Liebe besser kennenzulernen und zu erfassen. Das ist doch eine schöne Jahresperspektive: Gott am Ende des Jahres besser zu kennen als am Anfang. Mich erinnern diese Gedanken an die Worte von Dietrich Bonhoeffer, die er während des Krieges in seiner Gefängniszelle geschrieben hat: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch aus dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott uns in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen.“

Dass die Hoffnung jeden Tag ein bisschen mehr wird und dass ich am Ende des Jahres sagen kann, dass es ein gutes Jahr war, weil Gott mich mit seiner Liebe hindurchgetragen hat – das ist mein Wunsch am Anfang dieses neuen Jahres.

 

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