09.10.2025 / Bibel heute
Von der Vergebung, der Kraft des Glaubens und der Pflicht des Knechts
Er sprach aber zu seinen Jüngern: Es ist unmöglich, dass keine Verführungen kommen; aber weh dem, durch den sie kommen! Es wäre besser für ihn, dass man einen Mühlstein um seinen Hals hängte und würfe ihn ins Meer, als dass er einen dieser Kleinen zum Bösen verführt. Hütet euch! Wenn dein Bruder sündigt, so weise ihn zurecht; und wenn er umkehrt, vergib ihm.[...]
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Ein Warnschild stand da vor der Kurve. Und hätte ich nicht so schlimme Zahnschmerzen gehabt, wäre ich an diesem Samstag gar nicht ins Auto gestiegen. Denn der heftige Wind peitschte Eisregen herunter, so dass die Straßen spiegelglatt wurden. Aber meine Zahnschmerzen waren so heftig, dass ich mich trotzdem auf den Weg zu der Zahnarztpraxis machte, die Wochenenddienst hatte. Ich fuhr der Glätte wegen sehr, sehr langsam – aber in dieser Linkskurve rutschte der Wagen einfach geradeaus weiter! Und kam dann im Graben zu liegen. Hätte ich doch das Warnschild beachtet!
In unserem Bibelabschnitt heute sind uns zwei Warnschilder genannt, die vor und nach der Strecke mit dem Hinweiszeichen stehen.
Das erste Warnschild will uns auf kommende Verführungen hinweisen, das zweite an unsere Pflichten erinnern.
Der kurze Bericht dazwischen ist ein Hinweis darauf, was die Jünger für ihren Glauben erbitten.
Wachsamkeit ist gefragt
Nun zum 1. Warnschild: Es mahnt uns wachsam zu sein, da es so viele interessante Verlockungen gibt. Verlockungen, die nach uns greifen, Verlockungen, die dem Glauben an Gott die Kraft und das Faszinierende rauben können. Die ihn einfach verdrängen können.
Für einen ist es das leidige Geld, das uns doch so viel Schönes ermöglicht. Aber Geld kann auch einen starken Einfluss auf die Entscheidungen im Alltag haben.
Verlockend kann auch der Einfluss sein, den Anerkennung und Macht ermöglichen. Ja, wenigstens einmal die Stelle des Chefs einnehmen können … Für andere wieder kann die sexuelle Anziehungskraft schöner Frauen oder Männer zum Fallstrick werden. Da wachsam zu sein – und den Verlockungen widerstehen, darauf weist uns die Bibel heute hin.
Dienende Haltung
Das andere Warnschild betrifft unsere Haltung zum Dienen, zum Dienst überhaupt, und damit aber auch die Frage nach dem Akzeptieren des Hausherren – und die Bereitschaft seine Aufträge zu erfüllen. Diese beiden Ermahnungen rahmen die Antwort Jesu ein – die Antwort auf die Bitte der Jünger, ihren Glauben zu stärken. Was die Jünger von Jesus erbeten haben, war und konnte ja nur ganz im Sinne ihres Meisters Jesus sein! Und ich finde, das ist etwas Gutes.
Ihre Bitte: „Stärke uns den Glauben!“ kann und darf auch unsere Bitte sein. Auch wer heute Nachfolger Jesu sein will, tut gut daran, so zu beten: „Stärke uns den Glauben!“ Die Antwort Jesu aber fällt ganz anders aus als erwartet. Vielleicht überrascht sie uns sogar?
Wenn ich überlege, was ich für meinen Glauben für wichtig und erstrebenswert halte, denke ich als erstes: auf Gottes Wort hören, also es lesen und beachten. Die Gebote Gottes beachten, beten und Gemeinschaft in der christlichen Gemeinde suchen! Auch im Gottesdienst und beim Abendmahl Glaubensstärkung suchen.
Was ist wichtig für meinen Glauben?
Jesus aber antwortet: „Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer! und er würde gehorchen.“
Jesus weicht der Bitte seiner Jünger mit dieser merkwürdigen Antwort keineswegs aus. Er möchte ihnen und uns ja gern den Glauben stärken und er tut es auch durch dieses Wort.
Aber er antwortet eben ganz anders, als wir denken. Sehen wir uns die Antwort Jesu genauer an! Das Senfkorn gilt als kleinstes Samenkorn aller Staudengewächse in Israel. Es ist wesentlich kleiner als die Senfkörner bei uns. Nur ein Bruchteil der Größe. Ich hatte schon einmal ein derartiges auf der Hand und war erstaunt, dass es nicht einmal die Größe eines Brotkrümels hatte.
„Glaube so groß wie ein Senfkorn“ bedeutet also „winzig kleiner Glaube“, oder auch „aller geringster Glaube“. Die Sache mit dem Maulbeerbaum ist der Inbegriff des Unmöglichen. Maulbeerbäume waren besonders fest und besonders tief im Erdreich verwurzelt. Es ist absolut unvorstellbar, dass so ein Baum sich selbst entwurzelt, wie von Geisterhand zum Meer fliegt und dort im Salzwasser Wurzeln schlägt und weiterwächst.
Was will Jesus damit sagen?
Ich denke: Wenn ihr auch nur den allergeringsten Glauben hättet, dann könntet ihr Unmögliches vollbringen. Oder, wie er ein andermal gesagt hat:
„Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt.“ (Markus 9,23) Diese Antwort Jesu kann erschrecken, denn sie stellt den Glauben der Jünger in Frage, und damit auch unseren Glauben heute.
Oder trauen wir uns zu, mit unserem Glauben und durch unseren Glauben Unmögliches zu vollbringen? Wenn nicht, dann müssen wir uns wohl fragen, ob wir denn überhaupt etwas Glauben haben. Denn schon der allerkleinste Glaube kann Unmögliches vollbringen,
Wie viel Glauben hatten die Jünger überhaupt?
Das kann man aus Jesu Antwort heraushören: Euren Glauben soll ich stärken? Wie viel Glauben habt ihr denn überhaupt? Wenn ihr auch nur ein kleines bisschen hättet, dann könntet ihr Unmögliches tun!
Ja, das ist nicht nur äußerst überraschend – sondern für uns wahrscheinlich auch unverständlich. Zerstört Jesus den Jüngern mit diesem Wort ihr ganzes Glaubens-Selbstbewusstsein? Lässt er sie hier – und uns heute manchmal auch – an unserem Glauben verzweifeln?
Aber denken wir an dieser Stelle einmal weiter und denken darüber nach, was es denn eigentlich für eine Glaubens-Sicherheit ist, die Jesus hier in Frage stellt.
Könnte es nicht sein, dass die Jünger sehr stolz auf ihre Jesus-Nachfolge waren? Auf das, was sie Mutiges und Besonderes getan hatten? Sie hatten doch für Jesus ihre Arbeit und ihre Familien verlassen. Sie anerkannten Jesus als ihren Meister. Und in der Folge erlebten sie nun ständig Großes mit ihm. Viele Wunder geschahen – und Traurigen und Verzweifelten gab Jesus neue Hoffnung!
Und dazu hatte er ihnen versprochen, dass sie in Gemeinschaft mit ihm Anteil am Gottesreich haben. Aber jetzt wollten sie darüber hinaus, dass ihr Glaube stärker wird. Sie wollten nun richtige Glaubenshelden werden – Menschen, die so fest im Glauben stehen, dass ihnen das niemand rauben kann. Auch hofften sie, durch ihren Glauben große Taten vollbringen zu können – Wunder, wie Jesus sie tat. Das hatte er doch versprochen! Und als Beispiel eben vom sich entwurzelnden Feigenbaum gesprochen.
Unter heutigen Jesus-Jüngern ist das Glaubens-Selbst-Bewusstsein sicher nicht so stark ausgeprägt. Oder?
Eigentlich halten doch auch wir recht viel von unserem Glauben. Immerhin haben wir ja einiges gelernt, manche kennen vielleicht sogar das Glaubensbekenntnis. Zwar halten wir uns wohl nicht für sündlos, aber meinen doch, dass wir relativ anständige Menschen sind, Menschen, die sich redlich um Nächstenliebe und gute Werke bemühen.
Wir wären bestimmt brüskiert, wenn jemand zu uns sagen würde: Du hast ja eigentlich gar keinen Glauben! Kurz gesagt: Auch Christen haben ein gewisses Glaubens-Selbst-Bewusstsein. Vielleicht sehen wir manchmal auf andere herab, die nicht – oder „nur“ schwach glauben – nach unseren Glaubenserkenntnissen jedenfalls. Wie oft höre ich manche Christen sagen: Ich habe meinen Glauben! Und es klingt so, als ob sie damit sagen wollten: Zweifelst du etwa daran? Halte mich nur ja nicht für ungläubig! Auch wenn ich selten in die Kirche gehe.
Fehlendes Gott-Vertrauen
Heute hören wir nun, dass Jesus das in Frage stellt. Und er tut es nicht nur einmal, sondern immer wieder. Er entlarvt immer wieder das fehlende Vertrauen seiner Nachfolger. Als sie beim Sturm auf dem See Genezaret zum Beispiel Angst bekamen, da stillte er den Sturm und fragte dann: „Habt ihr noch keinen Glauben?“ (Markus 4,40).
Als sie einen epileptischen Jungen in Jesu Abwesenheit heilen wollten und es ihnen nicht gelang, da sagte er ihnen hinterher: „Das liegt an eurem Glaubens-Mangel!“
Auch in anderem Zusammenhang vergleicht Jesus den Glauben mit einem Senfkorn und meint: „Wenn ihr wenigstens so einen Senfkorn-kleinen Glauben hättet, dann würde sich auf euer Wort hin ein Berg ins Meer stürzen können“ (Matthäus 17,20).
Auch als die Jünger nach Jesu Auferstehung völlig verstört auf das leere Grab reagieren, tadelt er sie wegen ihres Unglaubens.
Hätte Jesus nicht auch bei uns allen Grund, unseren Unglauben zu schelten? Wovor haben denn wir Angst? Vor wirtschaftlicher Not, vor Begegnungen mit bestimmten Menschen, vor Krankheiten, vor Unfällen, vor Katastrophen, vor dem Tod?
Wo ist denn da unser Glaube? Und wenn wir Gott um etwas bitten – für uns und andere – denken wir dann nicht oft im Stillen: Es wird sich ja doch nichts ändern?
Wo ist da unser Glaube? Oder wenn wir traurig, niedergeschlagen und verzweifelt sind, tun wir dann nicht so, als wäre Jesus in seinem Grab vermodert und lebte nicht heute als siegreicher Herr und Heiland? Wo ist da unser Glaube? Ja, Jesus lässt seine Jünger an ihrem Glauben zweifeln, vielleicht sogar verzweifeln. Warum tut er das? – Weil er den Glauben stärken will!
Den Glauben, der Kraft, Hilfe und Trost allein bei Gott sucht. Den Glauben, der die eigene Ohnmacht und Hilflosigkeit erkennt, und zu Gott um Hilfe schreit. Der Glaube, der mit leeren Händen vor Gott steht. - Wollen Sie heute um diesen Glauben bitten?
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