28.10.2024 / Text-Beiträge

Durchschaut

Wenn Gott den Finger in die Wunde legt.

Vor drei Wochen war ich für zwei Tage in Greifswald. Dort fand eine Konfirmanden- und Jugendfreizeit statt. Als Jugendliche bin ich selbst zwei Mal mitgefahren und ich fand es schön, nach zehn Jahren wieder dabei zu sein. Wie so oft auf Freizeiten fanden auch dort nachmittags Workshops statt und ich konnte selbst einen zum Thema „Gottes Stimme hören“ anbieten.

Am zweiten Morgen ging ich zum Frühstück und saß mit zwei Männern am Tisch, die ich kaum kannte. Wir wussten ungefähr voneinander, wer man ist und was man macht. Das Gespräch lief erstmal eine Weile vor sich hin, bis es plötzlich in die Tiefe ging.

Darf ich denn so fühlen?

Die beiden meinten, bei mir eine Schwere des Alleinseins und der Enttäuschung wahrzunehmen. Das traf mich und plötzlich war es vorbei mit dem leichten Smalltalk.

Ich merkte, wie es in mir zu rumoren begann, und erzählte kurz, dass ich dieses Gefühl oft habe.

Solche Gefühle hatte ich schon lange vor der Freizeit, dachte aber, dass das nicht in Ordnung sei, denn eigentlich geht es mir doch gut. Ich habe doch gar keinen Grund, enttäuscht zu sein oder mich allein zu fühlen. Deshalb habe ich es immer wieder verdrängt, aber trotzdem hat es meinen Alltag und meine Gedanken beeinflusst. Im Unterbewusstsein war das Gefühl da und eigentlich wusste ich es auch.

Gott hielt seinen Finger in die Wunde

An diesem Morgen beim Gespräch am Frühstückstisch wurde genau das angesprochen. Die Situation war etwas absurd, denn die beiden Männer kannten mich nicht wirklich. Deswegen bin ich davon überzeugt, dass Gott gewirkt hat. Er legte seinen Finger in diese Wunde, um mich darauf aufmerksam zu machen, dass etwas in Schieflage ist. Etwas, das er ändern möchte. Er sah mich, wusste davon und wollte nicht länger zusehen.

In diesem Moment kamen all der Schmerz und die Emotionen hoch, die ich bis dahin versucht hatte, zu unterdrücken. Es waren schmerzhafte Minuten, aber zugleich auch heilsame.

Dankbar

Danach hatte ich noch ein intensives Gespräch mit einem meiner Gesprächspartner, eine kleine Seelsorge. Das war aufwühlend und gut zugleich. Es hat mir gezeigt, dass es noch eine Situation aus meiner Jugend gibt, die ich aufarbeiten möchte. Diese Situation hat mich dahingehend geprägt, dass ich die Erwartung habe, dass Gott und die Menschen mich früher oder später enttäuschen oder im Stich lassen. Das hat bis heute Einfluss auf mein ganzes Leben. Aber ich möchte in Zukunft mehr in der Hoffnung wachsen, die ich haben und annehmen darf, denn in den letzten Tagen durfte ich schon erleben, welche Leichtigkeit und Freude Jesus in mein Leben bringt. Und das wünsche ich mir mehr für mein Leben!

Ich war noch einige Tage aufgewühlt, berührt und emotional. Jetzt im Nachhinein bin ich dankbar für dieses absurde und total von Gott geführte Gespräch.

Dieser Text von Juliane Dupont wurde zuvor auf www.keineinsamerbaum.org veröffentlicht.