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© Ruthson Zimmerman / unsplash.com

18.01.2011 / Gottesbilder / Lesezeit: ~ 4 min

Autor/-in: Joachim Bär

Gott, mein Geschäftspartner

Wie du mir, so ich dir: Was unter Menschen oft funktioniert, wird in der Beziehung zu Gott zur Stolperfalle. Schluss mit den Geschäften mit Gott!

Wie du mir, so ich dir. Eine Hand wäscht die andere. Quid pro quo. Der Volksmund hat für ein grundlegendes Rechtsprinzip eine Reihe von Umschreibungen gefunden, die alle dasselbe Phänomen beschreiben: Ich gebe etwas und erhalte eine angemessene Gegenleistung dafür. Oder ich nehme mir etwas und gebe etwas Entsprechendes.

Dieses Prinzip versteckt sich hinter vielen Details unseres Alltags. Ich zahle bei Edeka 65 Cent und darf dafür meine Lieblingsschokolade mitnehmen. Wir sind quitt. Ich habe bei einer Freundin etwas ausgeliehen und sage mit einem kleinen Geschenk danke. Wir sind quitt. Die Idee funktioniert auch mit negativem Vorzeichen: Stehle ich, werde ich möglicherweise bestraft, wenn ich Steuern hinterziehe ebenso. Verursache ich einen Unfall, werde ich zur Verantwortung gezogen. Es herrscht wieder Gerechtigkeit.

Insgeheime Erwartungen

Das Phänomen lässt sich sogar auf den Verzicht anwenden: Ich stelle in einer bestimmten Situation meine Wünsche hinten an und tue etwas für jemand anderen. Im Gegenzug rechne ich damit, dass er dieses Verhalten bei einer anderen Gelegenheit erwidert, der andere also etwas für mich tut, er sich bei mir revanchiert. Unterm Strich profitieren beide Parteien von dem kleinen Geschäft.

Das Prinzip erweist sich als wirklich praktische Einrichtung, die den Alltag sehr erleichtert. Es regelt ganz selbstverständlich die Bereiche, wo Menschen miteinander zu tun haben und miteinander auskommen wollen, manchmal auch müssen. Es zeigt mir Tag für Tag, wie ich mit meinen Mitmenschen umgehen kann, ohne es mir mit ihnen zu verscherzen.

Für eine Leistung gibt es eine Gegenleistung, für Schaden eine Entschädigung, es herrscht Gerechtigkeit und im Großteil der Fälle fühlen sich die Beteiligten gerecht behandelt.

Das Problem fängt an, wenn ich dieses grundlegende Rechtsprinzip auf Gott anwende. Das kann folgendermaßen aussehen: Ich setze mich in einem bestimmten Bereich stark für Gott ein, opfere also meine ganze Freizeit für ihn oder stelle sogar mein ganzes Berufsleben in seinen Dienst – und erwarte insgeheim die eine oder andere Gegenleistung von ihm. Ich hoffe zum Beispiel, Gott wird mich finanziell schon nicht hängen lassen oder meine Gesundheit bewahren.

Ein furchtbar praktischer Deal

Noch deutlicher wird es beim Verzicht. Denn der ist in manchen Bereichen des christlichen Glaubens tief verankert. Wer Christ ist, verzichtet darauf, zu lügen – auch wenn es von Nachteil ist. Wer Christ ist, verzichtet auf persönliche Rache, weil Gott für Gerechtigkeit sorgen wird. Und manchmal verzichten Christen schlicht auf den Genuss von Alkohol oder Essen.

Dieser Verzicht kann für mich als Christ leicht zu einem Geschäft mit Gott werden: Ich stelle mich hier und da zurück und handle so, wie Gott es will und nicht wie ich will. Ich verzichte Gott zuliebe auf den eigenen Vorteil. Im Gegenzug erwarte ich von ihm, dass ich in einer anderen Situation auf seine Hilfe zählen kann. Ich gebe Gott etwas, er gibt mir etwas zurück. Verzichte ich auf etwas, wird Gott mich später belohnen. Bin ich schön artig und tue das, was Gott möchte, segnet er mich. Und bin ich böse, hält Gott seinen Segen natürlich zurück. Schlimmer noch: Er bestraft mich sogar.

Sicher, dieser Deal mit Gott ist furchtbar praktisch. Diesen Gott könnten wir verstehen, einordnen und mit dem Verstand fassen. Dieser Gott wirkt vernünftig und fair, wir halten unseren Teil ein, er seinen und alles wird gut. Es gibt sogar Passagen in der Bibel, die diese Position stützen, weil sie einen direkten Zusammenhang zwischen meinem Tun und Gottes Antwort darauf nahe legen (z. B. 3. Mose 26, 3-7; Sprüche 10, 3; Sprüche 11, 31).

Vorsicht vor zu einfachen Zusammenhängen

Trotzdem sieht die Realität anders aus. Schon Jesus spricht sich mehrfach dagegen aus, es gäbe einen direkten Zusammenhang zwischen dem, was ich tue und dem, was mir widerfährt (Lukas 13,5; Johannes 9,1-2). Gott lässt es für Gerechte und Ungerechte regnen (Matthäus 5, 45) und gerade die Leidensgeschichte Jesu straft jedes Bild Lügen, das einfache Zusammenhänge malt.

Wenn es den direkten Zusammenhang von Tun und Ergehen gibt, wer wenn nicht Jesus hätte von der Kreuzigung verschont werden müssen?

So bleibt es nicht aus, dass Christen scheitern, bankrott gehen, krank werden und sterben, selbst wenn sie vorbildlich leben. Wenn ich gut handle, wird mein Leben nicht immer glatt laufen. Gott lässt mich auch durchs dunkle Tal gehen, wenn ich alles richtig gemacht habe. Dasselbe gilt zum Glück auch umgekehrt: Wenn ich sündige, wird Gott mich nicht immer postwendend verwerfen, mich bestrafen und mir jeglichen Segen entziehen. Ein Glück, dass Gott hier nur allzu oft Gnade vor Recht ergehen lässt. Gäbe es nicht genug Anlass für Gott, mir meine Vergehen, Laster und Versäumnisse aufzuwiegen?

Sauer auf Gott

Schluss mit diesen Geschäften! Schluss mit der Vorstellung, Gott ziehe sich und seinen Segen sofort aus meinen Leben zurück, wenn ich scheitere. Schluss mit der Vorstellung, Gott bewahrte mich vor allem Leid, wenn ich brav genug bin und mich für ihn einsetze. Denn eine Beziehung zu Gott, die auf diesem Tauschgeschäft beruht, wird sehr leicht ins Straucheln kommen, wenn das Leben durcheinander gerät. Nur allzu schnell stehe ich dann da wie ein beleidigtes Kind im Regen und bin sauer auf Gott, weil er sich nicht an die Abmachung hält.

Gott will eine Freundschaft mit mir. Keine Geschäftsbeziehung, die auf Abmachungen und Tauschgeschäften basiert. Er ist viel mehr an mir selbst interessiert als an dem, was ich für ihn tue.

Er profitiert nicht davon, wenn ich nach seinem Willen handle. Wenn er sich mir zuwendet, dann nicht, weil er mir etwas schuldet, sondern weil seine Gnade immer größer ist als meine guten und bösen Taten. Sein Segen kommt aus freien Stücken und im Überfluss. Kleine Geschäfte unter der Hand hat er nicht nötig.

Wenn ich etwas für Gott tue, dann aus Liebe. Und wirklicher Glaube fängt da an, wo ich durchs finstere Tal gehe und weiß und erfahre: Gott ist da. Ohne dass ich ihn mit Geschäften in mein Leben locken müsste.

 Joachim Bär

Joachim Bär

  |  Unit Leader erf.de / Antenne

Koordiniert die übergreifenden Themen der redaktionellen Angebote des ERF. Er ist Theologe und Redakteur, ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Ihr Kommentar

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Kommentare (7)

Thomas A. /

@ Liebe Esther du hast mit deiner Prognose, dass solche Gemeinschaften die Leute vom ihrem Heil sogar abhalten, völlig recht. Das ist ja das große Problem. In solchen Gemeinschaften wird der Glaube mehr

Löhr /

Gott ein Geschäftspartner, Gott ein Kumpel, Gott eine Spaßbremse?
Gott mit mir, bedeutet langfristig eine Beziehung, eine Partnerschaft zu haben.
und es ist eine persönliche Partnerschaft.
Wie in mehr

Birgit /

Natürlich ist es schön, wenn ich Gottes Segen erfahren. Ich glaube, dass ich oft im Hinterkopf habe: "Das habe ich auch verdient." Das merke ich nämlich genau dann, wenn das was ich mir (von Gott) mehr

esther /

Lieber Thomas, mich schüttelts wenn ich sowas lese- dass es immer wieder und immer noch Christen gibt, die für sich den alleinigen Anspruch haben die alleinig richtige,perfekte Art des Glaubens zu mehr

Thomas A. /

Solange die Christen bewusst einen Deal mit Gott machen wird man schnell darauf kommen wie schwachsinnig das ist. Mit Gott, dem Schöpfer des Universum, einen Deal machen zu wollen. Das schreit ja mehr

Margott Domke /

Ist genau für mich geschrieben! Danke!

Gerhard Schäfer /

Super! Sehr eindrücklich! Mir fiel dazu meine Schwiegermutter ein. Sie hatte zwei Schwestern, die sich zum Geburtstag jeweils 10 DM schenken. Beim Gratulieren wurden die Geldscheine übergeben und mehr

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